Sind Aktien die besseren Obligationen?

Die Zinsflaute zwingt die Anleger zum Umdenken. An einem konkreten Beispiel zeigen wir Ihnen, dass dividendenstarke Aktien eine gute Alternative zu den zinslosen Anleihen darstellen.

Der Zinsrückgang ist allumfassend. Nicht nur bei den Schweizer Staatsobligationen liegen die Renditen bei sämtlichen Laufzeiten im negativen Bereich. Auch bei den Unternehmensanleihen hat die Zinsflaute erschreckende Ausmasse angenommen.

Zurzeit beträgt das Volumen der in Franken emittierten Firmenanleihen 180 Milliarden Franken. Mehr als die Hälfte davon rentiert negativ. Zum Beispiel auch die Anleihe der Swisscom mit einer Laufzeit bis ins Jahr 2024. Natürlich bietet eine solche Anleihe eine hohe Sicherheit. Doch soll ich als Gegenwert für die nächsten acht Jahre auf sämtliche Renditen verzichten?

Wer das Kapital für diese Zeitperiode nicht benötigt, hat nämlich eine interessante Alternative: Swisscom-Aktien. Diese bieten aktuell eine Dividendenrendite von 4,7 Prozent. Wird diese Ausschüttung reinvestiert, so resultiert bis im Jahr 2024 eine kumulierte Rendite von 44 Prozent. (In dieser Rechnung sind die Anlagekosten und Steuern ausgeklammert. Wobei auch bei der Swisscom-Anleihe Steuern auf dem 1,75-prozentigen Coupon anfallen).

Somit dürfte der Kurs der Swisscom-Aktie bis 2024 von heute 470 Franken um maximal 44 Prozent auf 260 Franken fallen, und man wäre als Aktionär immer noch mindestens so gut gefahren wie mit der Swisscom-Obligation.

Ein solches Szenario ist höchst unwahrscheinlich.

Sogar während der letzten Finanzkrise hatte der Aktienkurs nie ein derart tiefes Niveau erreicht. Zudem hat Swisscom die reguläre Dividende seit 2000 noch nie gekürzt. Aller Voraussicht nach wird die Aktie von Swisscom folglich den deutlich besseren Ertrag erzielen als die achtjährige Anleihe.

Doch selbst wenn die Swisscom-Aktie enttäuschen sollte, wäre das keineswegs eine Tragödie. Denn als breit diversifizierter Aktionär halten Sie noch zahlreiche weitere dividendenstarke Blue Chips in Ihrem Depot. Damit Ihr Portfolio eine ausreichende Diversifikation aufweist, benötigen Sie mindestens 15 bis 30 Einzeltitel (respektive entsprechende Kollektivanlagen wie Fonds oder ETF). Somit besitzen Sie nebst denjenigen Aktien, welche die Erwartungen des Marktes nicht erreichen können, stets auch solche, die für positive Überraschungen sorgen.

Interessant ist überdies ein Blick in die Vergangenheit: Dieser zeigt nämlich, dass zwischen dem Zinsniveau der Anleihen und der Bewertung der Aktien durchaus eine Korrelation besteht, auch wenn diese manchmal nicht sehr eng verläuft.

Das bedeutet konkret: Ein tiefes Zinsniveau macht Aktien attraktiver.

Wenn Anleihen umgekehrt hohe Zinsen zahlen, dann verlieren Aktien an Anziehungskraft. Diesen Zusammenhang dokumentiert die unten stehende Grafik: In den frühen Achtzigerjahren, als Unternehmensobligationen noch einen Zins von über zehn Prozent (!) abwarfen, waren Aktien für Anleger wenig interessant. Dies äusserte sich in einem tiefen Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von unter 10 beim Aktienindex S&P 500. In der Grafik ist dies dargestellt durch die so genannte Gewinnrendite, also dem Kehrwert des KGV. Die Gewinnrendite ist das Verhältnis des Gewinns pro Aktie zum aktuellen Aktienkurs und kann damit als eine Art «Verzinsung» der Aktie interpretiert werden. Denn der erwirtschaftete Ertrag wird ebenfalls ins Verhältnis zum eingesetzten Kapital gesetzt.

Wie aus der Darstellung schön hervorgeht, sank parallel zum Zinsniveau der Anleihen auch die Gewinnrendite der Aktien, was einer Erhöhung des KGV entsprach.

Aktien sind im Vergleich zu Anleihen günstig bewertet

Im Gegensatz zum fixen Zinscoupon der Obligation können die Gewinne der Aktien jedoch stark schwanken. Ebenso könnte auch das tiefe Zinsniveau wieder ansteigen. Aufgrund dieser Unsicherheiten ist es absolut richtig, dass die Gewinnrendite nicht parallel zu den Zinsen auf neue Tiefststände gesunken ist. Diese von Vorsicht geprägte Haltung an den Aktienmärkten hat allerdings dazu geführt, dass seit einigen Jahren eine zunehmende Diskrepanz zwischen der Gewinnrendite und dem Zins der Firmenanleihen entstanden ist. Die Lücke würde sich theoretisch schliessen, wenn das KGV der US-Börse von einem aktuellen Wert bei 17 auf über 30 steigen oder wenn die Zinsen wieder ein Niveau wie vor 15 Jahren erreichen würden.

Diese Gegenüberstellung von Gewinnrendite und Zinsen verdeutlicht also, dass man beim Kauf von Aktien derzeit eine ansehnliche Risikoprämie erhält. Dies wird auch mit dem Beispiel Swisscom anschaulich illustriert.

Nichtsdestotrotz sollten Anleger bei ihren Aktieninvestitionen die Prinzipien eines langfristigen Zeithorizonts, einer breiten Diversifikation und eines gestaffelten Einstiegs beachten. Wer sich daran hält, trifft angesichts der akuten Zinsflaute mit dem Kauf von Dividendenpapieren eine gute Wahl.

Warum Aktien zurzeit eine attraktive Bewertung aufweisen, lesen Sie hier.

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2 Kommentare über “Sind Aktien die besseren Obligationen?”

  1. Grüezi

    Die NZZ berichtete diese Woche, dass je länger die Zentralbanken an der Tiefzinspolitik festhalten umso tiefer kommt der Fall in eine Krise. Der Redaktor wollte nicht konkret auf die Treiber für den tiefen Fall eingehen, weil man mit der Tiefzinspolitik noch wenig Erfahrung hätte.
    Welche Treiber sehen Sie nebst einer möglichen Immobilienblase?
    Freundliche Grüsse
    M.D.

    1. Guten Tag Herr Dahinden
      Profiteure der tiefen Zinsen sind allgemein die Schuldner. Dazu gehören die Immobilienbesitzer. Noch wichtiger aber sind die Staaten, welche insbesondere seit der Finanzkrise ihre Schuldenlast stark vergrössert haben (z.T. gezwungenermassen, um Bankinstitute zu retten). In vielen Ländern würde der Staatshaushalt bei einem abrupten Zinsanstieg massiv aus dem Gleichgewicht geraten (beispielsweise in Japan). Ausserdem würde ein solcher Schritt zu einer Aufwertung der eigenen Währung führen. Das bedeutet, dass die Notenbanken mit enormem politischen Widerstand rechnen müssten, wenn sie inskünftig die Zinsen wieder substanziell erhöhen möchten. Dies ist aus meiner Sicht der wichtigste Grund dafür, dass die aktuelle Tiefzinsphase noch sehr lange andauern wird. Freundliche Grüsse, Albert Steck

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