Wie nachhaltig ist Secondhand-Mode?

Secondhand-Kleidung erlebt gerade einen Boom. Vor allem junge Menschen entscheiden sich bewusst für den Kauf gebrauchter Kleidung, angetrieben von dem Wunsch nach Individualität, der Attraktivität günstiger Preise und einem stark wachsenden Bewusstsein für die Umweltauswirkungen der Modeindustrie.

Plattformen wie Vinted oder Depop befeuern diesen Trend, indem sie den bequemen Kauf und Verkauf gebrauchter Kleidung online ermöglichen. Schätzungen zufolge könnte das weltweite Volumen des Marktes bis 2025 auf rund 184 Milliarden Euro wachsen und bis 2029 sogar den Fast-Fashion-Markt übertreffen.

Die Zahlen verdeutlichen, dass sich das Image von Secondhand-Läden in den letzten Jahren stark verändert hat. Was ursprünglich als Anlaufstelle für Menschen mit begrenzten finanziellen Mitteln diente, hat sich mittlerweile zum Massenphänomen entwickelt.

Secondhand-Kleidung – ein Nachhaltigkeitscheck

Auf den ersten Blick Vorteile für die Umwelt

Die Secondhand-Bewegung gilt oft als Gegenbewegung zur Fast-Fashion-Industrie, die durch ihre Umweltbelastung, die fragwürdigen Arbeitsbedingungen und die Förderung von Überkonsum stark in der Kritik steht.

Auf den ersten Blick bietet der Kauf von Secondhand Vorteile für die Umwelt: Der Lebenszyklus von Textilien wird verlängert, wodurch der Ressourcenverbrauch, einschliesslich Rohstoffen, Wasser und Energie zur Herstellung neuer Kleidung, reduziert wird. Darüber hinaus verringert der Kauf gebrauchter Ware die CO2-Emissionen, den Abfall und die Verschmutzung durch Chemikalien und Mikroplastik, die bei der Textilproduktion anfallen.

Zwischen grünem Image und Massenkonsum

Gleichwohl muss der Vertrieb von Secondhand-Kleidung differenziert betrachtet werden. Zwar kann der Kauf gebrauchter Kleidung dazu beitragen, die Nachfrage nach neuen Produkten und damit den Ressourcenverbrauch zu verringern. Die gesellschaftliche Herausforderung des übermässigen Konsums bleibt jedoch weiterhin bestehen. Hinzu kommt, dass Secondhand-Plattformen ihre Kleidung oft aus anderen Ländern beziehen und der internationale Versand an Kunden und Kundinnen erhebliche Emissionen verursacht.

Selbst die Fast-Fashion-Industrie profitiert mittlerweile vom Secondhand-Boom. Der schwedische Fashion-Gigant H&M ist bereits 2015 mit der Secondhand-Plattform Sellpy in den Secondhand-Fashion-Markt eingestiegen. Auch Zalando, Europas führende Onlineplattform für Mode und Lifestyle, hat ein «Pre-owned»-Konzept eingeführt. Obwohl dies ein Schritt in Richtung Nachhaltigkeit sein könnte, besteht eine wesentliche Problematik: Fast-Fashion-Unternehmen reduzieren die Rate ihrer Neuproduktion im Zusammenhang mit Secondhand-Initiativen meist nicht. Überschüssige Kleidung wird damit weiter in den Markt eingespeist, und das Problem des Massenkonsums bleibt ungelöst. Auch bewerben Fast-Fashion-Riesen ihre Secondhand-Initiativen als nachhaltig, was Kundinnen und Kunden in die Irre führen kann – Stichwort Greenwashing.

Wie könnte eine nachhaltige Textilbranche aussehen?

Textilindustrie verursacht 10 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen

Schätzungen nach verursacht die Textilindustrie 10 Prozent aller weltweiten CO2-Emissionen, 20 Prozent der weltweiten Wasserverschmutzung und 35 Prozent des gesamten Mikroplastiks, das in die Umwelt gelangt. Um die negativen Auswirkungen der Branche zu minimieren, bedarf es einer grundlegenden Veränderung des Konsumverhaltens sowie einer Fokussierung auf die Langlebigkeit von Kleidung. Eine entscheidende Rolle spielen dabei Investitionen in die Entwicklung und Umsetzung zirkulärer Wirtschaftsprinzipien. Dabei werden Produkte in einem geschlossenen System gehalten, das Wiederverwendung, Recycling und Upcycling fördert.

