Sind Lithium-Batterien das neue Öl?

Lithium ist der Hoffnungsträger für die Energiewende. Die Zunahme der Elektromobilität und der Speicherbedarf von erneuerbaren Energien erhöht die Nachfrage nach Lithium enorm. Lithium ist auf dem besten Weg, Öl zu verdrängen – leider nicht ohne die Umwelt zu beeinträchtigen.

Lithium ist der führende und zentrale Rohstoff, der die Energie- und Verkehrswende vorantreibt. Er gehört zu den nicht nachwachsenden Rohstoffen und ist z.B. als Spurenelement auch im Mineralwasser zu finden. Das grösste Anwendungsfeld von Lithium ist die Herstellung von wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Batterien, die vor allem in E-Autos, aber auch in Notebooks, E-Scootern, E-Fahrzeugen und Smartphones eingesetzt werden. Der grösste Anteil von Lithium wird aus salzigen Seen in Südamerika gewonnen. Weitere Lithium-Reserven befinden sich in Australien.

Steigende Nachfrage dank Elektromobilität und erneuerbaren Energien

Lithium-Aktien sind in den letzten Monaten aufgrund des steigenden Lithium-Preises stark in den Fokus der Anleger*innen geraten. Seit Jahresanfang ist der Solactive Global Lithium Index, der die grössten und liquidesten börsennotierten Unternehmen im Abbau von Lithium und in der Herstellung von Lithium-Batterien abbildet, um 21,65 Prozent gestiegen. Der Anstieg widerspiegelt die hohe Nachfrage nach Lithium in den Bereichen Elektromobilität, erneuerbare Energien (wie z.B. Energiespeicher von Solaranlagen), E-Bikes und Notebooks. Morgan Stanley geht davon aus, dass die Nachfrage nach Lithium bis ins Jahr 2030 um 637 Prozent steigen wird, während sie sich bei anderen wichtigen Metallen wie Kobalt und Nickel im gleichen Zeitraum um nur 183 Prozent bzw. 105 Prozent erhöhen wird (siehe Grafik). Eine Autobatterie eines E-Autos wiegt durchschnittlich 185 kg, davon macht Lithium 6 kg aus. Das Gewicht von Lithium ist zwar geringer als dasjenige von anderen Metallen, aber es ist ein wesentlicher Bestandteil der Batterie. Die Lithium-Batterien haben aufgrund ihrer hohen Energiedichte einen grossen Vorteil gegenüber anderen Batterien. So sind sie leichter und langlebiger als die konventionellen Nickelbatterien.

Erneuerbare Energie kann im Vergleich zu fossiler Energie wie beispielsweise Kohle, Öl und Gas nur bedingt gespeichert werden. Das Hauptproblem ist, dass Windenergie- und Solaranlagen den Strom tageszeit- und witterungsbedingt nicht immer und nicht gleichmässig ins Netz einspeisen. Zudem stimmt der Zeitpunkt der Stromerzeugung nicht immer mit dem Zeitpunkt des Verbrauchs überein. Diese zeitliche Diskrepanz benötigt Speicherlösungen, um bereits erzeugte Energie zu einem anderen Zeitpunkt zu nutzen. Lithium-Ionen-Batterien sind derzeit die am schnellsten wachsende Speichertechnologie.

Lithium ist als grüner Hoffnungsträger auf dem besten Weg, Öl zu verdrängen. Bis im Jahr 2030 werden voraussichtlich 95 Prozent der Lithium-Nachfrage auf Batterien entfallen. Angesichts der hohen Nachfrage und der natürlichen Knappheit hält die Forschung Ausschau nach Alternativen und prüft andere Technologien wie z.B. Feststoffbatterien.

Abhängigkeit von China

Lithium als knapper Rohstoff und grüner Hoffnungsträger ist auch ein politisches Thema. Lithium-Batterien werden grösstenteils in Asien produziert. Das chinesische Unternehmen CATL produziert gemäss Ford etwa 30 Prozent der weltweiten produzierten E-Auto-Batterien und hat sich zu einem riesigen Konzern entwickelt. In den USA und Europa werden Batterieproduktionsstätten gebaut, um die Abhängigkeit von China zu reduzieren. Die EU sieht unter anderem auch Rohstoffpartnerschaften mit «gleichgesinnten Partnern» vor. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz weilt zum Zeitpunkt der Publikation dieses Beitrags in Chile und wirbt für die Beteiligung deutscher Unternehmen bei der Verarbeitung von Lithium-Vorkommen.

China ist bereits seit vielen Jahren in Chile tätig und hat sich mit Milliarden-Investitionen einen Vorsprung erschaffen. Das Land der Mitte ist zum Teil selbst an Lithiumkarbonat-Anlagen beteiligt oder hält Anteile an den Firmen, die führend in der Lithium-Ionen-Technologie sind.

Schattenseite des Lithium Abbaus

Die Probleme des Lithium-Abbaus werden kaum diskutiert. Mit dem Abbau von Lithium wird die Elektromobilität vorangetrieben und der CO2-Ausstoss vermindert. Leider werden bei der Gewinnung von Lithium auch das Ökosystem und die Wasserreserven beeinträchtigt. Die Atacama-Wüste in Chile zählt zu den trockensten Gebieten der Erde mit sehr wenig Regen pro Jahr. Bei der Förderung von Lithium wird lithiumreiches Salzwasser (Sole) an die Oberfläche gepumpt und im Zeitraum von 12 bis 16 Monaten von der starken chilenischen Sonne getrocknet. Die Sole wird später chemisch gereinigt, in Lithiumcarbonat umgewandelt und zur Weiterverarbeitung hauptsächlich nach China zu den Batteriefirmen transportiert. Für die Gewinnung von 1 kg Lithium werden 2000 Liter Wasser benötigt. Obwohl das verwendete Salzwasser nicht als Trinkwasser oder für die Landwirtschaft genutzt werden kann, greift das Abpumpen langfristig die Trinkwasservorräte an: Wiesen und Feuchtgebiete trocken aus und die meist arme lokale Bevölkerung leidet unter Wassermangel.

ESG-Dilemma

Mit der Elektromobilität sollen die CO2-Treibhausemmissionen verringert werden. Dabei werden mit der Gewinnung von Lithium gleichzeitig grosse Umweltschäden in Kauf genommen. Viele Investoren erkennen das Dilemma, in dem sie gefangen sind, und fordern einen nachhaltigen Ansatz. Seit letztem Jahr versucht z.B. der Lithium-Produzent SQM (abgekürzt für Sociedad Quimica y Minera de Chile SA) in Chile mithilfe von Frühwarnsystemen und Satellitenbildern zu verhindern, dass der Grundwasserspiegel im Umland sinkt. SQM überweist jährlich einen Teil des Umsatzes an die lokale Bevölkerung. Fraglich ist aber, ob diese Bemühungen helfen, die drastischen ökologischen und sozialen Schäden zu begrenzen.

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