Immobilien, Gold & Co.: Taugen Sachwerte als Krisenvorsorge?

Wer langfristig anlegt, will möglichst krisensicher investieren. Daher sind seit der Finanzkrise Sachwerte wie Wohneigentum und Gold beliebt. Aber taugen sie mit ihrer Wertentwicklung wirklich für langfristige Anlageziele, beispielsweise für die Vorsorge? Langzeitvergleiche zeigen Überraschendes.

Nach der Krise ist vor der Krise: Die Massnahmen zur Bewältigung der Finanzkrise 2008 haben zu neuen, möglicherweise noch grösseren Problemen geführt. So sind die Schulden der öffentlichen Hand vielerorts auf Rekordniveau angewachsen, weil die Staaten weltweit mit Fiskalprogrammen die Konjunktur anzukurbeln versucht haben. Parallel dazu bemühten sich die Notenbanken, mit einer historisch einmaligen Geldschwemme die Zinsen zu senken und so ebenfalls wirtschaftsfördernde Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Nebeneffekte dieser Notenbankpolitik des billigen Geldes sind Preissteigerungen bei Anlageklassen wie Aktien und Immobilien – und Verschuldungsanreize.

Die geld- und fiskalpolitischen Massnahmen sorgten dafür, dass sich die globale Verschuldung von Staaten, Haushalten und Unternehmen innert zehn Jahren seit Ausbruch der Finanzkrise von 177 Prozent auf 214 Prozent des weltweiten Bruttoinlandprodukts erhöht hat. Noch ist keine Trendwende absehbar, wie die Zahlen des Internationalen Währungsfonds zeigen. Das bereitet vielen Sorge, die langfristig Vermögen aufbauen wollen, beispielsweise für die Vorsorge.

Wohneigentum: Langfristig bescheidene Renditen

Diverse Ökonomen warnen, dass die nächste Krise noch heftiger als jene von 2008 ausfallen werde. Zum einen, weil die Verschuldung höher liegt als damals, die Fallhöhe also noch grösser ist. Zum anderen, weil Staaten und Notenbanken mittlerweile den Grossteil ihres Pulvers für Gegenmassnahmen verschossen haben.

Was für krisensichere Anlagen empfehlen sich also? Viele setzten auf Grund und Boden, auf die eigenen vier Wände. Doch lange Zeitreihen, die von den Finanzwissenschaftlern Elroy Dimson, Paul Manarsh und Mike Staunton an der London Business School zusammengestellt worden sind, zeigen ein ernüchterndes Bild. So betrug die durchschnittliche Jahresrendite von Schweizer Wohneigentum seit 1900 nur 0,7 Prozent nach Abzug der Inflation. Zum Vergleich: Globale Aktien erreichten 5,2 Prozent.

Sammlerstücke: Nur für versierte Grossinvestoren

Wohneigentum zählt zu den sogenannten Sachwerten, also materiell fassbaren Vermögenswerten. In dieselbe Kategorie gehören auch Sammlerstücke, im angelsächsischen Finanzjargon Collectibles genannt. Populär sind beispielsweise Comic-Hefte.

Collectibles haben in den vergangenen Jahren enorm von der Entwicklung profitiert, dass Investoren nach den dramatischen Kursverlusten der traditionellen Finanzanlagen 2008 alternative Werte suchten – mit Vorteil Sachwerte, die nicht an herkömmlichen Finanzmärkten gehandelt werden. In der Folge verzeichneten u.a. Kunst, Schmuck und Uhren spektakuläre Auktionsrekorde. Eine grosse Nachfrage bestand nach der Finanzkrise plötzlich z.B. auch für Konzertflügel von Edelmarken wie Steinway und Bechstein. Langfristig höhere Wertsteigerungen versprechen aber Violinen (mit durchschnittlich 2,4 Prozent pro Jahr nach Abzug der Inflation), Briefmarken (2,6), Weine (3,7) und vor allem klassische Autos (4,8). Das zeigen die Daten von Elroy Dimson, Paul Marsh und Mike Staunton.

