Aktien von Unternehmen mit einer attraktiven und nachhaltigen Dividendenpolitik haben sich in einem schwierigen Börsenumfeld als resistenter erwiesen als die sogenannten Wachstumstitel. Denn Investoren schätzen in unruhigen Börsenzeiten oder im Umfeld historisch niedriger Zinsen die Eigenschaften dividendenstarker Unternehmen besonders. Im ersten Jahresviertel 2018 wurde ein neuer Dividendenrekord für das Auftaktquartal verzeichnet.
Üblicherweise wird eine Dividende aus dem Gewinn ausbezahlt, den ein Unternehmen erwirtschaftet. Um eine Dividende ausschütten zu können, muss ein Unternehmen einen Cash-Flow generieren, der über die eigenen Grundbedürfnisse (Finanzierung der Wachstums- und Investitionspläne) hinausgeht. Anleger müssen daher vor allem die Cash-Flow-Perspektiven des 217Unternehmens abschätzen, um dessen Fähigkeit einer nachhaltigen Dividendenpolitik einstufen zu können.
Investoren dient die Dividende deshalb auch als ein Instrument, um die finanzielle Gesundheit eines Unternehmens zu beurteilen: Sie wird als Spiegelbild der bisherigen Leistung eines Unternehmens sowie dessen potenzieller Zukunft angesehen. In der Regel handelt es sich bei Unternehmen mit Dividendenausschüttungen um reife und im Markt gut etablierte Gesellschaften mit soliden Bilanzen. Dividendenaktien schwanken deswegen oft weniger stark als Titel von Unternehmen, die keine Dividende ausschütten. Dividendentitel können daher einem Portfolio mehr Stabilität verleihen.
Entsprechend aufmerksam verfolgen Anleger die Dividendenzahlungen und deren Entwicklung. Im ersten Jahresviertel 2018 schütten Unternehmen global einen neuen Rekordbetrag an Dividenden für das Auftaktquartal aus (vgl. Textkasten).
Dividenden offerieren Wahlfreiheit
Neben der kursstabilisierenden Wirkung bieten Dividenden Anlegern einige weitere Vorzüge. Selbst kleine Dividendenbeträge, wenn sie regelmässig ausbezahlt werden, können sich im Laufe der Zeit zu einem stattlichen Betrag summieren. In einer historischen Betrachtung haben Dividenden einen bedeutenden Teil zur Rendite von Aktienanlagen beigesteuert.
Dividenden sind auch die einzige Möglichkeit für Anleger, Bargeld aus ihren Aktienanlagen zu erhalten, ohne ihre Titel verkaufen zu müssen. Sie bieten zudem Wahlmöglichkeiten. Wenn Sie eine Dividende erhalten, können Sie entscheiden, was Sie mit dem Cash-Flow machen wollen: in das Unternehmen reinvestieren, das die Dividende ausgeschüttet hat, in ein anderes Unternehmen investieren oder das Bargeld nehmen. Anleger, die einen Einkommensstrom aus ihren Anlagen benötigen, können diesen durch Investitionen in Aktien mit stabilen Dividenden sichern.
Ältere, etablierte Gesellschaften zahlen üblicherweise einen höheren Prozentsatz des Gewinns aus als jüngere. Ihre Dividendenhistorie ist oft konstanter. Hohe Dividenden können Unternehmen allerdings auch Wachstumspotenzial kosten. Jeder Franken, der den Aktionären ausgezahlt wird, ist schliesslich Geld, welches die Firma nicht in sich selbst reinvestiert. Umgekehrt fordern Aktionäre von Unternehmen mit hohen Liquiditätsreserven häufig eine höhere Ausschüttung, wenn das Management keine rentable Reinvestition in Aussicht stellen kann.
Viele Gesellschaften erhöhen ihre Dividenden regelmässig. Das wiederum kann helfen, die Kaufkraft des Geldes in Zeiten der Inflation nicht nur zu erhalten, sondern gar zu steigern. Unternehmen, die ihre Dividenden anheben, signalisieren Anlegern auch, dass Sie mit einem stabilen Geschäftsverlauf in den kommenden zwölf Monaten oder mehr rechnen.
