Wertet sich der Euro gegenüber dem Schweizer Franken auf? Oder ist der Dollar zum Euro schon wieder gefallen? An den weltweiten Finanzmärkten sorgen Devisen immer wieder für Schlagzeilen. Doch was genau ist eigentlich der Devisenmarkt?
Ferienzeit ist Reisezeit. Zeit also, Geld zu wechseln. Jeder Urlaubsreisende, der auf einer Bank die ausländische Währung seiner Zieldestination kauft, nimmt dabei am Notenhandel teil und damit sozusagen auch am Devisenhandel. Sie wechseln beispielsweise Schweizer Franken (CHF) gegen Euro (EUR) oder Dollar (USD) zum aktuellen Wechselkurs. Oder anders ausgedrückt: Sie verkaufen Franken und kaufen im Gegenzug gleichzeitig Euro oder Dollar. Wenn Sie aus dem Urlaub zurückkehren, verkaufen Sie die Fremdwährung wieder gegen Ihre Lokalwährung, also gegen den Franken. Alle Devisengeschäfte werden zwangsläufig immer paarweise durchgeführt.
Der internationale Devisenmarkt, kurz Forex oder FX (für Foreign exchange market) genannt, unterscheidet sich von anderen Finanzmärkten allein schon durch seine schiere Grösse. Gemäss der dreijährlichen «BIS Triennial Central Bank Survey», einer Studie der in Basel domizilierten Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, beträgt das durchschnittliche Handelsvolumen am Devisenmarkt 5,1 Billionen Dollar pro Tag (Stand April 2016). Das entspricht etwa 210 Milliarden Dollar pro Stunde. Damit ist der Forex-Markt der weitaus grösste und liquideste Finanzmarkt rund um den Erdball. Zum Vergleich: An der Weltleitbörse, der New York Stock Exchange (NYSE), werden pro Tag durchschnittlich Aktien für rund 30 Milliarden Dollar umgesetzt. Selbst das kumulierte Tagesvolumen aller Aktienbörsen weltweit entspräche nur etwa einem Viertel des täglichen Handelsvolumens am internationalen Währungsmarkt.
Der Dollar ist in rund 88% aller Devisenmarkttransaktionen involviert.
Einzigartig am FX-Markt ist zudem: Es gibt keinen zentralen Marktplatz für Devisen. Der Devisenhandel findet elektronisch im ausserbörslichen Handel (OTC; over-the-counter) statt. Alle Transaktionen erfolgen über Computernetzwerke zwischen Händlern, Zentralbanken, Finanzgesellschaften, Unternehmen, Spekulanten usw. auf der ganzen Welt – statt über einen zentralen Handelsplatz. Der Markt ist dabei 24 Stunden am Tag und fünfeinhalb Tage pro Woche geöffnet. Das bedeutet unter anderem: Wenn der Handelstag in den USA endet, beginnt der Forex-Markt in Tokio und Hongkong neu. Daher ist der Devisenhandel auch zu jeder Tageszeit sehr aktiv und liquide. Er konzentriert sich auf die wichtigsten Finanzzentren der Welt wie London, New York, Singapur, Hongkong, Tokio und Zürich. Auf die Schweiz entfallen insgesamt 2,4% des weltweiten Devisenhandels.
Die meistgehandelte Währung ist der Dollar. Der Greenback ist in rund 88% aller Devisenmarkttransaktionen involviert. Dahinter folgen der Euro (31,4%) und der Yen (JPY; 21,6%). Mit gut 4,8% rangiert der Schweizer Franken auf Platz 7 der weltweiten Top Ten. Da der Devisenhandel immer in Währungspaaren wie EUR/USD oder CHF/EUR erfolgt, in einer Devisentransaktion also immer zwei unterschiedliche Währungen involviert sind, entspricht das Total nicht 100%, sondern 200%. Das wichtigste Währungspaar wiederum ist USD/EUR (23,1%), gefolgt von USD/JPY (17,8%) und USD/GBP (9,3%). Etwa 3,6% des globalen Devisenhandels finden im Währungspaar USD/CHF statt. In nur sieben Währungspaaren konzentrieren sich rund 70% des Devisenhandels. Zu den wichtigsten Akteuren am Devisenmarkt zählen die Grossbanken Deutsche Bank, Citi, Barclays, UBS und HSBC.
