Real Estate houses

Wann macht eine private Immobilien-AG Sinn?

In den letzten Jahren haben immer mehr Private den Reiz von Immobilien als Kapitalanlage entdeckt. Meist halten sie Wohnungen und Mehrfamilienhäuser im Privatbesitz. Selbst in einem kleineren Rahmen kann sich die Gründung einer Immobilien-AG lohnen – damit die steuerliche Aufrechnung von Mieteinnahmen nicht die Steuerprogression anheizt. 

Wer ganz einfach seine eigene Immobilie bewohnt, verliert wohl kaum je einen Gedanken an die Gründung einer Immobilien-AG – also die Immobilie in eine eigens dafür gegründete Aktiengesellschaft einzubringen. Private, die eine Ferienwohnung in den Bergen besitzen, werden es exakt gleich halten. Grundsätzlich gilt aber: Immobilien können als Privatvermögen, als Geschäftsvermögen oder in Form einer Immobilien-AG gehalten werden – oder auch als GmbH, was steuerlich absolut dasselbe ist wie die AG. 

AG: In vielen Varianten denkbar

«Ist die Gründung einer Aktiengesellschaft nicht primär etwas für grosse und professionelle Investoren?», werden sich wohl viele Privatanleger*innen fragen. Immer mehr Steuerberater und Treuhänder sehen allerdings triftige Gründe, dass sich auch Private mit der Frage befassen sollten. Nehmen wir ein Beispiel: Eva und Markus M. (Name geändert) besitzen neben ihrer eigenen Wohnung privat noch vier Stockwerkeinheiten. In den letzten Jahren haben sie diese Wohnungen zum Zweck einer längerfristigen Kapitalanlage erworben und an Dritte vermietet. Wer über etwas Vermögen verfügt oder solches geerbt hat, erreicht bald einmal die Schwelle für solche Immobilieninvestments. Bei einer Belehnung von zum Beispiel 70 oder 75 Prozent reicht je nach Lage bereits ein Vermögen von einer Million Franken zum Kauf von vier Eigentumswohnungen. 

Markus und Eva M. sind Doppelverdiener und befinden sich in einer relativ hohen Steuerprogression. Aus der Vermietung der Immobilien erzielen sie ein zusätzliches Einkommen von 50’000 Franken, das zu den beiden Erwerbseinkommen hinzuaddiert wird. Damit kommen sie in eine noch höhere Progressionsstufe. «Bei einer solchen Konstellation ist zu bedenken, dass die erhöhte Steuerprogression dann für das gesamte Erwerbseinkommen und oft über eine längere Zeitdauer zu Buch schlägt», sagt Hans Marugg von der Treuhand Marugg + Imsand AG.

In unserem Fallbeispiel handelt es sich um Eigentumswohnungen, deren Vermietung regelmässige, vergleichsweise attraktive Ausschüttungen verspricht. Genauso gut lassen sich natürlich andere Formen von Liegenschaften vorstellen: Die einen haben ein Mehrfamilienhaus mit ansehnlichem Umschwung und vielleicht sogar mit erheblichen Ausnützungsreserven geerbt. In einem anderen Fall wurde ein Bauernhaus in Familienbesitz eingezont und kann nun mit Reihenhäusern überbaut werden. Die Liste ist natürlich nicht abschliessend. Aber sie verdeutlicht: Oft sind Familien und Private im Besitz von Liegenschaften, die über einiges Potenzial verfügen und eben anders zu organisieren sind als ein selbstbewohntes Wohnhaus. «In den weitaus meisten Fällen ist die Gründung einer Immobilien-AG absolut eine Überlegung wert», betont der Experte Hans Marugg. 

