Warum Kryptowährungen Achterbahn fahren

Sind virtuelle Währungen nach ihrem diesjährigen Crash weniger volatil als zuvor? Nein, im Kryptowährungsmarkt sind erhebliche Kursschwankungen weiter die Norm. Für einen langfristig konstanten Vermögensaufbau eignet sich diese Anlageklasse nach wie vor nicht.

Keine andere Anlageklasse hat im vergangenen Jahr auch nur annähernd für so viel Gesprächsstoff gesorgt wie der Bitcoin. Lange Zeit ein Randthema, war die Kryptowährung 2017 in aller Munde und das möglicherweise am meisten diskutierte Finanzthema an den Märkten. Dazu beigetragen hat sicherlich die spektakuläre Hausse. Auf den irrationalen Überschwang folgte indes im laufenden Jahr die Ernüchterung. Gegenüber dem Allzeithoch von Dezember 2017 hat sich der Bitcoin-Kurs mehr als halbiert (Stand 25. Juli).

Fulminanter Aufstieg, steiler Fall
Quelle: Bloomberg (Stand: 25.07.2018)

Interessanterweise geht der Kurssturz von Bitcoin mit der Einführung des Bitcoin-Futures-Handel an der US-Optionbörse Chicago Mercantile Exchange (CME) im letzten Dezember einher. Bei den meisten Währungen und Anlagewerten haben Investoren die Möglichkeit, mit einer Vielzahl von Finanzinstrumenten, sogenannte Finanzderivate, auf Wertsteigerung oder Wertminderung zu setzen. Vor Dezember 2017 gab es indes keinen Markt für Bitcoin-Derivate.

Die Einführung von Bitcoin-Futures läutete den Crash ein

Futures sind standardisierte, börsengehandelte Terminkontrakte, denen ein Basiswert zugrunde liegt. Basiswerte können beispielsweise Rohstoffe, Währungen und Indizes sein. Käufer und Verkäufer verpflichten sich bei diesem Finanzinstrument, den Basiswert zu einem bestimmten Preis zu einem festgelegten Zeitpunkt zu kaufen bzw. zu verkaufen. Futures werden vor allem dazu verwendet, um sich gegen Preisschwankungen abzusichern. Aufgrund ihrer Ausgestaltung eignen sich Futures beispielsweise aber auch, um auf sinkende respektive steigende Kurse zu spekulieren.

Im Mai veröffentlichte die Federal Reserve Bank of San Francisco (FRBSF) eine Studie, die darauf hinweist, dass optimistische Anleger, die auf einen steigenden Bitcoin-Kurs wetteten, der einzige Treiber der Bitcoin-Hausse gewesen seien. Die Kursrally habe im Zuge einer selbsterfüllenden Prophezeiung immer mehr Optimisten angezogen, die wiederum die Nachfrage weiter erhöhten. Diese einseitige spekulative Nachfrage endete, als die Futures für Bitcoin am 17. Dezember an der CME den Handel aufnahmen. Denn vor der Einführung des Bitcoin-Futures-Handels sei Pessimisten kein Instrument für Leerverkäufe zur Verfügung gestanden, um von einem Kursrückgang von Bitcoin zu profitieren. «Die Einführung von Bitcoin-Futures ermöglichte Pessimisten den Markteintritt, was zur Umkehrung der Bitcoin-Preisdynamik beitrug», schlussfolgerte die FRBSF unter anderem.

Weshalb sind virtuelle Währungen so volatil?

Der steile Kursaufstieg und der ebenso jähe Kursabstieg zeigen vor allem Eines: Kryptowährungen sind ein spekulatives und sehr volatiles Investitionsvehikel und Wertaufbewahrungsmittel. Kursschwankungen von fünf bis zehn Prozent sind im Kryptowährungsmarkt jeweils an der Tagesordnung – ganz im Gegensatz zu anderen Anlageklassen (vgl. nachfolgende Grafik). In den vergangenen sechs Quartalen durchlief beispielsweise der Bitcoin in jedem Jahresviertel Phasen mit ausgeprägt kräftigen Kursauschlägen. Unter anderem aus diesem Grund ist es für das globale Finanz- und Zahlungssystem auch schwierig, virtuelle Währungen als tragfähige Alternativen zu gesetzlichen Zahlungsmitteln wie den Dollar, Schweizer Franken oder Euro zu betrachten.

