Streaming im Wandel

Das klassische Fernsehen verliert zunehmend an Bedeutung. Seit der Pandemie hat die Nutzung von Streaming-Diensten enorm an Popularität gewonnen. Der Markt ist dynamisch und wächst rasant. Trotz der vielen Anbieter sind die Abonnentenpreise gestiegen. Wie lässt sich dies erklären?

Das Fernsehverhalten hat sich in den letzten zwanzig Jahren massiv verändert. Die meisten von uns haben mindestens ein oder mehrere Streaming-Abonnements und geniessen es, regelmässig ihre Lieblingsserien zu schauen. Im Englischen hat sich sogar ein eigenes Wort für das stundenlange Konsumieren von Serien am Stück entwickelt: bingen. Besonders während der Covid-19-Pandemie kamen viele Leute auf den Geschmack von Video-Streaming. Aufgrund der strengen Covid-Regeln sassen die Menschen zu Hause fest und hatten viel mehr Zeit als sonst. Im ersten Quartal 2000 verzeichnete der führende Streaming-Anbieter Netflix einen Nettozuwachs an zahlenden Streaming-Abonnenten von fast 16 Millionen.

Inzwischen wetteifern zahlreiche Anbieter um Kunden auf dem Markt. Kein Wunder, denn der Streaming-Markt gilt als grosser Wachstumsmarkt. Laut einer Prognose von Statista wird der Umsatz des weltweiten Streaming-Marktes 2024 voraussichtlich 99 Milliarden Euro betragen. Im Jahr 2027 soll sich dieses Marktvolumen bereits auf 126 Milliarden Euro belaufen, was einem jährlichen Umsatzwachstum von 8 Prozent entspricht. Vieles spricht für die Streaming-Branche: Die Anbieter können ihre Inhalte weltweit anbieten und sind nicht an geografische Grenzen gebunden. Neue Technologien rund um Künstliche Intelligenz (KI) ermöglichen es Streaming-Anbietern, Inhalte für den jeweiligen Nutzer zu personalisieren und Empfehlungen zu geben. Nicht zuletzt lassen sich Streaming-Dienste durch Abonnements und Werbepartnerschaften leicht monetarisieren.

Streaming – ein stark fragmentierter Markt mit zahlreichen Playern

Der Streaming-Markt ist sehr dynamisch und wächst rasant. Marktführer ist Netflix mit mehr als 260 Millionen Abonnenten. Netflix ist der einzige Player, der sich ausschliesslich auf das Streaming-Geschäft konzentriert und vor allem für seine Eigenproduktionen bekannt ist. Knapp hinter Netflix folgt Amazon Prime mit über 200 Millionen Abonnenten und einem vergleichbaren Angebot. Der drittgrösste Streaming-Anbieter ist Disney+ mit über 150 Millionen Abonnenten. Disney+ produziert vor allem Disney-Inhalte und hat in erster Linie Familien als Zielsegment. Es gibt noch viele weitere Anbieter im Markt, wie beispielsweise Apple TV und auch lokale Anbieter, die sich gerne ein Stück vom wachsenden Streaming-Markt abschneiden wollen.

Preiserhöhungen trotz umkämpftem Markt

In diesem Jahr haben viele Streaming-Anbieter ihre Preise erhöht. Gründe für die Preiserhöhungen sind zum einen die hohen Kosten für die Produktionen der Serien und Filme, die teilweise mehrere hundert Millionen US-Dollar betragen, und zum anderen die zunehmende Marktsättigung. Viele Menschen in den Industrieländern haben bereits mehrere Streaming-Abonnements, und die Streaming-Anbieter müssen weitere Möglichkeiten zur Steigerung ihrer Einnahmen suchen. Der Marktführer Netflix hat deshalb beschlossen, die Preise für sein Standardabonnement zu erhöhen und gleichzeitig ein günstigeres, werbefinanziertes Abonnement einzuführen. Amazon-Prime Video und Disney+ folgten Netflix und erhöhten ebenfalls ihre Preise. Die werbefinanzierten Abonnements ermöglichen es den Anbietern, die Zahl ihrer Abonnenten zu erhöhen und gleichzeitig von Werbeeinnahmen zu profitieren.

Netflix profitierte bereits von dieser neuen Preisstrategie und konnte im letzten Quartal 13 Millionen neue Abonnenten gewinnen und seinen Jahresumsatz um 12,5 Prozent steigern. Serien wie «The Crown» oder Filme wie «The Killer» haben trotz höherer Abonnentenpreise viele neue Abonnenten angelockt. Netflix hat nicht nur die Preise angepasst, sondern auch seinen Kampf gegen die Weitergabe von Zugangsdaten fortgesetzt. Diese strenge Passwortpolitik könnte Netflix in diesem Quartal einen zusätzlichen Umsatzanstieg von 5 Prozent bescheren. Der Aktienkurs von Netflix hat dieses Jahr bereits um fast 20 Prozent zugelegt. Auch bei Disney+ scheint die neue Preisstrategie aufzugehen. Das Streaming Geschäft ist zwar noch nicht profitabel, aber Disney konnte den Verlust mit 387 Millionen Dollar (Vorjahresquartal -1,47 Milliarden Dollar) deutlich reduzieren. Disney+ ist optimistisch, dass das Streaming-Geschäft bis Ende des Jahres profitabel sein wird.

Ausblick

Es ist zu erwarten, dass das klassische Fernsehen weiter in den Hintergrund treten wird. Ein Vorteil des klassischen Fernsehens ist nach wie vor die Live-Übertragung, die bei den Streaming-Anbietern noch kaum vorhanden ist. Die Streaming-Anbieter sind sich dessen bewusst, und Netflix hat sich kürzlich entschieden, Live-Wrestling-Events wie Wrestle-Mania auf seiner Plattform zu übertragen. Es ist zu erwarten, dass weitere Streaming-Dienste in Zukunft verstärkt auf Live-Inhalte setzen werden.

Der Wettbewerb dürfte sich trotz der jüngsten Preiserhöhungen weiter verschärfen. Real sinkende Einkommen könnten die Konsumenten dazu veranlassen, ihre Ausgaben zu überprüfen und ihre Streaming-Abonnements in Frage zu stellen. Dieser Effekt würde die Konsolidierung beschleunigen, und es könnte zu einem Preiskampf kommen. Zudem ist unklar, ob die Streaming-Anbieter im gleichen Tempo weiter wachsen können, da der Markt in den westlichen Ländern bereits weitgehend gesättigt ist. Die Zahlungsbereitschaft für Streaming-Dienste dürfte in den Schwellenländern geringer sein als bei uns. Entscheidend für das Wachstum in den Schwellenländern ist ausserdem ein leistungsfähiger Internetanschluss.

Interessant wird der Einfluss von KI auf die Streaming-Anbieter sein, der weit über personalisierte Empfehlungen hinausgeht. Es ist davon auszugehen, dass KI in Zukunft auch bei der Produktion von Sendungen und Filmen eingesetzt werden kann. Dies würde die Produktionskosten der Inhalte der Streaming-Anbieter deutlich senken, und wir dürften uns in Zukunft über günstigere Streaming-Abonnements freuen.

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