Die E-Mobilität verliert an Power

Die Verbreitung der E-Mobilität gerät ins Stocken. Die Politik beisst sich am tatsächlichen Konsumentenverhalten die Zähne aus. Aus liberaler Sicht liegt der Ausweg aus dieser Situation weder in Verboten noch in immer höheren Subventionen, sondern in der Begünstigung des technologischen Fortschritts.   

Es sind schlechte Nachrichten für die E-Mobilität. Denn die jüngsten Daten zur Marktentwicklung von Stromfahrzeugen sind ernüchternd. Und dies im grossen Stil: Sowohl in Übersee als auch in Europa bereiten die Zahlen Grund für zunehmende Sorgen.

Biden verfehlt sein Ziel

Werfen wir zuerst einen Blick in die USA. Dort stagnierte der Verkauf von neuen Elektro-Autos im zweiten Quartal bei bescheidenen acht Prozent. Damit bleiben die Verkaufszahlen weit hinter den Absichten der US-Regierung zurück. Präsident Joe Biden erklärte 2021, dass bis zum Jahr 2030 die Hälfte aller verkauften Neuwagen elektrisch angetrieben werden sollten.

Dieses präsidiale Ziel dürfte weit verfehlt werden. Daran wird auch der im Juli angelaufene Verkauf von Teslas Cyber-Truck nicht grundlegend etwas zu ändern vermögen. Dies, obschon der vollelektrische Pickup bezüglich Wuchtigkeit das in den USA weit verbreitete Interesse an grossen und robusten Fahrzeugen durchaus befriedigen dürfte.

Die US-Autobauer reagieren

Dennoch scheint bei den Amerikanerinnen und Amerikanern die Lust auf Elektrofahrzeugen nicht zu wachsen, sondern tendenziell abzunehmen. So gaben viele US-Autohändler in einer jüngst durchgeführten Umfrage an, dass E-Autos zunehmend zu Ladehütern verkämen, während die Verkäufe von Verbrennern weiterhin gut liefen.

Die grossen Autokonzerne reagieren nun. So gab Ford bekannt, die geplante vollelektrische Version des F-150 – eines der populärsten Pickup-Modelle in den USA – nicht zu produzieren. General Motors wiederum vertagte seine Pläne für eine Batteriefabrik mit Samsung auf 2027. Dies spiegelt die grosse Verunsicherung bei den Fahrzeugherstellern, was auch mit dem ungewissen Ausgang der Präsidentschaftswahlen zu tun hat. Denn bislang haben vor allem die Möglichkeiten zur Steuerabschreibung Anreize geschaffen, ein E-Auto anzuschaffen. Ob diese unter einem Präsidenten Trump aufrechterhalten würde, darf zumindest bezweifelt werden.

E-Auto-Verkäufe brechen in Europa ein

Die Akzeptanz von Elektrofahrzeugen ist in den USA also bestenfalls mässig ausgeprägt. Doch auch in Europa bleibt die Nachfrage nach Stromern weit hinter den hoch gesteckten Ambitionen zurück, was den sowieso schon rauen Gegenwind für die europäische Autowirtschaft zusätzlich verschärft. So ging auf Jahresbasis im August die gesamte Anzahl Neuzulassungen um mehr als 18 Prozent zurück, was bereits als mittlere Katastrophe bezeichnet werden kann. Bei den Elektrofahrzeugen aber zeigt sich ein eigentliches Blutbad: Die Neuimmatrikulationen brachen rund 44 Prozent ein – in Deutschland sogar um 70 Prozent. Mehr noch: Der Marktanteil von Stromern liegt damit europaweit noch bei etwas über 14 Prozent. Das entspricht einem Rückgang von rund 6,5 Prozentpunkten innerhalb eines Jahrs. Der Vormarsch der E-Mobilität ist damit auch in Europa nicht nur zum Erliegen gekommen, sondern hat sogar den Rückwärtsgang eingelegt.

Auch in der Schweiz herrscht Skepsis

Und die Schweiz? Auch hierzulande ist die Aufbruchsstimmung bezüglich der Elektromobilität zwar nicht verflogen, aber doch merklich abgeflaut. So können sich einer repräsentativen Axa-Studie zufolge nur 23 Prozent der Befragten vorstellen, in den nächsten zwei Jahren ein elektrisch angetriebenes Fahrzeug anzuschaffen. Dennoch sehen gemäss jüngsten Auswertungen die Verkaufszahlen von E-Autos besser aus als in Europa: Im August belief sich deren Anteil bei den Neuzulassungen auf gut 26 Prozent.

