Betongold im Schwarm

Auch kleine und mittlere Anleger können Besitzer eines millionenteuren Mehrfamilienhauses werden – möglich macht dies Crowdfunding, zu Deutsch «Schwarmfinanzierung». Die in Aussicht gestellten Renditen sind verlockend. Doch der Vergleich mit Immobilienfonds zeigt ein differenziertes Bild.

Sie gelten als eine der attraktivsten Anlagen der Schweiz: Mehrfamilienhäuser. Auch im Umfeld von tiefen oder gar negativen Zinsen liefern sie ihren Besitzern vergleichsweise hohe Renditen. Hinzu kommt die Chance auf Wertsteigerungen. Die Krux: Ein Mehrfamilienhaus kostet mehrere Millionen Franken, und kleineren und mittleren Privatanlegern steht hier traditionell nur die Anlage über einen Immobilienfonds offen.

Seit einiger Zeit existiert eine Alternative namens Immobilien-Crowdfunding – «Schwarmfinanzierung» für Renditeliegenschaften also. Eine Gruppe Anleger tut sich auf einer Online-Plattform zusammen, um gemeinsam den Kauf zu stemmen. In Aussicht gestellt werden dabei je nach Objekt und Online-Plattform 5 bis 7 Prozent Ausschüttungsrendite. Das klingt gut – zu beachten ist aber eine ganze Reihe von Nachteilen. Denn im Unterschied zu einem Immobilienfonds ist man nicht bloss Anleger, sondern auch Miteigentümer, mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten.

Schwierige Suche nach attraktiven Kaufobjekten

Die Herausforderungen fangen schon damit an, dass bei Crowdfunding das Investmentobjekt erst erworben werden muss, während sich bei einem Immobilienfonds in ein bereits bestehendes Portfolio investieren lässt. In der aktuellen Marktsituation gestaltet es sich für Crowdfunding-Plattformen schwierig, auf dem Markt noch attraktive Mehrfamilienhäuser zu vernünftigen Preisen zu finden. Der Fokus liegt daher vornehmlich auf dem Preissegment von 5 bis 10 Millionen Franken, weil dort die Konkurrenz etwas geringer ist. Für private Einzelkäufer sind solche Objekte eher zu gross, für Pensionskassen und andere institutionelle Anleger zu klein.

Zudem konzentrieren sich die Crowdfunding-Plattformen auf neue oder sanierte Immobilien, um Renovationsarbeiten während der geplanten Haltedauer von mindestens fünf Jahren auszuschliessen. Renovationen bergen nicht nur Kostenrisiken. Sie können auch deswegen Probleme bei der Schwarmfinanzierung bereiten, weil bei der Entscheidungsfindung zahlreiche Miteigentümer zu involvieren sind – Crowdfunding-Objekte zählen schnell einmal 20 und mehr Investoren.

Höheres Mindestinvestment, geringere Risikodiversifikation

Ein weiterer kritischer Punkt: Pro Crowdfunding-Projekt wird nur in ein Mehrfamilienhaus investiert. Beim Immobilienfonds andererseits erwirbt man mit einem Anteilschein eine Beteiligung an einem diversifizierten Portfolio aus verschiedenen Objekten. Damit ist das Risiko breit gestreut. Gleichwohl kostet ein einzelner Anteilschein z.B. beim  Migros Bank (CH) Fonds SwissImmo nur rund 130 Franken. Dagegen liegt das Mindestinvestment beim Crowdfunding bei 25 000 bis 100 000 Franken, je nach Objekt und Anbieter.

Beim Crowdfunding ist das Risiko unter Umständen nicht auf das Investment beschränkt – im Unterschied zum Anteilschein des Immobilienfonds. Beim Crowdfunding wird man nämlich als Miteigentümer ins Grundbuch eingetragen und haftet dadurch solidarisch gegenüber der Hypothekarbank für die gesamte millionenschwere Finanzierung, sollten die anderen Crowdfunding-Partner ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Je nach Plattform wird die Haftung allerdings auf den Umfang der Miteigentumsquote reduziert – hier sind die Kreditverträge genau zu lesen. Dieser prüfende Blick ins Kleingedruckte ist umso wichtiger, als Crowdfunding-Plattformen, anders als Fondsgesellschaften, nicht der Finanzmarktaufsicht Finma unterstehen.

Miteigentum bringt höhere Kosten

Ein Auge ist auch auf die Kostenstruktur zu werfen. Beispielsweise der Migros Bank (CH) Fonds SwissImmo verrechnet laufende jährliche Kosten von nur 1,2 Prozent – bei Crowdfunding-Plattformen liegen diese in der Regel mindestens bei 1,5 Prozent. Ins Gewicht fallen bei der Schwarmfinanzierung zudem die einmaligen Transaktionskosten, angefangen bei den selber zu tragenden, knapp 5 Prozent Grundbuch- und Notariatsgebühren für den Grundbucheintrag des Miteigentums. Zusätzlich verrechnet die Crowdfunding-Plattform je nachdem beim Kauf einer Liegenschaft bis zu 3 Prozent Maklergebühren, zuzüglich allfälliger weiterer Abwicklungsgebühren. Zum Vergleich: Der Erwerb eines Anteilscheins des Migros Bank (CH) Fonds SwissImmo via E-Banking ist kostenlos.

Gebührenfrei ist auch der Verkauf eines Anteilscheins, im Unterschied zur Veräusserung eines Crowdfunding-Miteigentums und dessen Übertragung an einen neuen Besitzer. Grössere Plattformen führen zwar Listen von Interessenten, die das Miteigentum abkaufen möchten. Aber die ganze notarielle Abwicklung beansprucht Zeit. Bei Anteilscheinen von Immobilienfonds dagegen ist ein täglicher Handel über die Börse gewährleistet.

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