Das Erdbeben in Syrien und der Türkei ist eine Tragödie kaum fassbaren Ausmasses. Tod und Verwüstung rücken wirtschaftliche Überlegungen in den Hintergrund. Mittelfristig sind ökonomische Aspekte aber unabdingbar für den Wiederaufbau.
21’000 Tote – und steigend. Das verheerende Erdbeben in der türkisch-syrischen Grenzregion erschüttert die Welt. Das Ausmass der Naturkatastrophe ist apokalyptisch. Zur kaum fassbaren Zahl an Todesopfern kommen zehntausende Verletzte hinzu und Unzählige, die nicht nur das Dach über dem Kopf, sondern ihr gesamtes Hab und Gut verloren haben. Komplette Landstriche sind verwüstet und die ökonomische Basis einer ganzen Region ist weitgehend zerstört.
Es fällt schwer, angesichts des unermesslichen Leids und der grossen Not der Menschen die aktuelle Lage und deren Auswirkungen wirtschaftlich-nüchtern analysieren zu wollen. Und doch – wenn der erste Schock überwunden und die Bergungsphase abgeschlossen sein wird, ist es von grosser Wichtigkeit, dass auch die regionale Wirtschaft möglichst schnell wieder Fahrt aufnimmt. Nicht, dass zur unmittelbaren Katastrophe auch noch ökonomische Langfristschäden dazukommen, welche die Misere der Bevölkerung zusätzlich verschärfen.
Wiederaufbau scheint nicht unmöglich
Die gute – oder die am wenigsten schlechte – Nachricht vorweg: Die Wirtschaftszentren Ankara und Istanbul wurden vom Erdbeben verschont. Nichtsdestotrotz gibt es in den betroffenen Gebieten aber teilweise regional bedeutende Industrien. Vor allem Hersteller von Lebensmitteln, Textilien und Agrarprodukten nehmen in der Katastrophenregion eine gewichtige Stellung ein. Deren Produktion dürfte zwar mindestens für Wochen praktisch stillstehen. Gleichzeitig handelt es sich jedoch um keine hochkomplexen Betriebsstätten, die in aufwändigen Verfahren komplizierte Güter herstellen. Mit entsprechenden Geldern sollte daher ein Wiederaufbau der industriellen Infrastruktur vergleichsweise rasch möglich sein.
Auch wenn das vom Erdbeben heimgesuchte Gebiet nicht zu den wichtigsten Wirtschaftsstandorten der Region gehört, sind die ökonomischen Schäden enorm. Erste Schätzungen des deutschen Forschungsinstituts Risklayer gehen von mehr als 15 Milliarden Dollar für Syrien und die Türkei aus. Für die Türkei wird deren Bewältigung zu einer immensen Herausforderung – das Land leidet unter einem chronischen Reformstau, dem Zerfall der Lira und einer grassierenden Hyperinflation von zuletzt 58 Prozent. Insofern erstaunt es nicht, dass der türkische Leitindex ISE 100 nach dem Erdbeben regelrecht einbrach. Bevor der Handel am Morgen des 8. Februar ausgesetzt wurde, büsste der Index fast 7 Prozent ein.
Syrien braucht dringend Hilfe
So dramatisch diese wirtschaftlichen Auswirkungen für die Türkei sind – für das ebenfalls betroffene Syrien bedeutet das Erdbeben ein noch tieferes Versinken im Elend. Das bürgerkriegsgeplagte Land dürfte zu den ärmsten Ländern gehören (entsprechende Daten gibt es nicht), und aus eigener Kraft hat der Krisenstaat keine Chance, den Wiederaufbau der äusserst schwachen Wirtschaftsstruktur zu stemmen. Umso bestürzender ist es, dass sich die internationale Spendenbereitschaft bislang hauptsächlich auf die Türkei erstreckt.
21’000 Tote – und steigend. Angesichts des unfassbaren Leids halten wir es für verfehlt, zum jetzigen Zeitpunkt primär auf die wirtschaftlichen Implikationen abzustützen. Und dennoch ruht mittelfristig ein grosser Teil der Hoffnung auch auf nationalen und internationalen Wirtschaftsaktivitäten. Denn neben Hilfsgeldern brauchen Syrien und die Türkei möglichst schnell möglichst viel Handel und Investitionen. Dadurch können die Unternehmen sukzessive ihren Betrieb wieder aufnehmen. Ein wichtiger Schritt auf dem schwierigen Weg zurück zur Normalität.
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(Die Opferzahl bezieht sich auf das Publikationsdatum vom 10. Feburar 2023.)
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