Schwache Konjunktur erlaubt der EZB keine Pause

Heute Nachmittag  am 30. Januar 2025 senkte die Europäische Zentralbank die Leitzinsen um weitere 25 Basispunkte. Der Fokus lag nicht auf der von den Finanzmärkten als sicher erachtete Zinssenkung, sondern auf möglichen Hinweisen der EZB-Präsidentin bezüglich der Geschwindigkeit des Zinssenkungszyklus.

Mit der vierten Zinssenkung in Folge setzt die Europäische Zentralbank (EZB) die allmähliche Lockerung der Geldpolitik fort. Neu liegt der Einlagesatz bei 2,75 Prozent, der Hauptrefinanzierungssatz bei 2,90 und der Spitzenrefinanzierungssatz bei 3,15 Prozent. Im Gegensatz zu den USA, wo die Fed gestern den Zinssenkungszyklus für unbestimmte Zeit stoppte, war der heutige Zinsentscheid kein Boxring zwischen den geldpolitischen und politischen Behörden. Auf dieser Seite des Atlantiks bleibt jeder in seiner Rolle, und Versuche zur geldpolitischen Beeinflussung fallen, wenn überhaupt, deutlich subtiler aus.

Ein erwarteter Schritt

Im Abschlussquartal 2024 kam das schwache Wirtschaftswachstum in der Eurozone vollends zum Erliegen. Zudem verzeichnete die ehemalige Wirtschaftslokomotive Deutschland gemäss der ersten Schätzung nach 2023 erneut ein weiteres Jahr mit einem Rückgang des Bruttoinlandprodukts (-0,2 Prozent). Die Daten der Einkaufskaufmanager-Indizes (PMIs) deuten zwar keine weitere Verschlechterung der eingetrübten Lage in der Industrie an, die Konjunktur bleibt aber schwach. Daher sind geldpolitische Impulse mehr als willkommen. Erschwert wird das aktuelle Makro-Bild durch die aus den nationalen Wahlen hervorgehende Zunahme der politischen Polarisierung und durch die fehlenden Haushaltsdisziplin einzelner Mitgliedsstaaten. Dies beschränkt den möglichen Handlungsspielraum fiskalpolitischer Massnahmen zur Ankurbelung des Wirtschaftswachstums.

Zuletzt zeigte die Inflationsrate nach oben. Dies erklärt sich vor allem aufgrund des Basiseffekts bei den Energiepreisen. Auch für Januar ist mit weiteren, einmaligen und jahreswechselbedingten Preissteigerungen zu rechnen. Dennoch muss sich die EZB keine Sorge in Bezug auf eine neuerliche Preisexplosion machen. Zumindest wenn sich die Lohnzuwächse wie vorgesehen abschwächen, sollte das Inflationsziel von 2 Prozent spätestens gegen Ende des Jahres wieder näher rücken.

Wie geht es weiter?

Wie immer betonte EZB-Präsidentin Christine Lagarde, dass der weitere Kurs von den makroökonomischen Daten bestimmt sein werde. Die Daten scheinen ein solches schrittweise Vorgehen zu rechtfertigen. Es ist gut möglich, dass die EZB mit weiteren Massnahmen zögert und die Geschwindigkeit der Zinssenkung nicht erhöht, bis klar ist, ob und in welchem Umfang das Weisse Haus Zölle auf europäischen Gütern erhebt. Ein erstes Zeichen für die diesbezügliche Unsicherheit ist die jüngste Zunahme der Rendite europäischer Staatsanleihen. Dies deutet auf eine Verschlechterung der Marktmeinung hinsichtlich der Konjunkturerholung hin.

Überschaubare Folge für die Schweiz

Die Finanzmärkte preisten den heutigen Zinsentscheid bereits ein. So dürften sich die Reaktion für EUR/CHF in Grenzen halten. Ein Blick nach vorn zeigt, dass das Senkungspotenzial der EZB grösser ist als jenes der Schweizerischen Nationalbank. In den nächsten 12 Monaten rechnen wir damit, dass Frankfurt die Leitzinsen um noch mindestens 75 und die SNB um höchstens 50 Basispunkte lockern wird. So wird der Aufwertungsdruck für den Franken auch angesichts der höhen Inflation, der schwächeren Konjunktur und der Sorgen um die Staatsverschuldungen in der Eurozone hoch bleiben.

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