Mieten oder kaufen?

Das Gespenst einer Schweizer Immobilienblase ist aus den Medien verschwunden. Die damaligen Warnungen basierten vor allem auf der Vorhersage eines Zinsschocks. Doch manche dieser Szenarien entpuppen sich je länger desto mehr als unrealistisch.

Die Diskussion über den Immobilienmarkt wird heute wieder sachlicher geführt als noch vor einigen Jahren. Insbesondere die damaligen Schreckensszenarien mit einem abrupten Zinssprung haben sich als falsch erwiesen.

Die Sendung «Kassensturz» zum Beispiel brachte im März 2012 einen Beitrag mit dem Titel «Wenn die Immobilienblase platzt» und zeigte die unten stehende Grafik. Darin wurde den Zuschauern vorgerechnet, dass die monatliche Belastung für eine Hypothek im Umfang von 800‘000 Franken von gegenwärtig 1000 auf bis zu 5333 Franken hochschnellen könnte, wenn der Zins von 1,5 auf 8 Prozent klettert. «Viele müssten dann ihr Haus verkaufen», urteilte der «Kassensturz».

Der angedrohte Zinsschock hat nicht stattgefunden
Mit dieser Darstellung warnte der «Kassensturz» im März 2012 vor einer Immobilienblase.

In Wirklichkeit sind die Zinsen nicht gestiegen, sondern weiter gesunken. Kommt hinzu, dass viele Wohneigentümer langfristige Hypotheken erworben haben, um sich gegen höhere Zinsen abzusichern. Aktuell können Sie den Zinssatz von 1,5 Prozent für acht Jahre fix anbinden. Am Beispiel des «Kassensturz» mit einer Hypothek von 800‘000 Franken heisst das (die genaue Berechnung finden Sie im nachfolgenden Dossier):

Dank den günstigen Zinsen sparen Sie als Wohneigentümer im Vergleich zur Miete eines vergleichbaren Objekts während diesen acht Jahren insgesamt 42‘700 Franken.

Zusätzlich besteht die Pflicht, die Hypothek jedes Jahr um einen bestimmten Betrag abzuzahlen. Im Beispiel erreicht die Amortisation über acht Jahre 69‘300 Franken. Wenn die Hypothek nach dieser Periode ausläuft, können Sie die Belehnung des Hauses kumuliert um die beiden Beträge (42‘700 Franken plus 69‘300 Franken) reduzieren, also von 800‘000 auf 688’000 Franken. Ihre Anfälligkeit gegenüber einem Zinsanstieg nimmt somit von Jahr zu Jahr ab.

War das Szenario eines Zinsschocks schon vor drei Jahren sehr gewagt, so gilt dies heute erst recht: Die Rendite der Schweizer Staatsobligationen mit einer 30-jährigen Laufzeit liegt derzeit bei gerade mal 0,5 Prozent. Und trotzdem rechnen die Banken nach wie vor mit einem kalkulatorischen Zinssatz zwischen 4,5 und 5 Prozent, um abzuschätzen, ob die gewährte Hypothek für den Hauskäufer tragbar ist. Diese hohe Finanzierungshürde zeigt: Der Schweizer Immobilienmarkt bleibt auch dann stabil, wenn die Zinsen irgendwann doch wieder steigen.

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9 Kommentare über “Mieten oder kaufen?”

  1. Kauf-Mietpreis-Relation
    beim Vergleich ländlich-städtisch kann was mit den Zahlen (25/32) oder mit der Aussage «Wohneigentum auf dem Land ist tendenziell günstiger» nicht stimmen

    Rechbeispiel
    bei Wohneigentum müssten wohl auch Rücklagen für Renovationen oder Einzahlungen in einen Erneuerungsfonds berücksichtigt werden (Faustregel: nochmals 1% vom Wert); dann sieht die Rechnung ziemlich ausgeglichen aus

    1. Guten Tag Herr Hürzeler

      Im Beitrag auf dem Blog steht geschrieben, dass der Wert von 1% bei den Nebenkosten auch die Erneuerung und den Unterhalt umfasst. Die Kauf-Mietpreis-Relation hat mit dieser Kalkulation allerdings nichts zu tun, sondern bezieht sich auf die aktuellen Preisverhältnisse auf dem Markt. Eine Kauf-Mietpreis-Relation von 32 bedeutet, dass man für eine Immobilie, bei der man als Mieter 31’250 Franken pro Jahr bezahlt, einen Kaufpreis von einer Million Franken hinblättern müsste (32 x 31’250). Beträgt die Relation dagegen nur 25, so kostet eine Immobilie, für die der Mieter wie erwähnt 31’250 Franken zahlt, für den Käufer nur 781’250 Franken (25 x 31’250). Diese Relationen sind Richtwerte für die aktuellen Preisverhältnisse und zeigen, dass man als Immobilienkäufer in der Stadt vergleichsweise mehr bezahlen muss als auf dem Land. Freundliche Grüsse, Albert Steck

  2. Sehr geehrter Herr Steck

    Ist es in der Schweiz möglich, dass die Bank nach dem Kauf den Immobilienwert neu bestimmt (also den aktuellen Verkehrswert ermittelt), sodass für den Kreditnehmer Nachschusspflichten entstehen, die dann zusätzlich zu den Zinskosten zu leisten wären?

