Zinsausblick: Geht’s noch tiefer?

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat in ihrer jüngsten geldpolitischen Lagebeurteilung das Leitzinsniveau erneut unverändert belassen. Aufgrund der globalen Wachstumsschwäche und der expansiven Stossrichtung der grossen Notenbanken kann eine weitere Leitzinssenkung durch die SNB nicht mehr ausgeschlossen werden.

Die Schweizerische SNB hat an ihrer geldpolitischen Lagebeurteilung vom 13. Juni das Leitzinsniveau erwartungsgemäss unverändert bei -0,75 Prozent belassen. Die globale Wachstumsschwäche und die Lockerungsabsichten der Notenbanken in den USA und der Eurozone werfen aber vermehrt die Frage auf, ob in der Schweiz demnächst mit noch tieferen Leitzinsen zu rechnen ist.

Der Verfassungs- und Gesetzesauftrag sieht vor, dass die SNB die Preisstabilität gewährleistet und dabei der konjunkturellen Entwicklung Rechnung trägt. Darauf basierend besteht zurzeit wenig Handlungsbedarf: Die Teuerung ist positiv und die Wirtschaft expandiert nach wie vor – wenn auch weniger dynamisch als im Vorjahr. Wir erachten es deshalb als wenig wahrscheinlich, dass die SNB den Leitzins demnächst senken wird. Falls sich der Franken stark aufwertet, kann dies den deflationären Druck allerdings schnell verstärken, indem Importe günstiger werden. Auslöser solcher Aufwertungsschübe waren in den letzten Jahren Finanzkrisen und der Kurswechsel der Europäischen Zentralbank (Einführung von Negativzinsen und Staatsanleihenkäufe).

Deflationäre Tendenzen in Krisenzeiten

Jahresveränderung des Landesindex für Konsumentenpreise

Quelle: Thomson Reuters Datastream, Migros Bank

Gemäss unserer Einschätzung ist eine Senkung des SNB-Leitzinses in den nächsten Quartalen eher unwahrscheinlich, weil keine Anzeichen einer schweren globalen Rezession erkennbar sind. Zudem entwickelt sich die Schweizer Konjunktur solide. Ganz auszuschliessen ist eine Leitzinssenkung jedoch nicht, denn die Europäische Zentralbank (EZB) wird ihre Geldpolitik wohl erneut lockern, allerdings kaum im selben Ausmass wie Ende 2014 und Anfang 2015. Sie hat überraschend klar signalisiert, dass sie das gesamte geldpolitische Instrumentarium zur Erreichung des Inflationsziels von 2 Prozent einsetzen wird.

Die Hypothekarzinsen in der Schweiz sind im ersten Halbjahr erneut gesunken (siehe Grafik). Betrachtet man Indikatoren zu den Zinserwartungen der Banken (beispielsweise Swap-Sätze), scheint das Abwärtspotential noch nicht ausgereizt. Für Eigenheimbesitzer und jene, die es noch werden wollen, ist es noch immer ein guter Zeitpunkt, um eine Finanzierung zu günstigen Konditionen zu sichern.

Schweizweite Durchschnittsätze für Hypotheken

Quelle: SNB

Unveränderte Geldpolitik, aber neuer Leitzins

Bislang definierte die SNB mit ihren Zinsentscheiden das Zielband für den Dreimonats-Libor, wobei die Mitte des Zielbands dem Leitzinsniveau entsprach. Seit dem 13. Juni kommuniziert die SNB ihre geldpolitischen Entscheide durch die Festlegung des neu eingeführten SNB-Leitzinses. Der SNB-Leitzins gibt das von der SNB angepeilte Niveau für den SARON (besicherter Zinssatz für Tagesgeld in Schweizer Franken) an.

Hintergrund ist die Ankündigung der britischen Finanzmarktaufsicht im Juli 2017, die Fortführung der Libor-Erhebungen ab Anfang 2022 nicht mehr zu garantieren. Die Zukunft sämtlicher Libor-Sätze ist deshalb nicht mehr gesichert. Da die Inflationsprognose der SNB auf einem unveränderten Geldmarktsatz beruht und einen Prognosehorizont von drei Jahren vorsieht, sorgt die Einführung des SNB-Leitzinses für Konsistenz in den Prognosen, die über das Jahr 2022 hinausgehen.

Die SNB empfiehlt, auf Libor basierende Kontrakte wie Hypotheken und Zinsderivate auf den SARON umzustellen. Den Finanzinstituten bleibt selbst überlassen, wie sie die Umstellung von Libor-Produkten auf entsprechende Nachfolgeprodukte regeln. Die Migros Bank hat bereits eine Lösung für Kunden mit Libor-Hypotheken erarbeitet. Libor-Hypotheken, deren Laufzeit über das Jahr 2022 hinausreichen, werden seit November 2017 mit einem gegenseitigen Kündigungsrecht versehen.

Trends Hypothekarzinsen in den nächsten Monaten

 

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