Innovative Ansätze und Projekte

Neue Methoden und Technologien in der Textilherstellung und -verarbeitung spielen eine wichtige Rolle bei der Umstellung auf eine nachhaltige Modebranche. Zwei Beispielunternehmen zeigen, wie Prozessinnovationen helfen können, die Umweltbelastung zu verringern und die Lebensdauer von Textilien zu verlängern:

  • TreeToTextile: Fast 60 Prozent aller Kleidung enthält Polyester, das biologisch nicht abbaubar ist und erheblich zur Mikroplastik-Verschmutzung natürlicher Gewässer beiträgt. Baumwolle ist zwar eine natürliche Alternative, die Herstellung ist jedoch äusserst wasserintensiv: Die Produktion von nur einem Kilogramm Baumwolle erfordert bis zu 20’000 Litern Wasser. TreeToTextile, das im Jahr 2014 gegründet wurde, hat es sich zur Mission gemacht, diesem Problem entgegenzuwirken. Das Joint-Venture der H&M Group, Inter IKEA Group, LSCS Invest und Stora Enso nutzt innovative Technologien, um Zellulosefasern aus Holz zu gewinnen. Die Fasern seien biologisch abbaubar, hätten eine geringere Umweltbelastung und böten eine gute Kombination aus Festigkeit, Weichheit und Atmungsaktivität. Mit seiner innovativen Idee hofft TreeToTextile, die Modeindustrie zu revolutionieren.
  • Novozymes: Man-Made Cellulosic Fibers (MMCF) nehmen nach Polyester und Baumwolle den dritten Platz unter den weltweit am häufigsten verwendeten Textilfasern ein. Ihr Marktanteil liegt jedoch nur bei etwa 6%, was hauptsächlich auf Qualitätsprobleme zurückzuführen ist, etwa das Entstehen von Fusseln und Pilling nach wenigen Waschgängen. Das dänische Unternehmen Novozymes hat mit Fiberlife eine Biopolitur-Produktlinie entwickelt, die diese Probleme minimiert. Dabei nutzt die Technologie biologisch abbaubare Enzyme, um lose Faserenden zu entfernen, so dass eine neuwertige Oberfläche entsteht, die bis zu 60 Wäschen hält. Auch hat Fiberlife einen reduzierten Wasser- und Chemikalienverbrauch. Mit dieser Innovation fördert Novozymes die Langlebigkeit von Textilien und trägt zur Reduzierung des ökologischen Fussabdrucks der Modebranche bei.

Gemeinsame Verantwortung

Um die Textilindustrie nachhaltiger zu gestalten, ist eine Zusammenarbeit von Unternehmen und von Konsumentinnen und Konsumenten wichtig. Ein bewusster Konsum, Reparaturen und Upcycling können die Lebensdauer von Kleidung verlängern und den Bedarf an Neuproduktionen verringern. Konzepte wie Kleidertausch und Kleidermieten bieten zusätzliche Möglichkeiten, die Kreislaufwirtschaft zu unterstützen. Auch der Kauf von Secondhand-Mode kann unter bestimmten Bedingungen zur Nachhaltigkeit in der Modebranche beitragen.

Auch ist es notwendig, dass die Industrie ihren Beitrag leistet, um diese Veränderungen zu unterstützen. Mehr Unternehmen sollten in nachhaltige Produktionsmethoden investieren, die umweltfreundliche Materialien nutzen und Ressourcen schonen. Ein ganzheitlicher Ansatz, der die gesamte Wertschöpfungskette berücksichtigt, kann dazu beitragen, die Modebranche zukunftsgerichtet zu verändern.

Quellen

Der Boom der Secondhand-Kleidung:

Wie nachhaltig ist Secondhand-Kleidung wirklich?

Wie könnte eine nachhaltige Textilbranche aussehen?

Eine gemeinsame Verantwortung:

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