Auf Trump oder auf Harris setzen?

Die Frage, ob Donald Trump oder Kamala Harris das Rennen um das Weisse Haus gewinnt, brennt auch vielen Anlegerinnen und Anlegern unter den Nägeln. Sie möchten schliesslich bestmöglich positioniert sein. Doch ist der Ausgang der Wahl tatsächlich so entscheidend?

In drei Monaten finden die US-Präsidentschaftswahlen statt. Nach dem Rückzug von Amtsinhaber Joe Biden ist es nochmals spannender geworden. Der republikanische Kandidat Donald Trump und seine demokratische Widersacherin Kamala Harris liefern sich insbesondere in den entscheidenden «Swing States» ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Wer letztlich die Nase vorne haben wird, lässt sich gegenwärtig nicht sicher vorhersagen.

Ein erstes Indiz könnte ein direktes Aufeinandertreffen der Kontrahenten bei einem TV-Duell liefern. Ob dieses jedoch überhaupt zustande kommt, ist noch ungewiss. Denn hinsichtlich wichtiger Eckpunkte steht eine Einigung weiterhin aus. Während Harris auf dem ursprünglich vereinbarten Termin vom 10. September beim Sender ABC-News beharrt, möchte Trump die Debatte für den 4. September auf Fox News ansetzen.

Geduld ist gefragt

Die amerikanische und die internationale Politik, die Wirtschaft und nicht zuletzt auch die Investorenwelt werden sich also weiter in Geduld üben müssen, bevor sie mehr Gewissheit darüber haben werden, wer ab 2025 das höchste Amt der grössten Volkswirtschaft bekleiden wird. Gut möglich, dass sich dies nicht vor dem Wahltag vom 5. November klären wird. Und auch dann könnte es durchaus noch einige Zeit dauern, bis das Ergebnis zweifelsfrei feststeht. Man erinnere sich an die Wahl von 2000 zwischen Amtsinhaber George W. Bush und Herausforderer Al Gore. Damals stand Bush erst nach einer durch den Supreme Court angeordneten Stimmnachzählung in einigen Wahlkreisen als Wahlsieger fest.

Wie lange es auch bis zu mehr Klarheit dauern wird – viele Anlegerinnen und Anleger möchten am liebsten heute schon ihr Portfolio am erwarteten Wahlausgang ausrichten oder zumindest Indizien dafür erhalten, was ein Sieg von Trump bzw. von Harris für die Finanzmärkte bedeuten würde. Doch so einfach ist dies gar nicht zu beantworten. (Ganz abgesehen davon, dass dieses Jahr – wie in jedem Jahr, das durch vier teilbar ist – nicht nur die Präsidentschaftswahl, sondern gleichzeitig auch die Wahlen für den amerikanischen Kongress abgehalten werden, wo sich ebenfalls ein enges Rennen abzeichnet.)

Ob Trump oder Harris…

Grundsätzlich scheint es für den Fall eines Tump-Sieges zumindest auf den ersten Blick einigermassen klar zu sein, wer zu den Gewinnern gehören würde. Denn der Republikaner steht für weniger Regulierung, tiefere Steuern, weniger Klimaschutz und dafür mehr Protektionismus für die eigene Wirtschaft mittels teils drastischer Einfuhrzölle. Von diesen programmatischen Eckpunkten dürften demnach Unternehmen der traditionellen Energiewirtschaft profitieren, ebenso wie kleine und mittlere Unternehmen (weniger internationale Konkurrenz auf dem heimischen Markt) sowie die Regionalbanken (weniger Regulierungsaufwand).

Wenn hingegen Kamala Harris das Rennen für sich entscheiden sollte, erscheint die Prognose zu den Finanzmarktgewinnern schwieriger. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Demokratin bislang noch kein offizielles und konkretes Wahlprogramm vorgelegt hat. Es ist jedoch anzunehmen, dass Harris den durch Joe Biden vorgespurten Kurs fortsetzen wird. Das heisst, dass etwa der Ausbau erneuerbarer Energien weiterhin auf hohen präsidialen Sukkurs zählen kann, der Gegenwind für die Öl- und Gasindustrie eher zu- als abnehmen wird und sich Unternehmen des Gesundheitssektors über anhaltenden politischen Rückenwind freuen können, da ein starker Sozialstaat mit entsprechenden Transferleistungen zu den ureigensten Anliegen der demokratischen Partei gehört.

…ist anlagestrategisch nicht matchentscheidend

Auch wenn das Rennen um die US-Präsidentschaft derzeit noch völlig offen ist und wohl auch noch für längere Zeit offen bleiben wird – es gäbe sie also durchaus, diese Trump- bzw. Harris-Trades. Wer auch immer über die ominöse Kristallkugel oder zumindest über eine starke Überzeugung für den einen oder anderen Wahlausgang verfügt, kann sich anlagetaktisch zumindest zu einem gewissen Grad entsprechend positionieren. Die Frage ist jedoch, wie sinnvoll das Eingehen solcher Wetten aus Sicht eines langfristig orientierten Anlegers ist.

Denn erstens machten Realitäten bislang noch vor keinem Präsidenten Halt. Realitäten, die zuweilen einen dicken Strich durch die programmatische Ausrichtung des Amtsinhabers machten. So erreichten etwa die tödlichen Einsätze von Militärdrohnen unter Friedensnobelpreisträger Obama ihren vorläufigen Höhepunkt, die Staatsausgaben schnellten unter dem überzeugten «Slim-State»-Befürworter Trump auf Rekordstand und Strafzölle kletterten unter dem Internationalisten Biden auf immer neue Höhen.

Zweitens stellt der amerikanische Konjunkturverlauf mittel- bis langfristig die entscheidendere Einflussgrösse für die Entwicklung der US-Finanzmärkte dar. Dieser dürfte zwar vorerst etwas an Glanz verlieren, zu einem eigentlichen Einbruch – wie seit den jüngsten Arbeitsmarktdaten wieder verstärkt befürchtet wird – dürfte es aber nicht kommen. Das von uns stets propagierte Soft Landing ist weiterhin nicht unmittelbar in Gefahr. Mehr noch: Auch in den nächsten Jahren wird das Wirtschaftswachstum in den USA generell höher ausfallen als beispielsweise in Europa.

Zusammen mit der hohen Innovationskraft der amerikanischen Wirtschaft und der massiven Soft Power, die in weiten Teilen der Welt immer noch dominant ist, relativiert dies die Anlageimplikationen der Präsidentschaftswahl doch beträchtlich. Unabhängig davon, ob die USA in den nächsten vier Jahren nun von einem Präsidenten Trump oder von einer Präsidentin Harris regiert werden.

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