EZB-Zinsentscheid vom 6. Juni 2024: Die EZB leitet die Zinswende ein

Die Europäische Zentralbank (EZB) beginnt mit der Lockerung der Geldpolitik. Die Leitzinsen werden vom höchsten Stand seit der Einführung der Währungsunion um jeweils 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Die EZB verpflichtet sich nicht zum weiteren Zinsverlauf. Das Investment Office der Migros Bank rechnet bis Ende Jahr mit maximal zwei Zinssenkungen.

Wie in den letzten Wochen mehrmals von EZB-Offiziellen angedeutet, beschloss die EZB beim Juni-Meeting die erste Zinssenkung seit 2019. Eine Verschiebung des Zinssenkungszyklus-Kickoffs auf Juli hätte für Verwirrung an den Finanzmärkten gesorgt, die die heutige Reduktion der Leitzinsen mit einer nahezu hundertprozentigen Wahrscheinlichkeit eingepreist hatten. Nicht zuletzt hätte dies auch der Glaubwürdigkeit der EZB geschadet, da sich ihre Präsidentin Christine Lagarde und weitere höhere Funktionäre zu sehr bezüglich des Zeitpunkts der Zinswende exponierten.

Es hätte triftige Gründe für eine Verschiebung der Zinswende gegeben

Dennoch hätte es triftige Gründe gegeben, die eine Verschiebung um sechs Wochen gerechtfertigt hätten, um die jüngsten Entwicklungen besser einzuordnen. Im Mai stieg die Inflation in der Eurozone erstmalig im laufenden Jahr. Zwar war der Anstieg teilweise auf länderspezifische Basiseffekte zurückzuführen. Beispielsweise wurde in Deutschland genau vor einem Jahr das stark ermässigten Abonnement für den öffentlichen Verkehr eingeführt. Doch auch unter Ausklammerung solcher Sondereffekte bleibt die Teuerung gerade bei den Dienstleistungen nach wie vor zu hoch und hartnäckig. Zudem stiegen die – häufig als Entscheidungsgrundlage bezeichneten – Tariflöhne im ersten Quartal 2024 entgegen den Erwartungen von 4,5 auf 4,7 Prozent. Die EZB beeilte sich dementsprechend, die Bedeutung dieser Ergebnisse zu relativieren: So seien etwa die Zunahmen zum Teil auf einmalige Auszahlungen zurückzuführen. 

Stop-and-go: Bis Ende Jahr maximal zwei weitere Zinssenkungen zu erwarten

Mit der in gewissem Sinne selbst aufgezwungenen Zinssenkung möchte die EZB sowohl die eingesetzte, aber noch zaghafte Konjunkturerholung begünstigen als auch den Schuldendienst ihrer stark verschuldeten Mitgliedsstaaten reduzieren.

An der Pressekonferenz betonte Christine Lagarde, dass der weitere Kurs der Geldpolitik in der Währungsunion nach wie vor datenabhängig bestimmt wird. Der EZB-Rat verpflichtet sich nicht vorab zu einem bestimmten Pfad: So sind eine oder mehrere Zinspause in Folge nach einer Senkung zu erwarten. Trotz der weniger restriktiven Geldpolitik bleibt das Wachstumspotenzial für das laufende Jahr begrenzt und wir gehen deshalb nicht davon aus, dass die Zinssenkungen eine zu schnelle Beschleunigung der Konjunktur mit preistreibenden Effekten auslösen wird. Der Rückgang der Inflation unter das EZB-Ziel wird eher durch das Lohnwachstum erschwert, da eine zwar sinkende, aber noch erhöhte Inflation in den Erwartungen den europäischen Haushalten bereits verankert ist. Vor diesem Hintergrund rechnen wir bis Ende Jahr mit maximal zwei weiteren Zinssenkungen.

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