Die Angst vor einer globalen Wirtschaftskrise ist übertrieben

In den letzten 70 Jahren verzeichnete die Weltwirtschaft nur gerade einmal ein negatives Jahreswachstum. Die Aktienmärkte erwiesen sich hingegen als deutlich schwankungsanfälliger. Anleger tun deshalb gut daran, gestaffelt zu investieren.

Die Berichterstattung in den Medien lässt derzeit wenig Gutes für die Weltwirtschaft erahnen. Nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten droht eine neue Welle des Protektionismus, die Stabilität der Eurozone lässt nach wie vor zu wünschen übrig, und in China scheint das Finanzsystem durch ein überbordendes Kreditwachstum gefährdet.

Die Weltwirtschaft ist in den letzten 70 Jahren nur während eines einzigen Jahres geschrumpft.

Die damit verbunden Gefahren sind nicht zu unterschätzen. Sie können den betroffenen Volkswirtschaften einen hohen Schaden zufügen und andere Regionen in Mitleidenschaft ziehen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt jedoch, dass die Weltwirtschaft gesamthaft betrachtet eine sehr hohe Widerstandskraft aufweist. In den vergangenen 70 Jahren ist sie bloss während eines einzelnen Jahres geschrumpft: 2009, im Sog der US-Hypothekenkrise. Der Rückgang der globalen Wirtschaftsleistung betrug jedoch selbst damals lediglich 0.1 %. Dies, weil die Eintrübung der Konjunktur in den USA und in Europa durch das Wachstum in den Schwellenländern aufgewogen wurde.

BIP-Wachstum der Weltwirtschaft
Quellen: IWF, Thomson Reuters

Über das gesamte letzte Jahrhundert betrachtet konnten nur drei Faktoren einen Einbruch der globalen Wirtschaftsleistung auslösen: Die beiden Weltkriege, starke Inflationsschübe und weitreichende Finanzkrisen. Trotz erhöhter geopolitischer Spannungen erscheint das Risiko eines Krieges unter den grossen Wirtschaftsmächten nach wie vor überschaubar, die Gefahr eines kräftigen Inflationsschubs hat infolge der Globalisierung stark abgenommen, und die Risiken einer weltweiten Finanzkrise konnten zumindest in den Industrieländern mit einer Verschärfung der Regulierung eingedämmt werden.

Die Gefahr eines Zusammenbruchs des Finanzsektors in China erscheint indessen nach wie vor hoch. Ein solches Ereignis wäre wohl am ehesten mit der Asienkrise 1997/98 zu vergleichen. Diese hatte in den betroffenen Ländern einen kräftigen Einbruch der Konjunktur zur Folge, die Weltwirtschaft setzte ihren Expansionskurs aber dennoch fort.

Aufgrund der hohen Schwankungsbreite der Aktienmärkte ist ein gestaffeltes und breit diversifiziertes Investieren ratsam.

Heute gibt es mehr tragende Säulen der Weltwirtschaft als vor dem grossen Globalisierungsschub, der vor rund zwanzig Jahren eingesetzt hat. Während viele westliche Volkswirtschaften seit der Finanzkrise unter einer chronischen Wachstumsschwäche leiden, nimmt die Konsumnachfrage in Asien rasant zu. Bis 2030 wird sich die weltweite Mittelschicht (Menschen mit einem Einkommen von 1’000 bis 12’000 Dollar pro Jahr) gemäss den Berechnungen des Prüfungs- und Beratungsunternehmens PwC von 2.5 Mrd. auf 5 Mrd. Personen verdoppeln, wobei zwei Drittel davon in Asien leben werden.

Das sind positive Nachrichten für langfristig denkende Aktieninvestoren. Zudem stehen die Chancen gut, dass auch 2017 ein ansprechendes Aktienjahr wird, denn die Konjunkturindikatoren haben sich in den letzten Monaten merklich verbessert. Dabei gilt es jedoch zu bedenken, dass die Aktienmärkte zur Übertreibung neigen und sehr sensibel auf eine Veränderung der Gewinnaussichten der Unternehmen reagieren. Die Börsenkurse schwanken deutlich stärker als die globale Wirtschaftsleistung.
Anleger tun deshalb gut daran, ihre Investitionen zeitlich zu staffeln und geografisch zu diversifizieren. Dies gilt heute, in einem Umfeld mit teilweise rekordhohen Ständen der Aktienindizes, umso mehr. Vorsichtigen Investoren sei geraten, die Präsidentschaftswahl in Frankreich abzuwarten. Ein Wahlsieg Marine Le Pens würde kaum eine globale Rezession auslösen, eine Kurskorrektur der Aktienmärkte aber durchaus. Ein allfälliger Rücksetzer würde aus heutiger Perspektive eine Kaufgelegenheit darstellen.

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