EZB-Zinsentscheid vom 12. Dezember 2024: Keine Überraschung in Frankfurt

Am Nachmittag des 12. Dezembers 2024 gab die Europäische Zentralbank (EZB) die nächste Zinssenkung von 25 Basispunkt bekannt. Die Zeit des Zögerns ist für die EZB endgültig vorbei, und sie wird innerhalb der nächsten 12 Monaten die Leitzinsen mehrmalig bis auf 2 Prozent senken.

Keine Überraschung! Im Gegensatz zum SNB-Zinsentschied vom Vormittag des 12. Dezembers 2024 verhielt sich die EZB wie erwartet und setzte den im Oktober beschleunigten Zinssenkungszyklus fest. Nun beläuft sich der Einlagesatz auf 3 Prozent, der Hauptrefinanzierungssatz auf 3,15 Prozent, und der Spitzenrefinanzierungssatz liegt bei 3,4 Prozent. Der heutige Zinsentscheid, der mit einem unüblichen Zeitabstand von acht Wochen seit der letzten EZB-Sitzung stattfand, war bereits im Vorfeld in Börsenkursen eingepreist, und somit hielten sich die Reaktionen der Finanzmärkte in Grenzen.

Eine Portion Sauerstoff…

Die letzte Sitzung des Jahres ist eine gute Gelegenheit, eine erste Bilanz der Geldpolitik der EZB zu ziehen. Im Laufe des Jahres verlagerte sich der Fokus der EZB schrittweise von der Bekämpfung der Inflation zur konjunktureller Wiederbelebung. So traf die Zentralbank im Oktober die Entscheidung, den ursprünglichen Quartalsrhythmus bei der Lockerung der Geldpolitik aufgrund schwächeren Wachstumsaussichten zu verlassen und die Häufigkeit der Zinssenkungen vorerst zu erhöhen. Der Umfang ist auch heute gleich geblieben: Die EZB hielt es nicht für angemessen, die Finanzmärkte mit einer Zinssenkung von 50 Basispunkten zu überraschen. Grund dafür sind die Inflationsaufwärtsrisiken, insbesondere durch das Lohnwachstum. Im dritten Quartal 2024 nahm das Wachstum der Tariflöhne kräftig von 3,5 Prozent auf 5,4 Prozent zu. Lohnerhöhungen in solchem Ausmass erschweren die Aufgabe der EZB, die Inflation nachhaltig auf ihr Ziel von 2 Prozent zurückzuführen, da sie die Produktionskosten erhöhen und die Inflationserwartungen der Haushalte nach oben treiben.

…weitere werden noch folgen

Allerdings sind es genau die realen Lohnerhöhungen, die den EZB-Prognosen zufolge das Wirtschaftswachstum im nächsten Jahr vorantreiben werden. Die Erholung durch eine Zunahme der Privatkonsumnachfrage und verstärkten Investitionen der Unternehmen wird jedoch Zeit brauchen, zumal mit Deutschland und Frankreich die beiden Euro-Schwergewichte in der Krise stecken. Im Laufe der Zeit sollten die allmählich nachlassenden Effekte der restriktiven Geldpolitik eine Erholung unterstützen.

Unmittelbar sind in der Tat nur wenige Wachstumsimpulse aus einer erhöhten Konsumnachfrage der Haushalte zu erwarten, da aktuell die Sparquote auf einem hohen Niveau liegt und die Konsumentenstimmung düster ist. Die politische und wirtschaftliche Lage in Deutschland und Frankreich ist nicht dazu angetan, bei den Unternehmen und Konsumenten für mehr Zuversicht zu sorgen. Hinzu kommt der erneute Einzug Donald Trumps ins Weisse Haus. Die befürchtete Einführung von Zöllen auf die Erzeugnissen der europäischen Industrie könnten einen weiteren Schlag für die Branche sein, die sich bereits in grossen Schwierigkeiten befindet.

Der Handlungsspielraum der EZB zur Wiederbelebung der Wirtschaft ist zwar von grosser Bedeutung, aber nicht unendlich. Die Fiskalpolitik wird meistens auf Länderebene bestimmt, und die Umsetzung der wirtschaftspolitischer Reformen muss viele Hürden überwinden. Ihrerseits kann die Zentralbank nur die Rahmenbedingungen für die Verfügungstellung von Liquidität gestalten. Die EZB hat in ihrem heutigen Communiqué eine Passage gestrichen, die besagt, dass sie ihre restriktive Politik so lange wie nötig beibehalten will. Dies zeigt, dass die Zeit des Zögerns vorbei ist und öffnet die Tür für weitere Zinssenkungen im nächsten Jahr.

Die SNB kann nicht nur zuschauen

Das hat auch Auswirkungen auf die SNB, die am Morgen des 12. Dezembers 2024 den Leitzins auf 0,50 Prozent senkte. Die Verringerung des Zinsdifferential gegenüber dem Euro ist nur vorübergehend, da die EZB deutlich mehr Senkungspotential hat. Wir gehen davon aus, dass die EZB die Leitzinsen um noch 100 Basispunkte innerhalb der nächsten 12 Monaten senken wird, während die SNB lediglich noch um 0,25 Prozentpunkte senken wird. Schlechtere Konjunkturaussichten, politische Instabilität und mehr Senkungspotential: Alle diese Faktoren sprechen für eine strukturelle Schwäche der Gemeinschaftswährung. Dies macht die mittelfristige SNB-Absicht, den Franken nur durch Leitzinssenkungen abzuschwächen, schwieriger bis illusorisch

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