Die hohen Kursverluste an den Börsen haben im laufenden Jahr viele Anleger*innen verunsichert. Wie sollen wir uns in diesem anspruchsvollen Marktumfeld verhalten, in dem Aktien wie Obligationen in ähnlichem Ausmass fallen?
Dieses Jahr ist geprägt von negativen Meldungen wie der rekordhohen Inflation, höheren Leitzinsen, dem Krieg in der Ukraine und den geopolitischen Spannungen rund um China und Taiwan. Kein Wunder, prägen hohe Kursverluste die Börsen. Wie sollen sich Anleger*innen in diesem anspruchsvollen Marktumfeld verhalten?
Emotionale Reaktionen führen zu falschen Investitionsentscheidungen
In den vergangenen Jahren ist Anlegen immer populärer geworden. Nach dem Einbruch infolge der Pandemie zeigten die Börsen weltweit nach oben und verzeichneten neue Höchstwerte. Niemand wollte den Aufwärtstrend verpassen und es wurde fleissig investiert. Die steigenden Kurse lösten eine Euphorie unter den Anleger*innen aus. Ein neuer Trend des Investierens etablierte sich. Wertschriftendepots wurden eröffnet und das Trading mit verschiedenen Apps gewann immer mehr an Bedeutung.
Die Korrektur hat diesem Trend ein vorläufiges Ende gesetzt und bei vielen Anleger*innen Emotionen wie Angst und Panik hervorgerufen. Vielfach führen aber emotionale Reaktionen zu falschen Investitionsentscheidungen: Wir steigen zu hohen Aktienkursen in den Markt ein, wenn die Börsenparty schon voll im Gange ist, und wir verkaufen zu tiefen Kursen und realisieren Kursverluste. Diese Anlagestrategie ist nicht erfolgreich und für die langfristige Rendite äusserst schädlich.
Kurskorrekturen sind normal. Der Aktienmarkt bewegt sich wie die Wirtschaft in Zyklen: Auf Markteinbrüche folgen in der Regel längere Erholungsphasen. Markteinbrüche gab es schon immer. Im schlimmsten Fall, in der Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre, verloren Anleger*innen über 80 Prozent ihres Geldes und brauchten mehr als 15 Jahre, um ihre Verluste wieder wettzumachen – sofern sie investiert blieben. Die meisten Markteinbrüche sind deutlich weniger verheerend. Der Swiss Performance Index (SPI) kehrte nach der Finanzkrise von 2008 bereits im Jahr 2013 wieder auf das Vorkrisenjahr zurück. Am zügigsten ging es nach dem Corona-Crash wieder nach oben: Weniger als ein Jahr nach dem massiven Kurseinbruch im Frühling 2020 hatte der Schweizer Leitindex SPI die erlittenen Verluste wieder wettgemacht.
«Time in the market» statt «time the market»
Entscheidend ist, dass die Anleger*innen auch in Krisen investiert bleiben und in den nachfolgenden Erholungsphasen an den Gewinnen partizipieren. Langfristig attraktive Anlagerenditen kommen nämlich hauptsächlich aufgrund von wenigen, äusserst starken Börsenmonaten zusammen. Der SPI ist in den letzten 22 Jahren um 182,7 Prozent gestiegen. Wenn Sie in den zehn Monaten mit den höchsten Renditen nicht investiert waren, reduzierte sich Ihre Rendite auf magere 28,3 Prozent. Den richtigen Einstiegszeitpunkt (Market timing) zu finden, ist dabei weniger wichtig. Viel wichtiger ist die Zeit im Markt: «time in the market» statt «time the market»!
Als Anleger*innen wünschen wir uns eine hohe Rendite bei möglichst wenig Risiko. Risiko und Rendite sind jedoch sprichwörtliche Zwillinge: Je mehr Risiko wir eingehen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer höheren Rendite. Wollen wir langfristig eine attraktive Rendite erzielen, müssen wir damit umgehen können, dass unsere Anlagen kurz- und mittelfristig zwischenzeitlich deutlich an Wert verlieren. Auf lange Frist zahlt sich Risiko aus, wie der Rückblick auf die Performance des SPIs in den letzten 22 Jahren zeigt (siehe Grafik). Der Zinseszinseffekt aus den reinvestierten Erträgen wie z.B. Zinsen und Dividenden leistet dabei einen wichtigen Beitrag zur Performance. Er wirkt umso stärker, je länger man investiert ist. Umgekehrt bedeutet das auch: Je kürzer der Investitionszeitraum, desto geringer fällt der Zinseszinseffekt aus.
Kurz zusammengefasst: Bleiben Sie investiert, reinvestieren Sie ihre Erträge und verstärken Sie den Zinseszinseffekt auf ihren Anlagen. Ihre langfristige Rendite wird es Ihnen danken.