Um derart hohe Renditen zu erzielen, ist ein enormes Fachwissen nötig. Zudem sind für erfolgreiche Investmentstrategien sehr hohe Mindestinvestments erforderlich – das zeigt sich daran, dass der Wert von Sammlungen bei ultrareichen Personen im Schnitt bis zu 10 Prozent des Gesamtvermögens ausmacht.

Gold: Sowohl für Inflation als auch für Deflation geeignet

Wesentlich unkomplizierter und besser geeignet für kleinere und mittlere Privatanleger ist ein anderer Sachwert: Gold. Puristen investieren in Barren und Münzen. Pragmatiker dagegen halten sich an ein Metallkonto – oder an einen physisch hinterlegten ETF. Bei Letzterem handelt es sich um ein börsengehandeltes Wertpapier, das unter gewissen Bedingungen einen Anspruch auf Auslieferung von Gold verkörpert und das 1:1 dessen Kursentwicklung widerspiegelt.

Ob Barren, Münzen, Metallkonto oder ETF: Gold kommt auf eine langfristige jährliche Wertsteigerung von nur 0,7 Prozent nach Abzug der Inflation. In Perioden von extremer Inflation und Deflation erweist sich das gelbe Edelmetall zwar als sehr gute Absicherung, in den übrigen Phasen aber schneidet es relativ schlecht ab.

Kryptowährungen: Das neue Gold?

Viele halten Gold für nicht mehr zeitgemäss und sehen stattdessen Bitcoin und andere Kryptowährungen als die Wertanlage der Zukunft. Dagegen sprechen allerdings bis auf Weiteres die enormen Kursschwankungen von Kryptowährungen, die technischen Unzulänglichkeiten bei ihrem Handel und bei ihrer Aufbewahrung sowie die noch unzureichende Regulierung. Und auch längerfristig wäre eine goldähnliche Rolle als «sicherer Hafen» nur in einem apokalyptischen Szenario denkbar, in dem Investoren all ihren Glauben ans internationale Finanz- und Währungssystem verloren hätten.

Allerdings würden in einem so extremen Szenario immer noch liquidiere und weniger komplexe Anlagen existieren. Eine davon könnten Diamanten sein. Sie haben den Vorteil, dass sie einfacher zu transportieren sind als Gold und ihr Besitz in der Vergangenheit auch nie von staatlichen Einschränkungen betroffen war wie jener von Gold. Trotz dieser Vorzüge bieten Diamanten keinen Werterhalt: Seit 1900 haben die Schmucksteine im Jahresdurchschnitt und nach Abzug der Inflation 0,5 Prozent an Wert verloren.

Fazit: Breite Diversifkation

Was also, wenn nicht einmal Diamanten zum Werterhalt taugen? Immer noch die beste Anlage, um sich langfristig gegen Krisen abzusichern, ist ein möglichst breit gestreutes Vermögen. Diese Diversifizierung soll zum einen verschiedenartige Anlagekategorien umfassen – darunter haben auch Sachwerte wie Immobilien und Gold ihren festen Platz. Zum anderen soll das Vermögen über verschiedene Länder und Wirtschaftsräume verteilt sein. Denn auch bei einer globalen Krise sind nie alle Wirtschaftsräume im selben Ausmass betroffen. Einzelne Regionen finden schneller wieder zur Normalität zurück, andere bleiben ganz verschont.

Eine Risikostreuung lässt sich bei kleinen und mittleren Vermögen am einfachsten über einen sogenannten Strategiefonds umsetzen. Das ist ein Anlagefonds, der breit diversifiziert in verschiedene Anlagekategorien und Länder investiert.

Langfristige inflationsbereinigte Renditen von Anlagen
Durchschnittliche Jahresrenditen in %
Globale Aktien5,2
Klassische Autos 4,8
Wein3,7
Briefmarken2,6
Violinen2,4
Globale Obligationen2,0
Kunst1,9
Schmuck1,9
Platin1,4
Gold0,7
Schweizer Wohneigentum0,7
Silber0,0
Diamanten-0,5
Quelle: Elroy Dimson, Paul Marsh und Mike Staunton, London Business School. Zahlen für 1900 bis 2017.

Ähnliche Beiträge