Job-Misere und Job-Wunder

Lange Zeit wuchs die Schweiz ähnlich schnell wie Europa. Seit der Finanzkrise jedoch hat sich ein Graben aufgetan: Unser Land boomt, während ein Grossteil des Kontinents in der Krise steckt. Woran leidet Europa?

Es ist in der Tat beeindruckend (und auch erschreckend), wie rasch der wirtschaftliche Abstand zwischen der Schweiz und Europa zugenommen hat. Diese Kluft zeigt sich an diversen Faktoren: den Investitionen, der Industrieproduktion oder den Staatsschulden. Besonders krass ist die Diskrepanz beim Arbeitsmarkt. Das riesige Heer von 19 Millionen Arbeitslosen in der Euro-Zone verdeutlicht den nach wie vor schlechten Zustand der Währungsunion.

Eine gesunde Wirtschaft schafft Arbeitsplätze.

Stellen-Boom in der Schweiz
Seit 2007 ist die Zahl der Erwerbstätigen in der Schweiz um 11 Prozent gestiegen. Dagegen leidet die Euro-Zone an der weiterhin sehr schwachen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt.
Seit 2007 ist die Zahl der Erwerbstätigen in der Schweiz um 11 Prozent gestiegen. Dagegen leidet die Euro-Zone an der weiterhin sehr schwachen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. (Daten: Trading Economics)

Mustergültig lässt sich das in der Schweiz beobachten: Seit Anfang 2007 sind bei uns nicht weniger als eine halbe Million neue Jobs entstanden. Das entspricht 11 Prozent zusätzlichen Stellen innerhalb von nur sieben Jahren (siehe Grafik). Demgegenüber hat die Finanzkrise in Europa Millionen von Arbeitsplätzen vernichtet. In der Grafik sehen Sie die Kurve für die Euro-Zone, wobei Deutschland mit seiner positiven Entwicklung das Gesamtbild etwas aufhellt. Frankreich und Südeuropa allerdings erlebten einen massiven Einbruch. So schrumpfte in Spanien die Zahl der Stellen um über 16 Prozent.

Der starke Euro schadet den Ländern in Südeuropa

Das Auseinanderdriften zwischen Deutschland und Südeuropa erschwert eine rasche Gesundung der Euro-Zone: Während das solide Stellenwachstum in Deutschland den Euro stärkt, bräuchten die südeuropäischen Länder und Frankreich mit ihrer schrumpfenden Beschäftigung dringend eine Abwertung des Euros. Dies würde ihre Exportindustrie begünstigen und die Importe bremsen. Trotz Krise jedoch ist der Euro gestiegen, sowohl gegenüber dem Dollar auch als dem britischen Pfund hat er sich seit 2007 verteuert.

Der immense Vorteil einer eigenen Währung zeigt sich am Beispiel von Grossbritannien: Nach der Finanzkrise schwächte sich das Pfund markant ab, was die Konkurrenzfähigkeit der ebenfalls angeschlagenen britischen Wirtschaft umgehend verbesserte. Wie aus der Grafik ersichtlich, hat England die Krise klar besser gemeistert und schafft wieder neue Stellen. Die Arbeitslosenrate ist bereits unter 7 Prozent gesunken – gegenüber knapp 12 Prozent in der Euro-Zone.

Derlei Sorgen kennt Schweiz mit ihrem liberalen Arbeitsmarkt zum Glück nicht. Unsere Wirtschaft kreiert Jobs am Laufmeter. Zum Wohle aller: Wer einen Job hat, konsumiert mehr, zahlt Steuern, unterstützt die Sozialwerke – und schätzt nicht zuletzt seine eigene Lebensqualität viel höher ein.

Diese Artikel könnten Sie ebenfalls interessieren:

 

Ähnliche Beiträge

4 Kommentare über “Job-Misere und Job-Wunder”

  1. Ich sehe das Bild auch etwas differenzierter: In der CH wurden in letzter Zeit primär Jobs in der Verwaltung (Bund, Kantone, Gemeinden) kreiert, gemäss Statistik mindestens 500 pro Monat!
    Ob das längerfristig wirklich den erhofften Erfolg bringen wird, wage ich mehr als zu bezweifeln!

  2. Der Autor Albert Steck hat in seinem Artikel «Job-Misere und Job-Wunder» recht.
    Die EU-Führungsspitze mit ihrem Wahn zur Gleichmacherei hat völlig übersehen, dass es ökonomisch unsinnig ist, den südeuropäischen Staaten eine Wirtschaftsform samt Einheitswährung aufzuzwingen, die ihnen nicht entspricht und die sie gar nicht wollen.
    Eine Einheitswährung kann höchsten für Länder mit einer gleich starken Wirtschaft funktionieren.
    Die im Artikel dargestellten Resultate bestätigen diese Auffassung.

  3. Ich mag die Beschönigungen wie «der Schweizer Wirtschaft geht’s gut» nicht mehr lesen. Gerade KMU kämpfen vielerorts ums Überleben und müssen dafür auch mal schrumpfen: in den letzten 5 Jahren musste ich bereits 3x einen neuen Job suchen, weil aus wirtschaftlichen Gründen Personal abgebaut werden musste (versch. Branchen notabene).
    Gerade der von Ihnen gelobte «liberale Arbeitsmarkt» macht es für Schweizer auf dem Heimmarkt immer schwieriger einen Job zu finden. Dieser Druck machte sich dann auch in einem Ja zur Masseneinwanderungs-Initiative bemerkbar.
    Dass «Unsere Wirtschaft Jobs am Laufmeter kreiert», ist für mich als Schweizer nicht nachvollziehbar.

    1. Da muss ich Ihnen recht geben. Und wenn Sie dann – wie ich – Mitte Fünfzig sind, dann findet man überhaupt keine Stelle mehr. «Überqualifiziert» wird vorgeschoben, wo man sich nicht von «zu alt» zu sprechen traut. Lieber holt man aus dem EU-Raum günstige junge Leute und schafft Praktikums- anstatt Feststellen.

Kommentare sind geschlossen.