Wenn vom Devisenmarkt die Rede ist, verstehen die meisten Menschen den Spotmarkt darunter.
Es gibt drei Arten, wie Institutionen, Unternehmen oder Privatpersonen am Devisenhandel teilnehmen können: am Spotmarkt, am Forwards- oder am Futuresmarkt. Am Spotmarkt werden Währungen zum aktuellen Kurs gekauft und verkauft. Der Wechselkurs zweier Währungen spiegelt dabei die unterschiedlichsten Faktoren, beispielsweise die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes, gegenwärtige Zinssätze, politische Ereignisse und Einflüsse, Naturkatastrophen oder die Wahrnehmung der Händler punkto künftiger Entwicklung eines Währungspaars. Beim Spot-Deal handelt es sich um eine bilaterale Transaktion, bei der eine Partei der Gegenpartei einen bestimmten Währungsbetrag verkauft und dafür zum aktuellen Wechselkurs den entsprechenden Betrag in Fremdwährung erhält. Wenn vom Devisenmarkt die Rede ist, verstehen die meisten Menschen den Spotmarkt darunter.
Am Forwards-Markt wiederum werden Devisen wie am Spot-Markt gehandelt – mit dem Unterschied, dass der Liefertermin in der Zukunft liegt, wobei die beiden Parteien die Bedingungen untereinander vereinbaren. Das heisst, bei einer Forwards-Transaktion kaufen oder verkaufen die Parteien einen bestimmten Währungsbetrag zu einem festgelegten Preis. Exportorientierte Unternehmen können so beispielsweise das Währungsrisiko verringern bzw. sich gegen Währungsfluktuationen absichern.
Im Gegensatz zum Spotmarkt werden an den Futures-Märkten keine «realen» Währungen gehandelt, sondern Finanzinstrumente auf die zugrundeliegenden Basiswährungen. Es handelt sich um standardisierte Kontrakte, die einen Anspruch auf einen bestimmten Währungstyp, einen bestimmten Preis und einen künftigen Termin für das Settlement (Abrechnung) darstellen. Devisen-Futures werden über sogenannte Terminbörsen wie die Chicago Mercantile Exchange gehandelt.
Devisen handeln kann sehr einträglich sein. Allerdings ist der Devisenmarkt aufgrund seiner Sensibilität und höheren Volatilität für unerfahrene Trader sehr risikoreich. Denn beim Devisenhandel müssen immer zwei Volkswirtschaften und oft auch mehrere Wirtschafts- und Konjunkturindikatoren, die mitunter widersprüchlich sind, gleichzeitig beobachtet werden. Welches Land hat beispielsweise das kräftigere BIP-Wachstum oder höhere Beschäftigung, wie verhalten sich Zinsen, Inflation oder Einkaufsmanager-Indizes, wer hat die Wahlen gewonnen. Vor dem Start in den Devisenhandel sollten Anleger daher sorgfältig ihren Erfahrungsstand, ihre Anlageziele und Risikobereitschaft überprüfen.
Zum einen lassen sich Kursentwicklungen auf kurze Sicht kaum vorhersehen, zum anderen spielen Politik, Zentralbanken und Krisen eine beträchtliche Rolle bei Wechselkursfluktuationen und können die Wechselkursrelationen mitunter auch künstlich verzerren. Stichworte dazu sind etwa der Frankenschock von Januar 2015, ausgelöst durch die Aufhebung des 2011 eingeführten Euro-Mindestkurses, die fortwährenden Devisenmarktinterventionen der Schweizerischen Nationalbank zur Schwächung des Frankens, die unkonventionelle Geldpolitik der Notenbanken weltweit oder spekulativ motivierte Währungsangriffe von Grossinvestoren. Für die meisten Privatanleger sind Devisengeschäfte zu riskant. Die Gefahr, sich dabei die Finger zu verbrennen, ist sehr hoch. Nichtsdestotrotz wird dieser Blog künftig in loser Folge auf weitere Aspekte des Devisenmarkts eingehen.