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Tiefe Zinsen – mehr Risiko?

Es herrscht Anlagenotstand. Für den Investor gilt es deshalb, eine Frage besonders genau zu prüfen: Erhalte ich für das eingegangene Risiko auch eine angemessene Rendite? Der Beitrag von Markus Wattinger und Pascal Wörner vom Asset Management der Migros Bank.

Im Grunde fällt das Zinsniveau in der Schweiz seit Jahrzehnten – das gilt unabhängig von der Laufzeit. Erst zu Beginn dieses Jahres, als die Rendite des viel beachteten zehnjährigen Eidgenossen unter den Gefrierpunkt fiel, machte sich Erstaunen in der Anlegergemeinschaft breit.

Die Herausforderung für den heutigen Anleger – ob Kleinanleger oder Pensionskasse – ist die folgende: Festverzinsliche Anlagen und Konten werfen keine, oder sogar negative Renditen ab. Entweder man behält seine Ersparnisse unter der Matratze oder man investiert das gesamte Anlagevermögen in Aktien. Die erste Lösung ist riskanter, als man vielleicht glaubt – die zweite Lösung wäre vielleicht riskanter, als man es sich eigentlich wünschen würde. Beiden Positionen ist jedoch gemein, dass sie an den tatsächlichen Anforderungen vorbeischiessen.

Heute (vielleicht mehr denn je) ist die richtige Kombination der Anlageformen wichtig.

In der Praxis zeigt sich oft, dass der Grossteil der erzielten Rendite durch die gewählte Kombination von Anlageklassen erklärt werden kann. Weniger zentral als gemeinhin angenommen ist dagegen die konkrete Titelauswahl – das Sahnehäubchen schmückt, macht aber nicht satt. So kann etwa ein traditioneller Obligationenanleger ein vergleichbares Risiko-Rendite-Profil mit einem Depot zusammenstellen, das in Liquidität und Strukturierte Produkte investiert ist – ganz ohne das traditionelle Zinsänderungsrisiko einzugehen.

Die Mischung macht’s eben – wie der Volksmund schon ganz richtig sagt.

Es muss natürlich klar sein, dass auch die perfekteste aller Mischungen nicht zaubern kann. Wenn weltweit immer weniger Rendite für immer mehr Risiko bezahlt wird, dann kann dies der Privatanleger nun mal nicht ändern. Aber: Indem er unterschiedliche Anlageklassen in Erwägung zieht – und diese richtig kombiniert – erhöht er seine Chancen, eine faire Rendite zu erhalten. Nutzt man diese Möglichkeit nicht, geht man gezwungenermassen zu grosse Risiken ein oder verspielt Renditemöglichkeiten – ohne sich dessen bewusst zu sein.

Mit anderen Worten: Die tiefen Zinsen bürden uns nicht zwangsläufig mehr Risiko auf – vielmehr zwingen sie uns, genauer darauf zu achten, ob unsere Depots für das eingegangene Risiko angemessen entschädigt werden. Stellt sich bei der Überprüfung von Anlagestrategie und Depot heraus, dass ein höheres Risiko für den Anleger angemessen erscheint, dann kann eine entsprechende Anpassung sinnvoll sein. Es kann aber auch sein, dass zu hohe Risiken ermittelt werden, sodass eine Anpassung der Erwartungen mehr Nutzen stiftet. Wichtig ist in jedem Fall: Der Ansatzpunkt muss das eigene Risikoprofil sein – und nicht eine geforderte Zielrendite.

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