Welche Versicherungen brauchen Wohneigentümer?

Wenn Sie Wohneigentum bauen oder kaufen, tätigen Sie damit meist das grösste Investment Ihres Lebens. Entsprechend gut sollten Sie es gegen allfällige Schäden versichern. Dafür gibt es zehn Versicherungen, die Sie sich näher anschauen sollten.

1. Bauzeitversicherung

Wenn Sie bauen oder umbauen, benötigen Sie bereits ab dem ersten Spatenstich eine Versicherung. Mit Ausnahme von AI, GE, TI und VS kennen nämlich alle Kantone eine obligatorische Versicherung für Neubauten – aber auch für An- und Umbauten, die den Gebäudewert um einen wesentlichen Betrag erhöhen, je nach Kanton um mindestens 30 000 bis 50 000 Franken. Diese so genannte Bauzeitversicherung, auch Rohbauversicherung genannt, deckt Schäden an Ihrem Bauprojekt aufgrund von Feuer- und Elementarereignissen. Ebenfalls übernommen werden die Folgekosten, wie z.B. für das Aufräumen nach einem Schadenfall. Angeboten wird die Bauzeitversicherung von jenen Unternehmen, die im betreffenden Kanton die Gebäudeversicherung offerieren (siehe Punkt 4).

2. Bauwesenversicherung

Die Bauwesenversicherung ergänzt die Bauzeitversicherung, indem sie diverse weitere Schadensrisiken abdeckt, wie z.B. Diebstahl und Vandalismus auf der Baustelle oder Bauunfälle durch unachtsame Arbeit. Eingeschlossen sein kann eine Mehrkostendeckung – etwa wenn eine Mauer einstürzt und für den termingerechten Bauabschluss Überstunden geleistet oder zusätzliche Arbeitskräfte eingesetzt werden müssen.
Bei der Bauwesenversicherung spielt es keine Rolle, wer den Schaden verursacht hat. Sie müssen sich also nicht mit der Versicherung des jeweiligen Handwerkers oder Bauunternehmens auseinandersetzen.

3. Bauherrenhaftpflicht

Wenn Sie ein Bauvorhaben ausführen, haften Sie für Schäden, die Sie Dritten zufügen. Das kann der Fall sein, wenn sich beispielsweise Kinder beim Sturz in eine ungenügend abgesicherte Baugrube verletzen. Oder wenn die Bauarbeiten Risse im Nachbargebäude verursachen.

4. Gebäudeversicherung

Ist Ihr Bau vollendet, ist das fertiggestellte Gebäude in den meisten Kantonen obligatorisch zu versichern, ausgenommen in AI, GE, TI, VS. Die Gebäudeversicherung erfolgt in der Regel über kantonale Monopole – ausser in den so genannten Gustavo-Kantonen, abgekürzt für GE, UR, SZ, TI, AI, VS, OW.
Sowohl die kantonalen als auch die privaten Gebäudeversicherungen decken Schäden am Gebäude und an allen fest mit dem Gebäude verbundenen Einrichtungen, wie z.B. an Badwannen, Lavabos, Türen, Heizung, Solaranlagen, Gebäudeglas und fest eingebauten Haushaltgeräten (Kochherd, Kühlschrank usw.). Aufgepasst bei Sonnenstoren und Markisen: Je nach Kanton gelten sie nicht als Teil des Gebäudes und sind daher via Hausratversicherung zu decken. Siehe hierzu Punkt 8.
Und ebenfalls aufgepasst: Die Gebäudeversicherung übernimmt nur Feuerschäden (inklusive Blitzschlag und Kurzschluss in elektrischen Leitungen) sowie Elementarschäden (Hochwasser, Überschwemmung, Sturm, Hagel, Lawine, Schneedruck, Felssturz, Steinschlag und Erdrutsch).
Als Zusatzdeckung lassen sich die Folgekosten von Feuer- und Elementarschäden versichern, wenn das Haus unbewohnbar wird – also z.B. Mietzinsausfälle oder die Kosten für eine Ersatzwohnung des Eigentümers. Als weitere Zusatzdeckungen existieren die Umgebungsversicherung (Versicherung von Swimmingpool, Garten, Gartenzaun/-mauer usw.) sowie der Einschluss «zusätzlicher Gefahren» (Versicherung gegen Vandalen-, Insekten- und Verbissschäden durch Nagetiere sowie Kollisionsschäden durch Fahrzeuge).
Gebäudeversicherungen und Zusatzdeckungen sind durch den Wohneigentümer abzuschliessen, bei Eigentumswohnungen durch die Stockwerkeigentümerschaft.