Der Bitcoin bleibt deutlich volatiler als andere Anlageklassen
(Tägliche Kursveränderung zum Vortag in Prozent). Quelle: Bloomberg (Stand: 25.07.2018)

Dass der Bitcoin im Speziellen und Kryptowährungen im Allgemeinen so volatil sind, dafür gibt es mehrere Erklärungsansätze.

  • Kryptowährungen gibt es erst seit gut einem Jahrzehnt. Als noch vergleichsweise junge Anlageklasse durchlaufen sie einen Reifeprozess, der bis dato zwar von erheblichen Fortschritten, aber zeitweise auch von ebenso bitteren Rückschlägen gezeichnet ist.
  • Virtuelle Währungen haben keinen intrinsischen Wert, da sie nur aus digitalem Code bestehen; sie sind wie herkömmliches Geld blosse Tauschmittel. Der innere Wert einer Kryptowährung ist jedoch extrem schwer einzuschätzen. Statt von fundamentalen Entwicklungen wird der Kryptowährungsmarkt vielmehr durch Spekulationen, Gerüchte und News getrieben.
  • Die Regulierung von virtuellen Währungen steht weltweit noch immer am Anfang. Eine solch begrenzte Regulierung ermöglicht nicht nur Marktmanipulationen. Aufgrund der mangelnden Rechtssicherheit sehen die meisten institutionellen Investoren auch weiterhin von Investitionen in virtuelle Währungen ab. Nach wie vor gering ist auch die Akzeptanz von Krytpowährungen als Zahlungsmittel bei Retail- und Onlinehändlern.
  • Der Handel in Kryptowährungen ist sehr illiquid. Die Illiquidität begünstigt unter anderem, dass grosse Händler den Markt durch Kauf- bzw. Verkaufsaufträge in beide Kursrichtungen bewegen respektive manipulieren können.
  • Cyberkriminelle haben wiederholt Krypto-Börsen gehackt und dabei digitale Münzen in Millionenhöhe erbeutet. Solche Angriffe sorgten jeweils für Schockwellen und Panikverkäufe.

Auch wenn Krytpowährungen allgemein sehr volatil sind, unterscheidet sich die Schwankungsbandbreite der virtuellen Währungen teilweise deutlich. Das American Institute For Economic Research kommt zum Schluss, dass der Bitcoin im Quervergleich zu Ethereum, Ripple, Litecoin und Bitcoin Cash die geringste Volatilität aufweist (vgl. nachfolgende Grafik). Interessanterweise zeigt sich dabei, dass die Volatilität im Zeitraum von 2013 bis 2016 abgenommen hatte, ehe sie sich 2017 im Zuge der Spekulationsblase wieder deutlich erhöhte. Trotz oder gerade wegen des Crashs blieb die Schwankungsintensität auch im ersten Halbjahr 2018 hoch, die durchschnittlichen Tagesbewegungen der fünf virtuellen Währungen haben sich in diesem Zeitraum aber angenähert.

Im Quervergleich ist der Bitcoin die am wenigsten volatile Kryptowährung
Durchschnittliche Tagesveränderung zum US-Dollar in Prozent (vom 28. April 2013 bis 4. Juni 2018).
BTC = Bitcoin, XRP= Ripple, LTC = Litecoin, ETH = Ethereum, BCH = Bitcoin Cash.
Quelle: American Institute for Economic Research

Die hohe Volatilität des Kryptowährungsmarktes ist unter anderem für professionelle Anleger attraktiv, die über Futures-Kontrakte von diesen Kursschwankungen profitieren wollen. Das spiegelt sich etwa im durchschnittlichen, täglichen Handelsvolumen von Bitcoin-Futures an der CME.  Im Vorquartalsvergleich hat es im zweiten Jahresviertel 2018 um 93% zugenommen.

Jetzt einsteigen?

Sind Kryptowährungen nach der Kurskorrektur interessant für Privatanleger? An dieser Stelle können wir weder Bitcoin, Ethereum oder andere Kryptowährungen als praktikable Anlagealternative für private Investoren empfehlen, die einen langfristig konstanten Vermögensaufbau anstreben. Denn virtuelle Währungen sind nach wie vor eine sehr spekulative Investition. Zudem sind sie weiterhin mit vielen Unwägbarkeiten behaftet. Angesprochen sind hierbei unter anderem Stichworte wie dürftige Transparenz und Regulierung, unklare Rechtslage sowie der Mangel an Stabilität, der schlimmstenfalls dazu führen kann, dass ein Investor einen dauerhaften Kapitalverlust erleiden kann.

 

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