Nach schweizerischem Recht unterliegen Dividendenausschüttungen von Aktiengesellschaften mit Sitz in der Schweiz der Verrechnungssteuer von 35 Prozent auf den Bruttoausschüttungsbetrag. Bei Dividenden von ausländischen Aktien behält jeweils das Herkunftsland eine Quellensteuer ein. Sie kann von Land zu Land unterschiedlich hoch ausfallen. Den Steueraspekt bei Dividendenausschüttungen werden wir zu einem späteren Zeitpunkt in einem Blogartikel beschreiben.
Was spiegelt die Dividendenrendite?
Die Dividendenrendite ist eine Finanzkennzahl, die angibt, wie viel ein Unternehmen jährlich im Verhältnis zum Aktienkurs ausschüttet. Sie wird in Prozent angegeben und errechnet sich, indem der Dividendenbetrag pro Aktie durch den Kurswert der Aktie dividiert wird. Wenn beispielsweise die jährliche Dividende eines Unternehmens 1.50 Franken beträgt und die Aktie zu 50 CHF gehandelt wird, so beträgt die Dividendenrendite 3 Prozent (1,5 geteilt durch 50 = 0,03). Sie ist ein Mass für die Verzinsung des investierten Kapitals, wenn Sie die Aktie heute erwerben. Kapitalgewinne sind bei dieser Betrachtung nicht eingeschlossen.
Die Dividendenrendite kann Sie allerdings auch in eine Falle führen. Angenommen, der Aktienkurs fällt, aber die Dividende bleibt gleich, so steigt die Rendite. Eine überaus hohe Dividendenrendite («zu gut, um wahr zu sein») kann ein Warnzeichen dafür sein, dass der Markt nicht daran glaubt, dass die Höhe der Dividende beibehalten werden kann. Sieht sich ein Unternehmen zu einer Dividendensenkung gezwungen oder streicht gar die Dividende, kann die Börsenreaktion sehr heftig ausfallen und der Aktienkurs markant einbrechen. Anleger müssen sich ebenso vor Unternehmen in Acht nehmen, die auf Kredite angewiesen sind, um die Dividendenzahlungen zu finanzieren, oder die mehr Dividende ausschütten, als sie Gewinn erwirtschaften.
Auf Dauer ist eine solche Dividendenpolitik nicht haltbar.
Die Dividendenrendite ist zwar eine der am weitesten verbreiteten Finanzkennziffern. Aber sie erzählt nicht die ganze Geschichte über die Ausschüttungspolitik. Unternehmen kaufen oft auch eigene Aktien zurück. Häufig geben sie für diese Rückkäufe sogar mehr Geld aus als für die Dividende.
Was ist die Aktionärsrendite?
An dieser Stelle kommt die sogenannte Aktionärsrendite (Shareholder yield) ins Spiel. Diese Kennzahl gibt an, wie viel Geld das Unternehmen durch eine Kombination von Dividenden, Aktienrückkäufen und Schuldenabbau an die Aktionäre zurückgibt. Unternehmen können sowohl neue Aktien ausgeben als auch bestehende Aktien zurückkaufen. Oft tun sie beides gleichzeitig. Die Ausgabe von Aktien erfolgt vielfach als Erfolgsbeteiligung an Mitarbeiter und Führungskräfte, während Aktienrückkäufe dazu dienen, die Gesamtzahl der ausstehenden Aktien zu reduzieren und den Gewinn dadurch zu verdichten. Bei Aktienrückkaufprogrammen vernichtet das Unternehmen in der Regel die zurückgekauften Aktien.
Durch die Verringerung der Aktienanzahl wiederum erhöht sich der Wert der im Markt verbleibenden Aktien, da sich der Unternehmenswert nun auf weniger umlaufende Titel verteilt. Angenommen, ein Unternehmen hat 100 Aktien ausstehend. Dann entspricht jede Aktie 1 Prozent des Unternehmenswerts. Kauft das Unternehmen nun zehn dieser Aktien zurück und vernichtet sie, sind noch 90 Aktien am Markt. Damit entfällt nun auf jede Aktie 1,11 Prozent des Unternehmenswerts.
Die Reduktion der Aktienanzahl kann das Wachstum des Gewinns und der Dividende pro Aktie erheblich beschleunigen. Da die Anzahl der Aktien sinkt, steigt im Gegenzug der Gewinn je Aktie, weil sich der Unternehmensgewinn auf weniger Aktien verteilt. Weil sich der auszuschüttende Anteil des Gewinns auf weniger Aktien verteilt, erhält das Unternehmen zudem zusätzlichen Spielraum für Dividendenerhöhungen. In den meisten Fällen wiederum erhöht dies an der Börse die Nachfrage nach den Titeln. Daher lässt sich bei der Ankündigung von Aktienrückkaufprogrammen oft ein kursstimulierender Effekt an der Börse beobachten.