    Freundliche Grüsse
    H. Altmann

    1. Guten Tag Herr Altmann
      Grundsätzlich erfolgt die Überprüfung des Verkehrswerts zum Zeitpunkt der Erneuerung der Hypothek. Weil die Zweithypothek ja laufend amortisiert wird, bedeutet dies, dass der Immobilienbesitzer auch einen tieferen Verkehrswert verkraften könnte, ohne dass er zusätzliche Eigenmittel einschiessen müsste. Freundliche Grüsse, Albert Steck

  3. Die Vergleichsrechnung Kauf vs. Miete sei «bewusst einfach gehalten», und Steuerfolgen und Opportunitätskosten des investierten Kapitals seien nicht berücksichtigt. Man kann es jedoch vor lauter einfach machen auch zu einfach machen… Dies ist hier leider klar der Fall. Eine solche Vergleichsrechnung, ohne mindestens den Eigenmietwert und die Steuerabzüge für Hypozinsen einzuberechnen (für beides können sinnvolle Annahmen gemacht werden), ist so weit von jeglicher Realität entfernt, dass man die Berechnung eigentlich besser gleich weglassen sollte.

    Liebe Migrosbank: halte doch die Leser dieses Blogs nicht unnötig für dumm. Was ein Eigenmietwert ist und was Opportunitätskosten sind, verstehen die meisten. Und sonst bietet ja die Webseitentechnik genug Möglichkeiten, Hilfetexte einzublenden, so dass es alle vestehen. Gerade eben eine vollständige Modellrechnung, die ja dann jeder seinen persönlichen Verhältnissen anpassen kann, wäre ein Mehrwert gegenüber all den „vereinfachten“, und daher unrealistischen, Berechnungen.

    1. Guten Tag Herr Keller
      Wir haben die Vergleichsrechnung auch mit deutlich komplexeren Modellen durchgerechnet. Doch die Differenzen zu dieser hier publizierten einfachen Kalkulation sind minimal. Wir sind deshalb der Überzeugung, dass der oben errechnete Betrag einen durchaus zuverlässigen Mittelwert ergibt. Um auf Ihre Punkte einzugehen: Wo setzen Sie die Opportunitätskosten an? Die Rendite einer zehnjährigen Bundesobligation ist derzeit negativ. Um folglich trotzdem Opportunitätskosten aufzuführen, müssten Sie bereit sein, höhere Risiken in Form von Aktienanlagen einzugehen. Natürlich könnte man in einem komplexeren Modell auch die Steuerfolgen hineinrechnen. Doch dann müsste man konsequenterweise auch weitere Faktoren hinzunehmen, zum Beispiel eine Prognose zu einer künftigen Wertsteigerung der Immobilie. Sie sehen, das Modell wird dann rasch sehr spekulativ. Ausserdem spielt dann, wie im Beitrag erwähnt, auch der Standort der Immobilie eine sehr wichtige Rolle. In der Stadt liegt die Kauf-Mietpreis-Relation deutlich über 30. Das heisst, für eine entsprechende Immobilie müssen Sie mehr als die erwähnte Million Franken bezahlen. Unter dem Strich bedeutet das: Unsere oben beschriebene einfache Modellrechnung zeigt für eine durchschnittliche Immobilie recht zuverlässig, wie viel Sie als Immobilienbesitzer dank der tiefen Zinsen einsparen können. Es versteht sich aber von selbst, dass diese Zahlen im konkreten Einzelfall anders aussehen. Freundliche Grüsse, Albert Steck

  4. Lieber Herr Oetterli
    Ich kann keine Schreckensszenarien bei Kassensturz sehen, es hätte ja sein können, dass die Zinsen steigen. Niemand kann die Zinsbewegungen wirklich voraussagen.

  5. Die Gefahr geht nicht von steigenden Zinsen, sondern von den hohen Kaufpreisen aus. Je höher dieser beträgt, desto mehr Eigenkapital und Schulden müssen aufgewendet werden, um das Traumobjekt zu kaufen. Der Wert einer Immobilie nimmt über die Zeit ab (Selbstnutzung) und eine Inflation ist nicht vorhanden, welches die Preise steigen lässt und die Schuld reduziert.

  6. Nur ein mit Zwangsgebühren finanzierter «Kassensturz» kann es sich leisten, die Leute mit realitätsfremden Schreckensszenarien zu verunsichern. Panikmacherei ist eines der SRG-Steckenpferde schlechthin. Was zur Folge hat, dass die TV-gläubigen Zuschauer den Konsum drosseln, zum Schaden der Wirtschaft.
    Die SRG juckt’s nicht, denn die können weitersenden, auch wenn keiner zuschaut.

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