Summa summarum zeichnet sich für 2020 bei Mietwohnungen eine stabile Mietzinsentwicklung ab, die jedoch regional stark variiert. Fragezeichen bestehen in peripher gelegenen Märkten und bei Bestandesliegenschaften.
2019 befragte die CSL Immobilien AG erstmals landesweit Immobilienexpertinnen und -experten, wie sie die Nachfrage und Preisentwicklung im Wohnungsmarkt einschätzen. Die Umfrage zeigt auch die Erwartungen für 2020 in den sieben grossen Schweizer Wirtschaftsregionen Zürich, Basel, Bern, Genf, Lausanne, Luzern und St. Gallen/Ostschweiz auf.
Seitwärtsbewegung erwartet
Bei den Mietpreisen erwarten die meisten Expertinnen und Experten eine Seitwärtstendenz. In Zürich und Basel macht diese auf Stabilität setzende Gruppe rund 36 Prozent aus, in Bern gegen 44 Prozent und in Genf sogar über 55 Prozent. Aus der Reihe fällt die Ostschweiz, wo je 44 Prozent der Antwortenden eine gleichbleibende oder leicht sinkende Mietpreisentwicklung erwarten. Noch schwächer fallen die Erwartungen in der Innerschweiz respektive Luzern aus – mit rund einem Drittel der Befragten, die gleichbleibende Mieten erwarten, und gegen 50 Prozent, die leicht sinkende Preise prognostizieren. Diese Aussichten dürften mit der starken Wohnbauentwicklung in der Ostschweiz wie auch in der Luzerner Agglomeration zusammenhängen.
Insgesamt bestätigt sich bei den Mietpreiserwartungen für 2020, dass die Wohnmärkte in den Zentren Zürich, Basel, Bern und Genf eine landesweite Ausnahmeerscheinung darstellen. In allen diesen Räumen erwarten mehr als 70 Prozent der Expertinnen und Experten im kommenden Jahr stabile oder steigende Mietpreise.
Stockwerkeigentum läuft weiterhin gut
Auch beim Stockwerkeigentum sind die Vorzeichen für 2020 positiv. Der Grossteil der Immobilienexperten geht in der Umfrage von steigenden Kaufpreisen aus. In Luzern erwarten sogar alle befragten Fachleute gleichbleibende oder steigende Preise. Oder vom anderen Ende her betrachtet: Mit Ausnahme der Märkte Lausanne und St. Gallen erwarten überall die wenigsten Expertinnen und Experten sinkende Kaufpreise. Diese für die Angebotsakteure positive Entwicklung ist weitgehend auf die auch 2020 anhaltende Niedrigzinssituation zurückzuführen, welche die Nachfrage weiterhin befeuert.
Räume zwischen den Zentren sind problematisch
Während sich der Wohnmarkt in den städtischen Zentren und ihren Agglomerationen 2020 somit insgesamt seitwärts oder an sehr guten Lagen leicht aufwärtsbewegen dürfte, verdeutlichte unsere aktuelle Umfrage die Probleme der Zwischenräume. Viele Investoren meiden Gegenden wie die periphere Ostschweiz, gewisse Teile des Aargaus oder des Kantons Solothurn. Dabei handelt es sich um jene Gebiete, die bereits heute von hohen Leerständen geprägt sind. Eine Entspannung ist dort auch 2020 nicht zu erwarten. Ganz im Gegenteil: Die Herausforderungen dürften hier noch wachsen.
Wer in den Zwischenräumen erfolgreich investieren will, muss sehr selektiv vorgehen. Ein Schlüsselfaktor ist eine hervorragende Anbindung an den öffentlichen wie auch an den motorisierten Individualverkehr. Zudem ist der Markt in solchen Gebieten sehr preissensitiv.
Die Nervosität der Eigentümer nimmt zu
Die aktuelle Marktlage führt bei zahlreichen Eigentümern und Vermietern zu einer teilweise berechtigten Besorgnis. Es werden jedoch zunehmend voreilig Notfallplanungen für eine eventuell stockende Nachfrage erörtert, auch wenn die Vermietung nach Plan läuft oder Mietpreissenkungen als eigentlich letztes Mittel in der Not diskutiert werden. Doch nur selten hilft Aktionismus gegen vermeintliche Herausforderungen. Vielmehr empfiehlt es sich hier, am eingeschlagenen Kurs festzuhalten und erst im entsprechenden Fall selektive Massnahmen zu ergreifen.
Gegenüber den vergangenen Marktzyklen lässt sich beobachten, dass sich die Investoren intensiver im Vorfeld mit Standorten oder Projekten auseinandersetzen. Zugute kommt ihnen dabei umfassendere Datengrundlagen und die in den letzten Jahren stark verbesserten Analysemöglichkeiten. Analysetools liefern zunehmend belastbare Entscheidungsgrundlagen, die nicht nur auf die Datenrückschau fokussieren, sondern auch Modellierungen in die Zukunft ermöglichen. Sie können wesentlich dazu beitragen, das Investitionsrisiko zu minimieren. Trotz aller Möglichkeiten, die die fortschreitende Digitalisierung bietet, bleibt die Kombination mit der lokalen Marktkompetenz einer der grossen Erfolgsfaktoren.
Bestandesliegenschaften unter Druck
Wir erwarten, dass sich 2020 aufgrund der hohen Bautätigkeit auch die Problematik der Bestandesliegenschaften verschärfen wird. Auch bei neueren Gebäuden mit einem Alter von bis zu zehn Jahren sind die Mietpreise noch auf einem ähnlichen Niveau wie bei Neubauten. Da die Ansprüche der Mieter an die Repräsentativität ihrer Wohnungen und an deren Umfeld gestiegen sind, haben solche Bestandesliegenschaften heute im Vergleich schlechtere Karten.
Unsere aktuelle Umfrage unter Mietern zeigt, dass der mangelhafte Unterhalt nach dem Preis einer Liegenschaft die zweithäufigste Umzugsmotivation noch vor der Grösse der Wohnung sein kann. Wer den nachhaltigen Cashflow einer Bestandesliegenschaft sicherstellen will, sollte deshalb genügend finanzielle Mittel für den Unterhalt bereitstellen und das Gebäude periodisch einer Revitalisierung oder sogar einer Repositionierung unterziehen.
(Dieser Beitrag erschien in der Ausgabe Dezember 2019 der Publikation Immobilia von SVIT Schweiz.)