Investoren achten zusehends darauf, dass Unternehmen soziale, wirtschaftliche und umweltschonende Standards einhalten. In einer dreiteiligen Serie stellen wir die drei Säulen der Nachhaltigkeitsanalyse vor: Ökologie (Environment), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance). Der erste Teil behandelt die ökologischen Auswirkungen eines übermässigen Ressourcenverbrauchs sowie die Risiken und Chancen, die sich für Unternehmen ergeben.
«Wir haben die Erde von unseren Vorfahren nicht geerbt, wir haben sie von unseren Kindern geliehen. » Dieses Zitat des US-Schriftstellers und Umweltaktivisten Wendell Berry verinnerlicht den Kerngedanken einer ökologisch nachhaltigen Gesellschaft. Um nicht auf Kosten zukünftiger Generationen zu leben, sollen nicht mehr Ressourcen verbraucht werden, als uns der blaue Planet zur Verfügung stellt. Davon sind wir jedoch weit entfernt: Gemessen am ökologischen Fussabdruck überschreitet die Menschheit die jährlich verfügbaren Ressourcen bereits um 70 Prozent. Oder anders ausgedrückt: Der Mensch braucht gegenwärtig 1,7 Erden, um seinen Lebensstil fortzuführen.
Ressourcen und Wachstum
Die nachfolgende Grafik zeigt, wie unser globales Ökosystem vereinfacht funktioniert. Die Wirtschaft benötigt die Ressourcen unseres Planeten, um Produkte und Dienstleistungen herzustellen. Die im Herstellungsprozess anfallenden Abfälle und Verschmutzungen werden anschliessend wieder in die Welt entlassen. In der Fachsprache spricht man von sogenannten Senken, in denen die gebrauchten Ressourcen wieder «versenkt» werden.
Abbildung 1: Ressourcen- und Senkenmodell
Die Belastung für die Erde kann dabei wie folgt zusammengefasst werden:
Die Kapazitätslimiten der jeweiligen Ressourcen oder Senken können jedoch nicht anhand eines einzelnen Parameters wie dem ökologischen Fussabdruck dargestellt werden, sondern müssen individuell betrachtet werden. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) hat die Umweltbelastung für die Schweiz analysiert. Die Ergebnisse sind ernüchternd. Auch wenn der Trend in die richtige Richtung geht, sind wir noch weit entfernt von einer ökologisch nachhaltigen Lebensweise. Gerade beim Ausstoss von Treibhausgasen und dem Verbrauch nicht erneuerbarer Energien werden die Grenzen der Belastbarkeit unseres Planeten um ein Vielfaches übertroffen.
Abbildung 2: Umweltfussabdrücke Schweiz
Verhältnis der Umwelt-Fussabdrücke zur planetaren Grenze und Trend:
Fussabdruck | Verhältnis zur planetaren Grenze | Trend konsumbedingter Fussabdruck Schweiz |
---|---|---|
Gesamtumweltbelastung* | 3.4 | abnehmend |
Treibhausgase | 23 | stabil |
Energie, nicht erneuerbar | 13.3 | abnehmend |
Energie, gesamt* | 4 | leicht abnehmend |
Material | 4 | leicht zunehmend |
Biodiversität | 3.7 | zunehmend |
Eutrophierung | 2.1 | leicht abnehmend |
Luftverschmutzung* | 1.6 | leicht abnehmend |
*Annäherung an die Belastbarkeitsgrenzen des Planeten über gesetzliche Vorgaben, international Verträge oder politische Rahmenwerke Quelle: BAFU, 2018 |
Bösewicht Klimawandel
Die Tabelle zeigt auch, warum sich die Experten immer stärker auf den Klimawandel fokussieren. Mehrere Fussabdrücke hängen voneinander ab. So verursacht die Verwendung von Kohle, Öl und Gas als Energiequelle eine erhöhte Konzentration an Treibhausgasen in der Atmosphäre, welche wiederum zu einer Erhöhung der Temperatur auf der Erdoberfläche beitragen. Die Thematik hat mit den Klimazielen von Paris 2015, bei denen eine Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 2 Grad erreicht werden soll, deutlich an Bedeutung gewonnen. Um dieses Ziel zu erreichen, müsste der Ausstoss bis 2050 praktisch auf null reduziert werden.
