Warum Benzin, Diesel und Heizöl nicht noch tiefer fallen

Auch der fossile Brenn- und Treibstoffmarkt spürt die Folgen der Corona-Pandemie. Für Endkundinnen und Endkunden haben solche Krisen einen Vorteil: Benzin, Diesel und Heizöl werden deutlich günstiger. Doch warum verbilligen sich diese Endprodukte nicht im selben Mass wie das Rohöl?

Benzin, Diesel und Heizöl werden aus Rohöl gewonnen. Bis der fossile Energieträger in der Schweiz verwendet werden kann, hat er aus dem Förderland bis in die Schweiz bereits tausende Kilometer über Förderrohre, Pipelines, Schiffe, Raffinerien, Zwischenlager und Lastwagen zurückgelegt. Auf diesem Weg gelangten 2018 (die Jahresstatistik 2019 liegt noch nicht vor) 5,199 Millionen Tonnen Benzin und Diesel sowie 2,350 Millionen Tonnen Heizöl an die Schweizer Endkundinnen und Endkunden. Herkunftsländer des Rohöls sowie der importierten Fertigprodukte sind vor allem Länder des Grossraums Mittlerer Osten und Russland.

Eine Vielzahl von Einflussfaktoren

Die Preise der Endprodukte Benzin, Diesel und Heizöl setzen sich aus folgenden Komponenten zusammen: Basispreis des Rohöls, Raffinations-, Produktions-, Transport- und Handelskosten sowie Mineralöl- und Mehrwertsteuern. Die zuletzt genannten Abgaben machen bei den Treibstoffen mehr als die Hälfte des Preises an den Zapfsäulen aus, beim Heizöl ist es mehr als ein Drittel. Auch die Mengen- und Preisentwicklung an den internationalen Märkten beeinflusst den Preis.

Ferner wirkt die Förderpolitik der OPEC, der Organisation der erdölexportierenden Länder, auf den Preis ein. Immer wieder kommt es vor, dass sich geopolitische Ereignisse wie z.B. der aktuelle Konflikt zwischen den Ölproduzenten Saudi-Arabien und Russland auf die Öl-Fördermengen und den Marktpreis auswirken. Für die Schweizer Inlandpreise sind zudem der US-Dollarkurs und die Kosten für Rheinfrachten mitbestimmend. Logistik und Vertrieb, also Tarife für den Transport auf der Schiene und Strasse, beeinflussen ebenfalls den Preis. Je weiter die Endkundin und der Endkunde letztendlich vom Lager entfernt sind, desto teurer wird der Brenn- oder Treibstoff.

Diese «Erdöl-Versorgungskette» mit ihren verschiedenen Akteuren und «Zwischenmärkten» mit eigener Preisfindung aus Angebot und Nachfrage wirken stark auf den Preis des Endprodukts ein. Ist z.B. der Wasserstand des Rheins sehr niedrig, können die Schiffe weniger Fracht laden, was wiederum den Transport und somit auch das Endprodukt verteuert. Aber auch regulatorische Eingriffe wie z.B. die Verschärfung von Umweltauflagen für eine Raffinerie können kurzfristig die Preise steigen lassen, da der dadurch entstehende Nachrüstungszwang zur vorübergehenden Verknappung des Angebots auf diesem «Zwischenmarkt» der Versorgungskette führen kann.

Jetzt günstig Öl einkaufen und einigen Monaten liefern lassen

Wegen all dieser Faktoren muss die Preisentwicklung von Rohöl nicht zwingend parallel zu jener von Benzin, Diesel und Heizöl verlaufen. Oberstes Gebot ist für Endkundinnen und Endkunden, dass sie den Gesamtmarkt im Blick behalten. Sie sollten beispielsweise nicht erst dann Heizöl bestellen, wenn sie es dringend benötigen und es zu einem möglicherweise teuren Marktpreis kaufen müssen. Stattdessen kann man Heizöl im Voraus kaufen, wenn es relativ «günstig» ist, und sich zu einem späteren Datum liefern lassen, wenn es wirklich benötigt wird. Gegenwärtig macht es angesichts der relativ tiefen Preise Sinn, bereits jetzt über einen Heizöl-Einkauf nachzudenken, auch wenn man den Brennstoff erst in einigen Monaten oder gar im nächsten Jahr benötigt. Beim Benzin und Diesel sollte der Autofahrer ebenfalls wachsam sein.

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3 Kommentare über “Warum Benzin, Diesel und Heizöl nicht noch tiefer fallen”

  1. Ihr Artikel enthält zumindest eine gute Aufstellung, wer sich alles an den Treibstoffen gütig tut. Für mich ist der aktuelle Benzinpreis (für alle Qualitäten) trotzdem ein rein politischer Preis. Gerade in der Schweiz wo sich die Politik voll gegen das Auto eingeschossen hat, dazu linken Kantone und Städte, ist z.B. der Benzinpreis mindestens 20 – 30 Rappen zu hoch. Von markanten Preiserhöhungen in d. nachverarbeitenden Industrie war in den letzten Monaten nichts zu hören. Man vergleiche immerhin den Rohpreis für ein Barrel vor 6 Monaten und demjenigen von heute. Monopol- und Staatspreise haben nichts zu tun mit der freien Preisbildung am Markt. Eine wirksame Reduktion des Benzinverbrauches wäre möglich, wenn bei einem Autokauf mindestens 60% Baranzahlung verlangt würde. Dann hätten wir wieder Platz auf der Autobahn

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