Steuerliche Vorteile der AG

Steuerliche Überlegungen spielen regelmässig eine wichtige Rolle bei der Gründung einer Immobilien-AG. Bei Liegenschaften im Privatvermögen fällt eine erhebliche und oft über Jahrzehnte andauernde steuerliche Mehrbelastung an. Im Gegensatz dazu bietet eine Immobilien-AG wesentlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten: Zwar muss auch eine AG Gewinne versteuern, und die ausgeschütteten Dividenden unterliegen ebenfalls der Besteuerung durch die Aktionäre. Doch durch diese Teilung wird die Progression deutlich gebrochen. Während erwerbstätige Privatpersonen wie im erwähnten Beispiel bald einmal in einen Bereich von 30 oder 35 Prozent Grenzsteuersatz kommen, fallen in der Rechtsform der AG deutlich weniger Steuern an (privilegierte Besteuerung von Dividenden). Hinzu kommt, dass eine AG praktisch unbeschränkt Schuldzinsen in Abzug bringen kann. Anders als bei privat gehaltenen Liegenschaften schafft die Bildung einer AG mehr Gestaltungsspielraum, steuerlich interessante Abschreibungen und Rückstellungen vorzunehmen.  Gestaltungsspielraum gibt es auch bei der Dividende: Je nach längerfristiger Planung und je nach Steuersituation lassen sich die Ausschüttungen variabel halten. Erwirtschaftete Gewinne können auch direkt wieder in der AG investiert werden, womit sie nur teilweise besteuert werden.

Liegenschaften im Privatvermögen bieten den Vorzug, dass sich grössere Umbauarbeiten und Unterhaltsarbeiten grosszügig vom steuerbaren Einkommen abziehen lassen. In Jahren, in denen in grösserem Umfang Arbeiten anfallen, kann dies die Steuerlast spürbar senken. Eine erste Schlussfolgerung: Wer in Immobilien investiert, muss sich zu jedem Zeitpunkt gut überlegen, welche Schritte und welche Investitionen welche steuerlichen Folgen auslösen. Erst recht gilt dies auch für Private, die Immobilien quasi als «4. Säule» für ihre private Altersvorsorge aufbauen. Liegenschaften und die damit verbundenen regelmässigen Erträge sehen heute nicht wenige Private als vergleichsweise solide Anlage – eben mit dem Vorteil eines regelmässigen Einkommens. Auch hier kommt wieder die Variante AG ins Spiel: Denn nach der Pensionierung fallen viele steuerliche Abzugsmöglichkeiten weg (Säule 3a, Kinder- und Ausbildungsabzüge, Berufsauslagen usw.). Die gesamten Einkünfte, inklusive Mieterträge, entsprechen dann fast brutto dem steuerbaren Einkommen. Mit der Variante Immobilien-AG lässt sich die Steuerprogression brechen und die Aufrechnung der Einkünfte vermeiden. Da aber auch die ausbezahlten Dividenden steuerbar sind, gilt es die richtige Balance zu finden – zwischen Steueroptimierung und Deckung des Lebensunterhalts.

Nachlassplanung und Vererbung

Ein anderes Argument zugunsten einer AG ist die erleichterte Stückelung von Aktien. Wenn nun eine Familie oder eine Erbengemeinschaft im Besitz von mehreren höchst unterschiedlichen Liegenschaften ist, wird die Weitergabe an die nächste Generation kompliziert. Liegenschaften lassen sich nicht so einfach teilen wie Wertschriften oder eben Aktien. Will eine Erbin oder ein Erbe Liegenschaften übernehmen und die anderen auszahlen, wird dies bei den heutigen Verkehrswerten meist sehr kostspielig. Im Rahmen einer Immobilien-AG kann eine Familie ihren Besitz in Form von Grund und Boden quasi als «Generationen-Projekt» weiterführen. Das im Lauf der Zeit aufgebaute Portfolio lässt sich in der AG bündeln und bleibt im Familienbesitz. Fachleute empfehlen im Fall einer solchen Familien-AG allerdings zusätzlich einen Aktionärsbindungsvertrag, der gewisse Spielregeln festhält. Im Rahmen einer solchen Vereinbarung lässt sich zum Beispiel festhalten, an wen Aktien verkauft werden dürfen und wer sie im Rahmen einer Erbschaft übernehmen könnte.

