Sieben Buchtipps für die Festtage

Ökonomie ist anstrengend oder gar langweilig? Mit unseren Buchtipps wollen wir den Gegenbeweis antreten. Wir stellen Ihnen sieben Bücher zu aktuellen ökonomischen Themen vor – welche erst noch ein Lesevergnügen bereiten. Für sich selber oder zum Schenken.

Tipp 1: Warum Nationen scheitern – die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut

Daron Acemoglu & James A. Robinson

Warum Nationen ScheiternAllein die beiden Basler Pharmakonzerne Novartis und Roche kommen auf eine Börsenkapitalisierung von 500 Milliarden Franken. Das ist gleich viel wie alle börsenkotierten Unternehmen von Indien und Mexiko zusammen. Warum nur sind einige Nationen so reich und andere arm? Weshalb entsteht diese enorme Ungleichheit und wie könnten wir sie beheben? Der Ökonom Daron Acemoglu und der Politiologe James Robinson haben die Geschichte nach exemplarischen Ereignissen durchforstet, welche zu verbreitetem Wohlstand oder im Gegenteil zu grosser Armut geführt haben. Ihre Erkenntnis lautet: Entscheidend sind weder die Geographie noch die Kultur, sondern die Institutionen und die Politik. Dazu gehören die Eigentumsrechte, ein funktionierender Rechtsstaat, der Föderalismus sowie eine unabhängige Geldpolitik – Faktoren, die wir hier auf dem Blog auch schon thematisiert haben (vgl. zum Beispiel Das Lehrstück Argentinien). In ihrem faktenreichen Buch zeigen die beiden Autoren, dass der Wohlstand eines Landes nicht einfach vom Schicksal bestimmt wird. Stattdessen liegt es in unserer Hand, die Weichen richtig zu stellen.

Tipp 2: Der Schweizer Franken – eine Erfolgsgeschichte

Ernst Baltensperger

Der Schweizer FrankenDer Schweizer Franken gilt als stabilste Währung der Welt. Bei seiner Geburt im Jahr 1850 jedoch hätte kaum jemand eine solche Erfolgsgeschichte vorausgesagt. In den ersten Jahrzehnten war die Schweizer Währung ein schwächliches Anhängsel des französischen Francs. Wie der Franken Schritt für Schritt an Stabilität gewinnen konnte, zeichnet Ernst Baltensperger in diesem Buch minutiös nach. Der emeritierte Professor gilt derzeit als die wohl grösste Autorität auf dem Gebiet der Schweizer Geld- und Währungspolitik. Baltensperger versteht es, dem Leser seine Fachkenntnis auf klare und verständliche Weise zu vermitteln. Eindrücklich ist vor allem, wie oft auch der Schweizer Franken, trotz seiner Stabilität, durch in- und ausländischen Krisen erschüttert wurde. Damit erhält das Buch eine grosse Aktualität, anlässlich der rapiden Abwertung des japanischen Yen, der Krise in der Eurozone sowie des Mindestkurses des Frankens gegenüber dem Euro. Wer das Buch gelesen hat, wird auch die künftigen Währungskrisen besser verstehen können.

Tipp 3: Keynes für jedermann – die Renaissance des Krisenökonomen

Gerald Braunberger

Keynes Für JedermannJohn Maynard Keynes ist ein Phänomen: Wie kann es sein, dass ein Mann, der vor bereits 68 Jahren verstarb, die aktuelle ökonomische Diskussion noch immer dermassen stark dominiert? Antworten gibt diese packend geschriebene Biografie von Gerald Braunberger: Ein wichtiger Grund liegt darin, dass Keynes‘ volkswirtschaftliche Theorie massgeblich durch die Erfahrungen der Weltwirtschaftskrise in den Dreissigerjahren geprägt wurde. Er stellte sich auf den Standpunkt, dass es Situationen gibt, in denen die marktwirtschaftlichen Kräfte versagen und es deshalb staatlicher Massnahmen bedarf, um die Krise zu überwinden. Keynes war überdies ein Pragmatiker, der dogmatische Modelle stets ablehnte. In dieser Biografie erhält der Leser zudem Einblick in das schillernde Leben des Ökonomen, der daneben auch hohe politische Ämter bekleidete, mit vielen Künstlern verkehrte – und mit grossen Einsätzen an der Börse spekulierte.

Tipp 4: Antifragilität – Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen

Nassim Taleb

AntifragilitätDie Finanzkrise hat nicht nur Banken in den Abgrund gerissen, sondern ebenso manche Gewissheiten der ökonomischen Lehre. Diese neue Welt der Unsicherheit ist das Terrain des Nassim Taleb. Wohl keiner hat die Krise so fundiert vorausgesagt, wie der frühere Derivatehändler und Autor des Bestsellers «Der schwarze Schwan». In seinem jüngsten Werk präsentiert der streitbare Skeptiker seine philosophische Gesamtschau. Sein Credo lautet: Gerade weil wir meinen, alle möglichen Risiken und Szenarien berechnen zu können, wird unsere Welt immer fragiler. Dem stellt er die Antifragilität gegenüber. Dieser von ihm geschaffene Begriff umfasst mehr als lediglich Robustheit. Das Antifragile kann den Schocks nicht nur widerstehen, sondern davon sogar profitieren. Ein Beispiel ist die Evolution in der Tier- und Pflanzenwelt. Zwar tendiert Taleb manchmal zu einer eher ausschweifenden Sprache. Dafür belohnt er den Leser mit vielen überraschenden Aha-Erlebnissen und manchen bitterbösen Seitenhieben gegen die so genannten «Experten».

