Die Zentralbanken befinden sich in einer ungemütlichen Lage: Um die Kontrolle über die Inflation nicht zu verlieren, müssen sie die Geldpolitik rasch straffen – das wird das Wachstum belasten.
Am vergangenen Sonntag hat die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), vielfach als die «Zentralbank der Zentralbanken» bezeichnet, ihren Jahreswirtschaftsbericht für das laufende Jahr vorgelegt. Darin fordern die obersten Währungshüter die Zentralbanken dazu auf, entschlossen gegen die hohe Inflation vorzugehen und die Leitzinsen entsprechend rasch anzuheben. Der Fokus der Zentralbankenpolitik müsse derzeit klar auf der Bekämpfung der hohen Inflation liegen – auch wenn dies kurzfristig eine Belastung für das Wirtschaftswachstum darstelle. Insbesondere warnt das BIZ vor der Gefahr eines Anstiegs der langfristigen Inflationserwartungen bei zu wenig entschiedenem Vorgehen gegen die Inflation. Sollte sich die Verankerung der langfristigen Inflationserwartungen auf tiefem Niveau lösen, würde das die Entwicklung einer schädlichen Lohn-Preis-Spirale begünstigen und die Gefahr einer neuen Phase langanhaltender Teuerung vergrössern – mit entsprechenden Schäden für die Wirtschaft und die Finanzmarktstabilität.
Dass sich die Zentralbanken der Gefahr eines Anstiegs der langfristigen Inflationserwartungen bewusst sind, zeigten auch die Aussagen der Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) von vergangener Woche. Christine Lagarde versicherte, die EZB werde «entschlossen und nachhaltig» gegen die rekordhohe Inflation in der Eurozone vorgehen. Dies gelte insbesondere für den Fall, dass sich die Zeichen für einen deutlichen Anstieg der Inflationserwartungen bei den Konsument*innen und Unternehmen verdichten sollten. Gemäss Lagarde verstärkt sich der Inflationsdruck in der Eurozone und weitet sich gleichzeitig aus. Angesichts einer erwarteten Verdoppelung des Lohnwachstums auf rund 4 Prozent im laufenden Jahr hat die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale und eines entsprechenden Festsetzens der Inflation auch in der Eurozone zugenommen. Dieser Gefahr muss die EZB mit entschlossen gegenübertreten.
Druck auf das Wirtschaftswachstum
Das Gebot eines nachdrücklichen Vorgehens der Zentralbanken gegen die hohe Inflation und die mögliche Etablierung einer Lohn-Preis-Spirale trüben die kurzfristigen Perspektiven für das Wirtschaftswachstum ein. Dazu trägt auch die rapide sinkende Konsumentenstimmung bei. Die Wahrscheinlichkeit einer «sanften Landung» der Wirtschaft hat in den vergangenen Wochen weiter abgenommen. Die entsprechende Revision der Wachstumserwartungen ist auch an den Finanzmärkten nicht spurlos vorbeigegangen – deutliche Kursverluste bei Aktien und Obligationen waren die Folge.
Wir gehen nach wie vor davon aus, dass eine globale Rezession derzeit nicht absehbar ist. Sie wird von den Aktienmärkten auf dem derzeitigen Niveau auch nicht eingepreist. Sollten sich die Zeichen einer deutlichen Abkühlung der globalen Wirtschaft – oder einer noch aggressiveren Straffung der Geldpolitik – in den kommenden Wochen verdichten, sind weitere Taucher an den Aktienmärkten jedoch nicht auszuschliessen. In jedem Fall wird die Unsicherheit vorderhand hoch bleiben. Entsprechend ist mit anhaltend erhöhter Volatilität zu rechnen.
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