«Spannende Markttendenzen»

Der Mietwohnungsmarkt und der angespannte Büromarkt sind die prägenden Merkmale des Immobilienmarktes 2019. Yonas Mulugeta, CEO der CSL Immobilien AG, eines Partners der Migros Bank, gibt seine Marktprognose ab und erläutert die strategischen Veränderungen in seinem Unternehmen.

(Das Interview erschien am 6.12.2018 in der Dezember-Ausgabe des Magazins Immobilia.)

Sie begleiten aktuell zahlreiche Immobilien-Transaktionen. Ist der Investmentmarkt tatsächlich so liquide?

Wir dürfen dieses Jahr über ein Dutzend Transaktionen exklusiv durchführen. Unsere Erfahrung ist: Ja, der Investmentmarkt ist äusserst liquide. Die auf dem Markt gehandelten Immobilien decken die gesamte Breite aller Immobilienklassen ab – vom Top-Büroobjekt an bester Lage bis zum sanierungsbedürftigen Mehrfamilien-Wohnhaus in der Peripherie. Auch etliche Projektentwicklungen, vor allem im Wohnsegment, werden angeboten. Unsere Einschätzung in unserem letztjährigen Immobilienmarktbericht hat sich bewahrheitet: Der Transaktionsmarkt bleibt weiterhin ein Verkäufermarkt. Dabei lässt sich feststellen, dass die verfügbaren Objekte den Qualitätsanforderungen der Investoren nicht immer genügen. Die Liquidität des Marktes ist jedoch nicht gleichzusetzen mit einer hohen Anzahl von tatsächlichen Transaktionen.

Wohin tendieren Ihrer Meinung nach die Preise respektive Renditen im kommenden Jahr?

Der hohe Anlagedruck auf Investoren-Seite schlägt sich weiterhin in einer hohen Zahlungsbereitschaft nieder. Für Core-Objekte sowohl im Büro- als auch Wohnsegment werden Höchstpreise bezahlt. Die Toprenditen gleichen sich für diese beiden Immobiliensegmente immer mehr an. Die Frage nach der zukünftigen Entwicklung der Renditen kann nicht losgelöst von der Wirtschaftsentwicklung, von politischen Rahmenbedingungen, von der Zinswende usw. betrachtet werden. Wir gehen davon aus, dass sich im kommenden Jahr sich in Bezug auf die Renditen keine grundlegenden Veränderungen ergeben werden.

Im Mietwohnungssegment sind vermehrt Leerstände zu beobachten. Was erwarten Sie für das Jahr 2019 in diesem Segment?

Der Mietwohnungsmarkt, in dem wir stark aktiv sind, ist anspruchsvoller geworden. «Anything works» ist nicht mehr möglich. In den Wirtschaftszentren ist eine intakte Nachfrage nach neuen und zeitgemäss konzipierten Wohnprodukten spürbar. Die Konkurrenzsituation nimmt jedoch stetig zu, und in den Agglomerationsgebieten hat sich das Risiko eines Überangebots erhöht. Ein wesentlicher Antrieb für die zahlreichen Projektentwicklungen ist der grosse Appetit seitens der Investoren. Grundsätzlich sprechen wir immer noch von tiefen Leerstandziffern. Die regionalen Unterschiede sind aber teilweise deutlich. Unsere Erfahrung zeigt, dass auf die relevanten Zielgruppen ausgerichteten Projekte nachhaltig Erfolg haben. Eine vertiefte interdisziplinäre Auseinandersetzung in der frühen Projektphase ist einer der Erfolgsfaktoren und gibt den Planern die notwendigen Leitplanken. Architektonische Perlen, welche ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse der zukünftigen Nutzer realisiert werden, sind nur in Ausnahmefällen marktkonform.

Was spüren Sie im Eigentumssegment? Bleibt die Nachfrage auch nächstes Jahr hoch?

Das Umfeld im Eigentumssegment ist unverändert positiv. Eine gute Nachfrage trifft auf ein liquides Angebot, vor allem in den Agglomerationen. Für Projektentwickler wird die Akquisition von Bauland immer anspruchsvoller; in den Zentren steigt das Preisniveau. Dies hat zur Folge, dass die Grundrisse kompakt und flächeneffizient gestaltet werden. Neue Wohnformen wie zum Beispiel Micro-Apartments im Eigentumsbereich kommen auf uns zu. Wir gehen davon aus, dass die Finanzierungsbedingungen sich auch im kommenden Jahr nicht wesentlich verändern werden. Die positiven fundamentalen Daten der Wirtschaft werden die Nachfrage weiterhin beleben.

Der Büromarkt scheint sich 2018 erholt zu haben. Ist diese Tendenz nachhaltig?

Der Büromarkt war ein echtes Sorgenkind in den vergangenen Jahren. Die Talsohle scheint nun durchschritten zu sein; wir sehen hier eine Belebung der Nachfrage. Das stimmt uns für das kommende Jahr verhalten positiv. Immer noch gibt es jedoch Regionen, die an einem Überangebot leiden. Die guten Wirtschaftsaussichten haben sich noch nicht in einer breiten Flächenausweitung der Unternehmen niedergeschlagen. Wir erleben immer noch Flächen- und Kostenoptimierungen von Grossbetrieben. Das wird wohl auch im kommenden Jahr einer der wesentlichen Hauptgründe für die Nachfrage sein. Auf Grund der Marktmacht der Mieter werden die Eigentümer unverändert zu Konzessionen gezwungen werden.

Wie sehen Sie die Entwicklung von Co-Working-Anbietern als neue Nutzergruppe am Büromarkt?

Co-Working-Offices bringen Menschen zusammen und fördern den Austausch. Die Vorteile für die Zielgruppe sind vor allem flexibles Arbeiten, eine komplette Infrastruktur und der Austausch in der Community. Das Co-Working bekommt eine immer wichtigere Bedeutung als alternative Form der Arbeitsraumgestaltung. Das liegt unter anderem auch daran, dass mittlerweile nicht mehr nur Selbstständige vom Co-Working profitieren. Auch immer mehr Unternehmen entdecken das Modell für sich und erkennen, dass es viele Vorteile mit sich bringt. Wir erleben die ersten Anmietungen von Büroflächen durch diese neuen Marktteilnehmer. Mengenmässig sind die Anbieter von Co-Working Spaces heute noch eine Nische, welche sich aber zukünftig als feste Nutzergruppe etablieren wird.

Dieses Jahr wurde eine Aktienmehrheit der CSL Immobilien AG von der Migros Bank übernommen. Was können wir für das nächste Jahr erwarten?

Für uns bietet diese neue Konstellation mit der Migros Bank sehr viele Chancen und Synergien. Davon sind die wichtigsten der Zugang zu neuen Kundensegmenten und die Stärkung unserer Position auf dem Schweizer Markt. Wir waren bis anhin zwar landesweit aktiv, fokussierten uns aber insbesondere auf den Wirtschaftsraum Zürich. Dies wird sich im nächsten Jahr ändern, denn wir setzen auf ein qualitatives Wachstum. Neben einer stärkeren geographischen Verankerung verfolgen wir fürs nächste Jahr auch den Aufbau neuer Geschäftsfelder, wie beispielsweise digitale Dienstleistungen für private und institutionelle Investoren.

 

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