Seit Anfang Juli 2019 gelten Einschränkungen für den Handel mit Schweizer Aktien an Börsenplätzen in der EU. Was heisst das für Sie als Anlegerin und Anleger?
Was hat sich am 1. Juli 2019 geändert?
Viele Schweizer Aktien lassen sich nicht nur über Schweizer Börsenplätze handeln, sondern alternativ auch über ausländische. Doch seit Anfang Juli stehen für Kauf- und Verkaufsaufträge von Schweizer Aktien bis auf Weiteres keine EU-Börsenplätze mehr zur Verfügung. Anders als vorher können also z.B. UBS-Aktien nicht mehr über das deutsche Handelssystem Xetra, über diverse deutsche Regionalbörsen oder über die Pariser Börse Euronext gekauft und verkauft werden.
Im Alltag sind Schweizer Privatanlegerinnen und -anleger von der Einschränkung kaum betroffen. In diesem Kundensegment werden Schweizer Aktien praktisch ausschliesslich über die inländischen Börsenplattformen SIX und BX Swiss (der früheren Berner Börse) gehandelt, da der Schweizer Heimmarkt in der Regel bessere Kauf- und Verkaufspreise bietet als ausländische Finanzmärkte.
Was gilt bei Schweizer Aktien mit Doppelkotierungen?
Hier gilt eine Ausnahmeregelung. Aus historischen Gründen haben einige Schweizer Firmen eine Doppelkotierung in der EU, wie z.B. LafargeHolcim in Paris, ABB in Stockholm oder Aryzta in Dublin. Lässt sich eine Schweizer Firma an einer ausländischen Börse doppelkotieren, erfüllt sie zusätzlich zu den Börsenregeln in der Schweiz auch jene des Zweitmarkts – wie wenn es sich um ein lokales Unternehmen handeln würde. Doppelkotierte Schweizer Aktien können daher weiterhin über EU-Börsen gekauft und verkauft werden.
Gilt die neue Regelung auch für andere Wertschriften als Aktien?
Betroffen sind nur Aktien von Schweizer Unternehmen. Andere Wertpapiere von Schweizer Firmen (Obligationen, Strukturierte Produkte, Fonds, ETF usw.) können weiterhin an einer EU-Börse gehandelt werden.
Was ist der Grund für die neue Regelung?
Seit 1. Juli 2019 verweigert die EU der Schweiz die Anerkennung der sogenannten Börsenäquivalenz. Das heisst, sie stuft die Regulierung der Schweizer Börse nicht mehr als gleichwertig mit jener in der EU ein. Infolgedessen wäre es EU-Wertschriftenhändlern nicht mehr erlaubt, Schweizer Beteiligungspapiere an einer Schweizer Börse zu kaufen oder zu verkaufen.
Doch der Bundesrat unterläuft die Weigerung der EU mit einem eigenen Verbot. So hält er in einer Verordnung fest, dass in Ländern, deren Finanzmarktregulierung erhebliche Einschränkungen gegenüber der Schweiz vorsehen, keine Schweizer Aktien mehr gehandelt werden dürfen. Damit nutzt die Schweiz eine Hintertüre: Wenn nämlich ausländische Aktien nicht «systematisch und regelmässig» in der EU gehandelt werden, benötigt die ausländische Börse gemäss der EU-Finanzmarktverordnung (MiFIR) keine Äquivalenzanerkennung. Dadurch können EU-Wertschriftenhändler weiterhin Schweizer Aktien in der Schweiz kaufen und verkaufen, ohne EU-Recht zu verletzen. Gleichzeitig dürfen sie Schweizer Aktien aber nicht mehr in der EU handeln, weil sie dann Schweizer Recht verletzen.
Weitere Informationen finden sich unter diesem Link der Schweizer Börse SIX. Zudem hat die SIX bekanntgegeben, als Teil der neuen Regelung den Handel mit ausländischen Aktien bis auf Weiteres einzustellen. Betroffen sind nicht nur Titel aus EU-Staaten; beispielsweise auch US-Titel können nicht mehr über die SIX gekauft und verkauft werden. Beachten Sie: Sämtliche Regelungen sind Teil eines politischen Prozesses, Änderungen bleiben vorbehalten.
Gilt die neue Regelung auch für Börsen ausserhalb der EU?
Nein, an Börsen ausserhalb der EU können weiterhin Schweizer Aktien gehandelt werden. So lassen sich z.B. die Titel der UBS und zahlreicher anderer Schweizer Unternehmen an US-Börsen kaufen und verkaufen. Im Fall Grossbritanniens wird abzuwarten sein, ob das Land nach einem EU-Austritt an Einschränkungen gegenüber der Schweiz festhält.