Die US-Regierung publizierte jüngst eine Studie, bei der die Kostenschätzung für die Auswirkungen des Klimawandels dreistellige Milliardenbeträge aufwies. Wohlgemerkt unter einem Präsidenten, der den Einfluss des Menschen auf den Klimawandel bis heute nicht anerkennt. Gerade weil die Massnahmen zum Klimaschutz günstiger sind als die Bekämpfung der Auswirkungen, werden wohl in den nächsten Jahren weitere Anpassungen auf internationaler Ebene durch Politik und Wirtschaft folgen. Dies wirkt sich auch auf die Unternehmensstrategien aus. Hier setzt der ökologische Teil des Nachhaltigkeitsansatzes der Migros Bank an.
Der Umweltaspekt im Anlageprozess der Migros Bank
Zusammen mit unserem Partner MSCI ESG Research, einem langjährigen Spezialisten für Nachhaltigkeitsanalysen, beantworten wir für jedes Unternehmen in unserem Anlageuniversum die zwei zentralen Fragen:
- Welche möglicherweise kostspieligen Umweltrisiken bestehen?
- Welch zusätzliches Umsatzpotenzial eröffnet sich?
Aufgegliedert in vier Kategorien und dreizehn dazugehörige Schlüsselthemen sollen die heute dringlichsten Probleme im Bereich der Ressourcen und Senken abgedeckt werden.
Abbildung 3: Umweltchancen und -risiken
4 Kategorien | 13 Schlüsselthemen | |
---|---|---|
Klimawandel | CO2-Emmissionen Produkt CO2-Fussabdruck | Ökologischer Einfluss Finanzierung Verwundbarkeit durch Klimawandel |
Natürliche Ressourcen | Wasserknappheit Biodiversität & Bodennutzung | Rohmaterialbeschaffung |
Verschmutzung und Abfall | Schadstoffemissionen Verpackungsmaterial | Elektronische Abfälle |
Umweltchancen | Umweltfreundliche Technologie Umweltfreundliche Bauten | Erneuerbare Energien |
Quelle: MSCI ESG Rating Methodology, 2018 |
Bei jedem Schlüsselthema wird ermittelt, welche Branchen am stärksten betroffen sind. Dies ergibt für jede Branche zwei bis drei Schlüsselthemen, bei denen sie besonders exponiert ist. Alle Unternehmen in diesem Sektor werden anschliessend auf Chancen und Risiken in den ausgewählten Schlüsselthemen bewertet. Dazu werden quantitative und qualitative Daten von allen Firmen gesammelt. Diese stammen aus verschiedenen Quellen wie den Jahres- und Umweltberichte der Firmen, Studien von Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen oder den Medien. Der sich daraus ergebende Wert wird anschliessend mit den anderen Unternehmen im Sektor verglichen. Somit erkennt man auf einen Blick, welche Firmen für die Zukunft in ihrem Sektor am besten gerüstet sind.
Die Auswirkungen des Klimawandels treten immer stärker zu Tage. Denken Sie beispielsweise zurück an den diesjährigen Hitzesommer in Mitteleuropa. Bei Zunahme solcher Extremereignisse erhöht die Gesellschaft den Druck auf die Politik, um Gegenmassnahmen zu treffen – etwa inForm von Gesetzen, an die sich die Unternehmen anpassen müssen. Firmen, die Schwierigkeiten haben, sich an das veränderte Umfeld zu gewöhnen, können Kostennachteile haben oder Umsatzchancen verpassen. Es lohnt sich also auch für den Anleger, das Thema Umwelt beim Investitionsentscheid zu berücksichtigen.
Weiterführende Informationen
- 10 vor 10: Auswirkungen des Klimawandels in der Schweiz (Video)
- Persönliche Berechnung des Ökologischen Fussabdruck mit individuellen Tipps (Fragebogen)
- MSCI ESG Rating Methodology (Englisch)