5. Erdbebenversicherung

Erdbeben zählen zu den Elementarereignissen. Solche Schäden werden aber von der Gebäudeversicherung nicht übernommen, ausser in beschränktem Umfang im Kanton ZH. Im Härtefall können Wohneigentümer zwar auf den «Schweizerischen Pool für Erdbebendeckung» zurückgreifen. Diesem sind jedoch nur die 17 kantonalen Gebäudeversicherer angeschlossen, und die verfügbaren Mittel sind auf zwei Milliarden Franken limitiert. Wer eine umfassende Erdbebendeckung wünscht, muss sie bei einer privaten Versicherungsgesellschaft abschliessen. Innerhalb der Schweiz ergeben sich enorme Prämienunterschiede zwischen den einzelnen Landesgegenden, und je Standort mag sich eine solche Versicherung empfehlen.
Entschliesst man sich für eine Erdbebenversicherung, ist sie wie die Gebäudeversicherung durch den Wohneigentümer abzuschliessen, bei Eigentumswohnungen durch die Stockwerkeigentümerschaft.

6. Gebäudewasserversicherung

Wasser ist nicht gleich Wasser – nicht alle Wasserschäden werden durch die Gebäudeversicherung abgedeckt. Vereinfacht gesagt: Nur wenn das Wasser von der Oberfläche her ins Gebäude läuft und es durch ein Elementarereignis (z.B. eine Überschwemmung) oder durch Feuer (Löschwasser) verursacht wird, muss die Gebäudeversicherung zahlen. Dringt es dagegen von unten her ins Gebäude ein, etwa durch den Rückstau der Kanalisation oder durchs Grundwasser, zahlt die Gebäudeversicherung nicht. Dasselbe gilt bei Schmelzwasser oder bei geplatzten Wasser- und Heizungsleitungen. Hier springt stattdessen die Gebäudewasserversicherung ein. Sie versichert in der Regel auch einen gewissen Betrag an Freilegungskosten, üblicherweise 10 000 Franken. Damit werden Aufwendungen zur Freilegung des Lecks finanziert, bevor die Reparatur beginnen kann.
Die Gebäudewasserversicherung ist, wie die Gebäude- und die allfällige Erdbebenversicherung, durch den Wohneigentümer abzuschliessen, bei Eigentumswohnungen durch die Stockwerkeigentümerschaft

7. Gebäudeglasversicherung

Beim Haus ist zu unterscheiden zwischen dem fest mit dem Gebäude verbundenem Glas, dem so genannten Gebäudeglas (Fensterscheiben, Keramikkochflächen, Lavabos usw.) und Mobiliarglas (Vitrinen, Glastische usw.). Die Gebäudeversicherung deckt Gebäudeglas nur gegen Feuer und Elementarereignisse, nicht aber gegen sonstige Schäden, z.B. wenn eine Parfümflasche ins Lavabo fällt und dieses beschädigt. Solche Schäden am Gebäudeglas deckt die Glasbruchversicherung, zusammen mit Schäden am Mobiliarglas. Die Glasbruchversicherung kann zusammen mit der Hausratversicherung abgeschlossen werden (siehe Punkt 8).

8. Hausratversicherung

Vom Grundsatz her deckt die Hausratversicherung Schäden an beweglichen Sachen, die nicht fest mit dem Gebäude verbunden sind. Dazu zählen typischerweise Möbel, Kleider, Konsumelektronik- und Sportgeräte, aber auch Wertgegenstände wie Bargeld und Schmuck. Versichern lassen sich Feuer-, Wasser- und Elementarschäden sowie Diebstahl und Glasbruch.

9. Privat- und Gebäudehaftpflicht

Löst sich vom Dach Ihres Hauses ein Ziegel und trifft ein parkiertes Auto, haften Sie als Wohneigentümer für den Schaden. Dasselbe gilt, wenn z.B. ein Besucher auf Ihrer schlecht beleuchteten Treppe ausrutscht. Eine private Haftpflichtversicherung sichert Sie gegen solche Risiken ab – und zwar sowohl als Eigentümer Ihres selbst bewohnten Einfamilienhauses wie auch als Eigentümer eines selbst bewohnten Mehrfamilienhauses mit maximal drei Wohnungen. Für Eigentümer grösserer Objekte oder für Stockwerkeigentümerschaften empfiehlt sich anstelle einer Privathaftpflicht- eine Gebäudehaftpflichtversicherung.