Tipp 5: Robert Holzach – ein Schweizer Bankier und seine Zeit

Claude Baumann

Robert Holzach - Ein Schweizer Bankier udn seine ZeitDie Finanzwelt ist geprägt von einer grossen Orientierungslosigkeit. Nassim Taleb liefert seine Antwort, indem er die bisherigen Lehrsätze radikal hinterfragt. Einen anderen Weg beschreitet Claude Baumann. Er findet die Replik auf die aktuelle Desorientierung in der Geschichte – und zwar in der Person von Robert Holzach. Der «Gentleman-Bankier» und legendäre Präsident der SBG sprach nicht nur von Integrität, Leistung und Verantwortungsbewusstsein. Er lebte diese Werte auch. Sein Schaffen reichte zudem weit über die Bankenbranche hinaus. Er betätigte sich ebenso als unermüdlicher Kunst- und Kulturförderer, Publizist und Oberst in der Armee. Baumanns sorgfältig recherchierte Biografie stützt sich auf einen reichen Fundus an bisher unveröffentlichten Zeugnissen sowie zahlreichen Gesprächen mit Weggefährten. Herausgekommen ist ein faszinierendes Portrait des «Gottlieb Duttweilers unter den Bankiers». Welches auch Anstösse dazu gibt, wie das Bankgewerbe seine ehemals stolze Reputation zurückgewinnen könnte.

Tipp 6: Gefangen im Euro

Hans-Werner Sinn

Gefangen im Euro«Die Euro-Zeitbombe tickt weiter», lautet der erste Satz auf dem Klappentext. Hans-Werner Sinn, der gegenwärtig einflussreichste deutsche Ökonom, spricht auch in seinem neusten Buch wie gewohnt Klartext: Das Grundübel sieht er in der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit der Eurokrisenländer. Schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme seien daher die falsche Medizin. Dezidiert spricht sich Sinn auch dagegen aus, dass die Europäische Zentralbank nun Staatspapiere der Euroländer aufkauft. Stattdessen sollten überschuldete Länder temporär aus dem Euro aussteigen, um über Währungsabwertungen wettbewerbsfähiger zu werden. Das relativ schmale Buch mit knapp 200 Seiten ist in Interviewform geschrieben und liest sich trotz der komplexen Materie leicht und flüssig. Manche Aspekte, wie die Gefahr einer Deflationsspirale (vgl. auch Buchtipp Nummer 7), kommen vielleicht etwas zu kurz. Ganz und gar erfreulich aus schweizerischer Optik ist die Konklusion des Buches: Sinn fordert für die Eurozone eine Konföderation nach Schweizer Vorbild.

Tipp 7: 66 starke Thesen zum Euro, zur Wirtschaftspolitik und zum deutschen Wesen

Heiner Flassbeck

66 starke Thesen zum Euro zur Wirtschaftspolitik und zum deutschen WesenGewissermassen die Antithese zu Hans-Werner Sinn liefert Heiner Flassbeck: Die von Sinn geforderte Rosskur würde Europa nur vollends in den Abgrund stürzen. Die Folge wäre eine anhaltende Deflation wie in Japan. Dagegen sieht Flassbeck die Ursache der Krise in der seit Jahren stagnierenden Lohnentwicklung, welche den Konsum und damit das Wachstum schwäche. Heiner Flassbeck, der bis 2012 bei der UNO in Genf als Direktor für Globalisierung und Entwicklung arbeitete, gelingt es ebenfalls, das vielschichtige Thema in einer verständlichen Sprache darzustellen. Eine Gegenüberstellung der beiden Bücher von Sinn und Flassbeck zeigt, wie weit die Auffassungen zur Überwindung der Eurokrise inzwischen auseinanderklaffen: Der von Sinn angeprangerte Verlust der Wettbewerbsfähigkeit spielt bei Flassbeck praktisch keine Rolle. In einem Punkt allerdings sind sich die beiden Ökonomen erschreckend einig: Die europäische Währung sei existenziell bedroht und die Massnahmen zu ihrer Rettung erachten sie als letzte Chance.

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Ökonomisch betrachtet ist Schenken nichts anderes als eine Wertvernichtung. Lesen Sie hier, weshalb es trotzdem Sinn macht, dass wir uns gegenseitig beschenken.

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Ein Kommentar über “Sieben Buchtipps für die Festtage”

  1. Bis auf Tipp 2 sind mir alle noch unbekannt. Tipp 4 werde ich dem Weihnachtsmann noch ins Ohr flüstern.
    Mein Tipp, der unbedingt auch gelesen werden sollte:
    «Weltmacht IWF» von Ernst Wolf.
    Schöne Feiertage

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