Die Gratwanderung gemeistert

Die Warnungen vor einer Immobilienblase sind fast ganz aus den Medien verschwunden. Erwarten auch Sie eine sanfte Landung?

Die Stabilisierung auf dem Immobilienmarkt beurteile ich positiv. Und sie bestätigt unsere Einschätzung, die wir auch im Artikel „Widerlegung der Crash-Propheten“ bereits vertreten haben. Wenn die sanfte Landung wie erwartet gelingt, so spricht das für die enorme Leistungsfähigkeit des Schweizer Immobilienmarktes.

Weshalb? Innert zehn Jahren hat die Bevölkerung um 700‘000 Einwohner zugenommen. Dieser immense Zuwachs stellte den Immobilienmarkt vor eine gewaltige Herausforderung. In zweifacher Hinsicht wäre eine Fehlentwicklung möglich gewesen: Wenn das Angebot an neuem Wohnraum zu wenig wächst, dann schiessen die Mieten und Kaufpreise durch die Decke. Oder aber es entstehen sehr viele Neubauten. Zwar dämpft das den Preisauftrieb. Dafür jedoch steigt die Gefahr eines Überangebots mit Bauleichen wie in Spanien. Erschwerend wirkt ausserdem: Viele Leute möchten in den Zentren wohnen, wo die Reserven an Bauland ohnehin knapp sind. Und für die Bauwirtschaft ist es schwierig, auf kurzfristige Schwankungen der Nachfrage zu reagieren. Denn von der Planung bis zum Abschluss eines Projekts dauert es zwei Jahre oder mehr.

Wie hat nun der Immobilienmarkt diese heikle Gratwanderung gemeistert? Aus meiner Sicht sehr gut. Landesweit betrachtet wuchs das Angebot weder zu langsam noch zu schnell. Jahr für Jahr kamen zwischen 40‘000 und 50‘000 neue Wohnungen auf den Markt. Das reichte, um die riesige Nachfrage zu befriedigen. Gleichzeitig ist der Bestand an leeren Wohnungen tief geblieben – Überkapazitäten sind bislang kaum zu erkennen.

Anstieg Wohnungsbestand seit 2003
Anstieg Wohnungsbestand seit 2003
In diesen Kantonen stieg der Wohnungsbestand in den letzten zehn Jahren überdurchschnittlich stark. An der Spitze steht Freiburg mit einer Zunahme von 19 Prozent. Der Schweizer Durchschnitt beträgt 11 Prozent. (Daten: BfS).

Während also der Markt auf nationaler Ebene die Balance halten konnte, hat die Bevölkerungszunahme die regionalen Ungleichheiten stetig vergrössert.

Vor allem in Genf und weiteren grossen Städten ist in den letzten Jahren zu wenig neuer Wohnraum entstanden. Demgegenüber sehen Sie in der Grafik diejenigen Kantone mit einer überdurchschnittlichen Bautätigkeit: An der Spitze steht Freiburg (mit der Region Bulle als treibender Kraft), gefolgt von Zug, Schwyz und dem Kanton Aargau.

Damit die sanfte Landung auch definitiv klappt, darf sich diese Schere zwischen Regionen mit einer schwachen respektive starken Bautätigkeit nicht weiter öffnen. Das bedeutet: Verdichtetes Bauen in den Zentren sowie eine Stabilisierung des Angebots in den Agglomerationen. Zurzeit sehe ich gute Chancen, dass dem Markt auch dieses Manöver gelingen wird.

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