Der tiefe Fall des Euro

Was ist nur los mit den Währungen: Können Sie erklären, weshalb die Kurse dermassen verrückt spielen?

Was wir derzeit erleben, ist ein weltweiter Abwertungswettlauf. Zuvorderst agiert die Europäische Zentralbank (EZB) mit dem angekündigten Kauf von Staatsanleihen. Sie hat damit die Talfahrt des Euro nochmals beschleunigt (siehe Grafik). Mit ihrer Abwertungspolitik ist die EZB nicht allein: Japan hat bereits vor zwei Jahren begonnen, den Yen gezielt zu schwächen. Unter dem Namen Abenomics wurde auch dort die Notenpresse angeworfen.

Der Euro ist im Vergleich zum Dollar massiv gesunken. Der Franken dagegen hat sich nach dem Ende des Mindestkurses sprunghaft aufgewertet. Der chinesische Yuan wiederum verläuft bislang parallel zum Dollar.
Der Euro ist im Vergleich zum Dollar massiv gesunken. Der Franken dagegen hat sich nach dem Ende des Mindestkurses sprunghaft aufgewertet. Der chinesische Yuan wiederum verläuft bislang parallel zum Dollar.

Beide Regionen verfolgen das gleiche Ziel: Die lahmende Wirtschaft soll konkurrenzfähiger werden. Dank der schwachen Währung werden Produkte aus diesen Ländern günstiger. Zum Nachteil der übrigen Handelspartner: Deren Exportgüter werden im Vergleich teurer. Das bekommt die Schweizer Wirtschaft jetzt zu spüren.

Doch was bringt uns ein starker Franken überhaupt? Sollte die Schweiz nicht besser dem Abwärtstrend des Euro folgen? Die beste Antwort liefert aus meiner Sicht ein Zitat des Ökonomen John Maynard Keynes. Er hielt vor beinahe 100 Jahren fest:

Es gibt kein feineres und kein zuverlässigeres Mittel, um die bestehenden Grundlagen einer Gesellschaft umzustürzen, als durch die Zerrüttung seiner Währung.

Die Aussage hat für mich nichts an Gültigkeit verloren. Mir ist kein Land bekannt, das seinen Wohlstand einer schwachen Währung verdankt.

Lässt sich die Abwertungsspirale rechtzeitig stoppen?

Auch der Euro war anfänglich auf Stabilität ausgelegt. Neben dem Dollar sollte er zu einer globalen Leitwährung aufsteigen. Dieses Ziel ist in weite Ferne gerückt. Schon jetzt hat die Abwertungspolitik der EZB viel Vertrauen zerstört. Mehr und mehr Europäer beginnen, ihr Geld in andere Währungen umzutauschen. Wobei die bisher zuverlässigste Käuferin von Euros – die Schweizerische Nationalbank – inzwischen ausgestiegen ist.

Überdies könnte der Abwertungswettlauf ausser Kontrolle geraten. Ungewiss ist zum Beispiel die Reaktion von China: Lässt das Land den Yuan ebenfalls fallen, wenn sich dort das Wachstum zu rasch abkühlt? Dadurch würde Europa mit noch günstigeren Waren aus China überschwemmt. Und die deflationäre Tendenz, welche die EZB bekämpfen wollte, nähme sogar noch zu.

Auf dem internationalen Parkett sind die Verfechter einer stabilen Währung zurzeit in der Minderzahl. Zum Leidwesen der Schweiz. Doch der Beweis, dass die Abwertungspolitik auf Dauer funktioniert, muss noch erbracht werden.

Diese Artikel könnten Sie ebenfalls interessieren:

Ähnliche Beiträge

3 Kommentare über “Der tiefe Fall des Euro”

  1. Ich möchte wissen, was würde passieren wenn wir den EURO übernehmen würden. Exponenten schreien ja schon nach dieser Lösung!

    1. Kein vernünftiger Mensch würde auf den havarierten Dampfer zurückkehren, nach dem er sich in einem Rettungsboot in Sicherheit gebracht hat. «Exponenten» die den havarierten Euro übernehmen möchten haben politische Ziele – sie wollen in die EU.

  2. Auf den Verschuldungswettlauf folgt jetz der Abwertungswettlauf. Solange nur einzelne Länder in die Schuldenfalle gerieten, konnten diese sich jeweils durch Abwertung ihrer Währung auf Kosten anderer wieder sanieren. Heute stecken fast alle grossen Volkswirtschaften im Schuldensumpf fest. Der Abwertungswettlauf wird so nur Verlierer produzieren. Die Abwertungskandidaten liegen sich erschöpft in den Armen. Die Schweiz wird nach schwierigen Anpassungsprozessen (wie schon so oft) zu den Gewinnern gehören.

Kommentare sind geschlossen.