Mit der Rechtsform einer AG profitieren die Beteiligten dauerhaft von den erwähnten Steuervorteilen. Die Aktien können ohne Weiteres an die nächste Generation weitergegeben bzw. vererbt werden. Allerdings dürfen auch die Nachteile nicht übersehen werden: Die Mitglieder der Familie oder die Erbengemeinschaft bleiben natürlich eng an die AG gebunden. Im Zug des Generationenwechsels – wenn sich die Zahl der Erben im Lauf der Zeit vergrössert – werden sich gewisse Interessenkonflikte nie ganz vermeiden lassen. Vielleicht möchten die einen vor allem regelmässig Dividenden erhalten oder einen Teil des Immobilienbestandes verkaufen. Andere Familienmitglieder würden es vielleicht vorziehen, zusätzliche Investitionen vorzunehmen und die AG sogar zu erweitern. Falls dann eines Tages die AG liquidiert werden müsste, wird dies zu einem komplizierten Unterfangen. Die im Lauf der Jahre zusammengekommenen Reserven und Gewinne werden dennoch steuerlich erfasst.

Sämtliche Steuern gut planen

Entscheidend ist, je nach Phase und Situation die steuerlichen Folgen zu bedenken. Auch dazu ein Beispiel: Bei der Übertragung von Liegenschaften vom Privatvermögen in eine Immobilien-AG fallen in der Regel Handänderungssteuern und in den meisten Kantonen auch Grundstückgewinnsteuern an. «Man muss also de facto die einmaligen Kosten bei der Lancierung den periodisch und länger anfallenden Steuereffekten gegenüberstellen», fasst Experte Hans Marugg zusammen. Wer wirklich geschäftsmässig und mit einem gewissen Volumen im Bau- und Immobilienbereich investieren will, wird seine Akquisitionen am Liegenschaftsmarkt mit Vorteil dann tätigen, wenn die Immobilien-AG bereits gegründet ist – weil eben wie erwähnt bei einer Überschreibung Grundstückgewinnsteuern anfallen könnten. Auf jeden Fall wird dadurch auch die Besitzdauer unterbrochen. Oder anders gesagt: Wenn die Liegenschaft schon seit Jahrzehnten im Familienbesitz ist, wird ein allfälliger Grundstückgewinn mit einem stark reduzierten Tarif besteuert. Nach der Übertragung des Eigentums beginnt die Zählung der Haltedauer aber wieder von vorne, und es käme beim Verkauf ein höherer Steuersatz zur Anwendung.

«Gewerbsmässiger Liegenschaftshandel»

Eine weitere Erkenntnis: Die Gründung einer Immobilien-AG macht erst ab einem gewissen Volumen Sinn. Diese Rechtsform bietet dann Vorteile, wenn eine Familie respektive Privatperson längerfristig Akquisitionen und eigene Projektentwicklungen plant, realisiert und finanziert. Denn wer solchen Geschäften nachgeht und den ganzen Grundbesitz aber im Privatvermögen hält, wird möglicherweise eines Tages sein blaues Wunder erleben: Es kommt immer wieder vor, dass die Steuerbehörden solche Fälle als gewerbsmässige Tätigkeit qualifizieren; sämtliche Gewinne und Einnahmen aus den Immobiliengeschäften werden dann voll steuerlich als Einkommen erfasst und unterliegen sogar der AHV-Pflicht. Bevor es soweit ist, sollte man also unbedingt die Variante einer Immobilien-AG prüfen und sich beraten lassen.

Fazit: Dank tieferer Besteuerung von Gewinnen und reduzierter Dividenden-Besteuerung bietet eine Immobilien-AG steuerlich Vorzüge und attraktive Gestaltungsmöglichkeiten. Wer ernsthaft Immobilien-Investments plant, sollte die Liegenschaften bereits in der Rechtsform einer AG erwerben – dann bleiben die Einmalkosten moderat und die Steuerfolgen fallen fast vollständig weg.

Jürg Zulliger

Jürg Zulliger ist freier Journalist mit den Spezialgebieten Immobilienbranche, Bauwirtschaft, Wohneigentum und Wohnungsbau. Er schreibt für verschiedene Zeitungen und Fachpublikationen.

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