10. Rechtsschutzversicherung

Rechtsstreitigkeiten können Sie teuer zu stehen kommen – sei es als Hauseigentümer mit Ihrem Nachbarn, als Besitzer einer Eigentumswohnung mit anderen Stockwerkeigentümern oder als Wohneigentümer mit dem Mieter. Eine Rechtsschutzversicherung mag hilfreich sein. Allerdings ist das Kleingedruckte zum Deckungsumfang genau zu lesen. Denn je nach Rechtsschutzpolice sind Streitigkeiten von Wohneigentümern nur sehr beschränkt versichert oder gänzlich von der Deckung ausgenommen.

Versicherungen für Wohneigentümer im Überblick
VersicherungsartBeschreibungBemerkungenBeispiel
GebäudeversicherungDeckt Schäden am Gebäude und an fest montierten Gebäudeteilen durch Feuer und Elementarereignisse (ohne Erdbeben). Dringend zu empfehlen, in den meisten Kantonen sowieso obligatorisch. Durch Sturm wird das Dach beschädigt.
HausratversicherungDeckt Schäden am Hausrat durch Feuer, Wasser, Elementarereignisse, Diebstahl und Glasbruch. Dringend zu empfehlen.Bei einem Einbruch werden Wertgegenstände gestohlen.
Privat- und Gebäudehaftpflicht Deckt Personen- und Sachschäden, die Dritten zugefügt werden. Dringend zu empfehlen.Ein vom Dach herunterfallender Ziegel verletzt einen Fussgänger.
BauherrenhaftpflichtDeckt Personen- und Sachschäden, die infolge der Bauarbeiten Dritten zugefügt werden.Dringend zu empfehlen.Beim Bauaushub wird eine elektrische Leitung gekappt, und es kommt im Quartier zu einem Stromausfall.
Rechtsschutzversicherung Deckt die Kosten von Rechtsstreitigkeiten. Deckt Gebäudeschäden, die z.B. von defekten.EmpfehlenswertStreit mit dem Nachbarn wegen Grenzabständen.
GebäudewasserversicherungWasserleitungen oder von Ab- und Grundwasser verursacht werden. EmpfehlenswertEin Leck in der Bodenheizung führt zu Wasserschäden.
BauwesenversicherungDeckt allgemeine Schäden am Bauobjekt.EmpfehlenswertDas Baugerüst stürzt ein und beschädigt die Fenster des Bauobjekts.
ErdbebenversicherungDeckt Erdbebenschäden. Je nach Standort empfehlenswert. Ein Erdstoss verursacht Risse am Gebäude.
GebäudeglasversicherungDeckt Schäden an Fensterscheiben, Keramikkochflächen, Lavabos usw. Je nach Glasmenge empfehlenswert.Das Lavabo hat einen Sprung.
BauzeitversicherungElementarschäden am Bauobjekt.In den meisten Kantonen obligatorisch.Ein Sturm beschädigt das Bauobjekt.

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3 Kommentare über “Welche Versicherungen brauchen Wohneigentümer?”

  1. Gute Auflistung, vorallem auch auf die Gebäudewasserversicherung ist Wert zu legen. Den beschriebenen Umstand im Artikel (Rückstau in der Kanalisation) habe ich selber schon erlebt.

  2. Guten Tag
    Welche Versicherung deckt den Schaden, wenn z.B. unser Baum bei Sturm umstürzt und das Haus eines Nachbarn beschädigt?
    M.R.

    1. Guten Tag
      Eine gute Übersicht über die Haftung bei Schäden infolge umgestürzter Bäume oder abgerissenener Äste finden Sie hier beim HEV Schweiz. Kurz gesagt, für den Fall, dass Ihr umgestürzter Baum beim Nachbarn Schaden anrichtet:
      – Sie bzw. Ihre Gebäude- oder Privathaftpflichtversicherung müssen für den Schaden aufkommen, wenn die Anpflanzung fehlerhaft erfolgte oder Ihnen mangelhafter Unterhalt des Baums vorgeworfen werden kann.
      – Ist dies nicht der Fall, gilt das Ereignis als Folge der Naturgefahr Sturm. Für diesen trifft Sie als Eigentümer keine Haftung, da das schadenverursachende Ereignis ausserhalb Ihres Machtbereiches liegt. In diesem Fall müsste die Gebäudeversicherung des geschädigten Nachbarn für den Elementarschaden aufkommen.
      Freundliche Grüsse, Urs Aeberli

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