Investitionskapital im Überfluss und Corona – zwei der Faktoren, die den Schweizer Büromarkt stark bewegen. Wie der «CSL-Immobilienmarktbericht 2022» zeigt, wird das Homeoffice zwar die Nachfragestruktur ändern; die nachgefragte Fläche dürfte aber weniger tangiert sein.
Für Immobilieninvestoren war 2021 ein herausforderndes Jahr. Prägend waren insbesondere die unerwartet stark sinkenden Renditen. Als risikoarme Anlageklasse sind Immobilien nach wie vor ohne Alternative – das Investitionskapital fliesst weiterhin in diesen Markt. Entsprechend sanken die Netto-Anfangsrenditen in den meisten Segmenten weiter, entgegen den Erwartungen vieler Akteure. Im Fokus der Investoren stehen unverändert Liegenschaften mit erstklassigen Lage- und Objektkriterien, die mühelos langfristig vermietbar sind, wie der «CSL-Immobilienmarktbericht 2022» zeigt.
Auch im Bürosegment führte diese Entwicklung unter dem Motto «Teures wird teurer» zu Höchstpreisen. Die Netto-Anfangsrenditen für Top-Objekte erreichten mit 1,9 Prozent einen neuen Tiefstwert. Einer der Gründe dafür ist, dass im Wohnmarkt nicht mehr kompetitive Investoren in den Euromarkt auswichen. Die Folge davon: Die Rendite für erstklassige Büroliegenschaften sank 2021 erstmals auf fast dasselbe Niveau wie diejenige von vergleichbaren Wohnliegenschaften. Auf wachsendes Interesse stiessen 2021 zudem Gewerbe- und Logistikimmobilien – dies als eine weitere Ausweichbewegung der Investoren.
Das Büro wird weiterleben
Während der Pandemie arbeiteten im Schnitt 40 bis 50 Prozent der Angestellten im Homeoffice. Und nach dem zweiten Pandemiejahr ist klar: Das Homeoffice wird bleiben. Eine realistische Annahme ist, dass Arbeitnehmende künftig zwischen 20 und 40 Prozent ihrer Arbeitszeit remote leisten werden.
Ist dies das Ende des Büros, wie es bis heute bekannt ist? Nein, das Büro wird weiterleben. Es gewinnt für die Unternehmen als zentrale Drehscheibe, als Kern der Unternehmenskultur und als Ort des Austauschs sogar an Bedeutung. Dies schafft zusätzlichen Flächenbedarf für Kreativ- und Teamprozesse, für Meetingräume, Begegnungszonen und den persönlichen Austausch. Flächeneinsparungen mittels Desksharing sind zwar möglich – dieses Konzept wird jedoch längst nicht überall umgesetzt. Alles in allem erwartet CSL Immobilien deshalb von der hybriden Arbeitsweise keine grösseren Einflüsse auf die Flächennachfrage. Was sich allerdings ändern wird, ist die Nachfragestruktur. Im Vorteil sind dabei Büroangebote, die möglichst flexibel gestalt- und nutzbare Flächen bieten.
S-Bahn-Anschluss heute ein Muss für einen Bürostandort
Für die Unternehmen bringt die hybride Arbeitsweise neue Herausforderungen mit sich. Um das Büro für die Angestellten möglichst attraktiv zu machen, muss es «Home-Qualitäten» aufweisen und gut erreichbar sein. So gewinnen neben Arbeitsplatz und -umgebung die Lage und die Verkehrsanbindung an Bedeutung, was die Nachfrage nach hochwertigen Räumlichkeiten in Zentrumslagen stärkt. Abseits der Zentren machen sich bereits kleine Qualitätsabschläge bemerkbar. Ein fehlender S-Bahn-Anschluss ist für die meisten Unternehmen heute bereits ein Ausschlusskriterium.
Deshalb kam es 2021 an weniger gut erreichbaren Standorten zu grösseren Vermarktungsaufwänden und längeren Insertionsdauern. Dies zeigt auch die hohe Liquidität dieser Märkte: In den vergangenen sechs Monaten waren in den Schweizer Agglomerationen rund 2,43 Millionen Quadratmeter Bürofläche verfügbar – 7,1 Prozent mehr als in der Vorjahresperiode –, und der grösste Teil davon entfiel auf Märkte ausserhalb des städtischen Geschäftszentrums (Central Business District, kurz CBD). An weniger gut erschlossenen Agglomerationsstandorten dürfte es den Eigentümern daher künftig immer schwerer fallen, ihre Preisvorstellungen durchzusetzen.
Mittelfristig könnten strukturelle Veränderungen in der Nachfrage die Vermarktung peripher gelegener Flächen zusätzlich erschweren: Die meisten Unternehmen sind an langjährige Mietverträge gebunden. Falls sie künftig Flächeneinsparungen aufgrund von Homeoffice und Desksharing vornehmen sollten, werden sich diese erst in einigen Jahren bei Vertragsverlängerungen bemerkbar machen. An weniger begehrten Agglomerationsstandorten dürfte ein solcher Nachfragerückgang zuerst eintreten und einen steigenden Sockelleerstand bewirken. Wer in solchen Situationen Flächen erfolgreich vermarkten will, muss schnell sein. Erfahrungsgemäss wirken sich eine zügige Kontaktaufnahme sowie rege Interaktion und Kommunikation mit den Mietinteressenten positiv auf die Vermarktungschancen aus.
Büromarkt: Mieter weiterhin am Drücker
Bei Vertragsverhandlungen behalten Mieter*innen aufgrund der hohen Marktliquidität weiterhin die Oberhand. Gefordert werden Mietzinsreduktionen, Vollausbau und immer kürzere und flexiblere Vertragslaufzeiten mit Early-Break-Options. Incentives werden weiterhin gegeben, jedoch dürften Mietpreiszugeständnisse eine Seltenheit bleiben, da diese den Wert der Liegenschaft beeinträchtigen.