Der Schweizer Immobilienmarkt war 2019 von stark gegenläufigen Tendenzen zwischen Zentrumslagen und peripheren Standorten geprägt. Das zeigt der Immobilienmarktbericht 2020 der Immobiliendienstleisterin CSL Immobilien, einer Partnerin der Migros Bank.
In den Schweizer Zentren herrschte im vergangenen Jahr weiterhin Wohnungsnot, während eher peripher gelegene Regionen deutlich erhöhte Leerstandsquoten verzeichneten. Auch auf dem Büromarkt hoben sich die absoluten Toplagen ab und waren weiterhin stark gesucht, während an den anderen Standorten die Vermieter grosse Zugeständnisse für eine erfolgreiche Vermietung machen mussten. «Trotz dieser stark gegenläufigen Tendenzen präsentiert sich der Markt insgesamt in einer stabilen und robusten Verfassung», sagt Yonas Mulugeta, CEO von CSL Immobilien.
Seitwärtsbewegung der Netto-Anfangsrenditen
Die Entwickelung auf dem Schweizer Immobilienmarkt wurde vergangenes Jahr entscheidend durch die tiefen Zinsen geprägt. Der ursprünglich für 2020/2021 prognostizierte Zinsanstieg rückte 2019 nach den Entscheiden der amerikanischen Notenbank Fed und der Europäischen Zentralbank in weite Ferne. Dies führte in den verschiedenen Immobilien-Anlageklassen beinahe ausnahmslos zu einer Seitwärtsbewegung der Netto-Anfangsrenditen auf dem im Vorjahr erreichten Tiefststand.
Bei näherer Betrachtung zeigt sich aber, dass die Zahlungsbereitschaft in allen Klassen immer stärker auseinanderklafft. Einer der Gründe dafür ist, dass in unterschiedlichen Anlageformen engagierte Investoren wie Pensionskassen und Versicherer mit einem Renditeunterschied zu den aktuell negativ verzinsten Anlagen wie Bundesobligationen rechnen. Rein in Immobilien investierte Anleger können diese Sichtweise nicht einnehmen und daher in der Regel nicht mit derart tiefen Netto-Anfangsrenditen mithalten, wie sie die Pensionskassen und Versicherer akzeptieren. Vor dem Hintergrund zunehmender Marktrisiken und regulatorischer Vorgaben bleiben stabile Cashflows und die Generierung attraktiver und gleichzeitig risikoadjustierter Renditen 2020 eine grosse Herausforderung.
Wohnmärkte in Zentren und Peripherie driften noch weiter auseinander
Vordergründig gute Nachrichten kamen 2019 vom Wohnmarkt. Die landesweite Leerstandsquote stieg nur noch leicht von 1,62 auf 1,66 Prozent. Eine Entwarnung ist jedoch nicht in Sicht, da die Entwicklung je nach Region sehr unterschiedlich verlaufen ist. In verschiedenen Agglomerationsgebieten ist der Mietwohnungsmarkt mit Leerstandquoten von über 2 Prozent aus dem Gleichgewicht geraten.
Die höchsten Leerstandsquoten weisen die Regionen Olten-Zofingen mit 4,0 und Solothurn mit 3,2 Prozent auf. In Kernstädten wie Zürich, Zug, Genf, Lausanne und Basel dagegen herrscht weiterhin Wohnungsnot – ausser im Luxussegment ab Monatsmieten von 4500 Franken. Diese gegenläufigen Tendenzen dürften sich 2020 im Mietwohnungsmarkt weiter akzentuieren. Die Eigentumspreise zogen 2019 insgesamt leicht an und werden diese Bewegung 2020 fortsetzen.
Büromarkt: City-Revival vermittelt falsches Bild
Die innert sechs Monaten verfügbaren Büroflächen nahmen in den Schweizer Agglomerationen um 5 Prozent auf rund 1,85 Mio. m2 zu. Gegenüber dem Vorjahr bedeutete dies eine Trendumkehr. Zwischen den einzelnen Marktgebieten zeigten sich jedoch sehr grosse Unterschiede. An zentralen Toplagen wie der Zürcher Innenstadt drehte der Büromarkt 2019 von einem Mieter- zu einem Vermietermarkt. Dieses Revival der City trug zu einer Reduktion der verfügbaren Fläche im gesamten Wirtschaftsraum Zürich um 20 Prozent auf rund 754’000 m2 bei. Allerdings vermittelt das so entstehende Bild nur die halbe Wahrheit: Für den allergrössten Teil der Schweizer Agglomerationen, inklusive jener von Zürich, gilt weiterhin, dass die Eigentümer für eine erfolgreiche Vermietung grosse Zugeständnisse in Kauf nehmen müssen.