Steigt längerfristig der Gewinn pro Aktie nur aufgrund von Aktienrückkäufen, kann das indes ein Warnzeichen für Anleger sein.
Verschuldet sich ein Unternehmen für die Finanzierung von Aktienrückkäufen zusätzlich, kann dies ebenfalls ein Warnsignal sein. Zudem können ungünstig getimte Aktienrückkäufe auch zur Vernichtung von Aktionärswert (Shareholder value) führen, weil das Unternehmen die Titel zu einem «schlechten» Preis zurückkauft. Studien belegen beispielsweise, dass Unternehmen bei Aktienrückkaufprogrammen sehr prozyklisch agieren. Wenn viel Liquidität vorhanden ist, werden viele Aktien zurückgekauft. Aktienrückkäufe nehmen bei einer steigenden Börse in der Regel zu. Fallen die Kurse dagegen oder die Börse crasht, setzen die meisten Unternehmen auch ihre Rückkaufprogramme aus.
Um die Aktionärsrendite zu berechnen, sind folgende Werte wesentlich. Zum Gesamtbetrag der Dividendenzahlungen muss zunächst der Betrag addiert werden, der für den Rückkauf von Aktien gezahlt wurde. Von dieser Summe wird nun der Wert der frisch ausgegebenen Aktien abgezogen. Daraus resultiert der Gesamtbetrag, der für Dividenden und Netto-Aktienrückkäufe ausgegeben wird. Nun wird der Betrag dazugerechnet, um den die Schulden reduziert wurden. Anschliessend wird der resultierende Gesamtwert durch die Marktkapitalisierung des Unternehmens geteilt. Der resultierende Prozentsatz ist die Aktionärsrendite.
Angenommen, ein Unternehmen zahlt zwei Milliarden Franken für Dividenden und vier Milliarden Franken für Aktienrückkäufe, gibt aber Aktien im Wert von einer Milliarde Franken aus, so beträgt der Gesamtbetrag für Dividenden und Netto-Aktienrückkäufe fünf Milliarden Franken. Bei einer Marktkapitalisierung des Unternehmens von beispielsweise 100 Milliarden Franken, entspricht die Aktionärsrendite somit 5 Prozent.
Eine Frage der Unternehmenskultur
Wenn ein Unternehmen sowohl den Dividendenbetrag erhöht als auch eigene Aktien zurückkauft, können die Auswirkungen für Anleger sehr augenscheinlich sein – insbesondere, wenn Anleger die Dividende laufend in das Unternehmen reinvestieren. Die Anleger werden letztlich einen immer grösseren Teil des Unternehmens besitzen und die Dividendeneinnahmen erhöhen sich aufgrund der Reinvestitionen auf lange Sicht erheblich.
Neben steuerlichen Effekten ist der wesentlichste Unterschied zwischen Aktienrückkäufen und Dividenden wohl in der Unternehmens- und Managementkultur zu finden. Die meisten Führungskräfte sehen die Auszahlung einer Dividende, sobald sie einmal deklariert und festgelegt ist, auf Augenhöhe mit langfristigen Investitionsentscheidungen, wie z.B. Investitionen in neue Geschäftsfelder, Produktionswerke usw. Unternehmen nehmen daher sehr ungern Dividendenkürzungen vor (in der Regel nur, wenn ein Liquiditätsengpass droht), weil sie ein negatives Signal für den Aktienmarkt darstellen. Sie sind deshalb bestrebt, auch in schlechten Jahren die Dividende konstant zu halten oder gar zu erhöhen.
Im Gegensatz dazu werten sie Aktienrückkäufe eher als etwas, das mit dem restlichen Cashflow zu tun hat, nachdem das Unternehmen alle wichtigen Investitionen getätigt hat. Darum sind Dividendenzahlungen auch deutlich weniger volatil als Aktienrückkäufe. Die Motivation hinter Aktienrückkaufprogrammen muss überdies nicht immer besonders aktionärsfreundlich sein. Manchmal wollen Unternehmen mit Rückkaufprogrammen einfach den Aktienkurs anheben, um beispielsweise feindliche Übernahmen abzuwehren.