Doch trotz dieser vergleichsweisen hohen Werte ist man auch in der Schweiz weit von den Zielen der bundesrätlichen Roadmap entfernt. Diese sah vor, dass bis Ende 2025 – also in etwas mehr als einem Jahr– die Hälfte aller verkauften Neuwagen alternativ angetrieben sein sollten (reine Elektro- oder Plug-In-Hybrid-Fahrzeuge). Ein Ziel, das Bundesrat Albert Rösti kürzlich um fünf Jahre nach hinten verschob. Denn dessen Erreichung in nur 15 Monaten ist schlicht illusorisch, zumal die Trendentwicklung auch hierzulande in die gegenteilige Richtung zeigt: Gegenüber dem Vorjahr gingen die Neuzulassungen bei den reinen Stromern im um 20 Prozent zurück, bei den Plug-In-Hybriden betrug der Einbruch im gleichen Zeitraum sogar 28 Prozent. Einzig die Normal-Hybride verzeichneten einen Zuwachs (+9 Prozent).

Grosse Lücken zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Ob in den USA, in Europa oder in der Schweiz – die Verkäufe von voll- oder teilelektrisch angetriebenen Fahrzeuge liegen teilweise weit hinter den Erwartungen zurück. Zwischen politischen Ambitionen und tatsächlichem Konsumentenverhalten klaffen beträchtliche Lücken. Darüber, wie diese zu schliessen sind, scheiden sich die Geister. Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten:

Erstens: Die Politik verabschiedet sich von den (zu) hoch gesteckten Zielen und passt sie an die tatsächlichen Begebenheiten an. Dazu gehört auch die (schmerzhafte) Anerkennung der Realität, dass die Akzeptanz und die Begeisterung für die E-Mobilität – aus unterschiedlichen Gründen – doch nicht in dem Umfang vorhanden ist wie ursprünglich angenommen. Die Verlängerung der Roadmap in der Schweiz oder die europäischen Diskussionen um eine Verschiebung des für 2035 geplanten Verbots von Verbrenner-Neuzulassungen scheinen in diese Richtung zu gehen.

Zweitens: Der Staat subventioniert die Elektromobilität – und zwar massiv. Die Erfahrungen in den USA, in europäischen Ländern und auch in der Schweiz zeigen eines deutlich: Gehen die staatlichen Unterstützungen und Begünstigungen zurück, gerät der Vormarsch der E-Mobilität in Bedrängnis. Umfangreiche Subventionierung (von Kaufprämien über Investitionen in Ladeinfrastruktur bis zu steuerlichen Anreizen) würden den alternativ angetriebenen Autos wieder zusätzlichen Rückenwind verleihen.

Drittens: Die Politik setzt auf faktischen Zwang und verbietet Verbrennungsmotore. Für Neuzulassungen hat die EU – Stand heute – ein solches für 2035 geplant (siehe oben). In Norwegen soll ein entsprechendes Verbot bereits im nächsten Jahr in Kraft treten.

Nicht Verbote und Subventionen…

Was ist nun der Königsweg hin zur vollständigen Abkehr vom Verbrennungsmotor? Aus ordnungspolitischer und liberaler Sicht ist gegenüber der zweiten und dritten Herangehensweise mehr als nur Argwohn angebracht. Strikt-dogmatische Verbote sollten immer ultima ratio bleiben, und ausuferndes Subventionierungs- und Förderungsregime – auch wenn es im Namen des Klimaschutzes ist – führen kaum zu einem optimalen Ergebnis, sondern eher zur ineffizienten Ressourcenallokation. Zumindest ist es in der Vergangenheit noch nie wirklich gut herausgekommen, wenn der Staat unter Berufung eines grösseren Ganzen dirigistisch in die Wirtschaf eingriff.

…sondern Forschung und Entwicklung!

Trägt man diesen Bedenken Rechnung, liegt der Ausweg in einer Mischung aus dem ersten Ansatz und der Schaffung möglichst guter Rahmenbedingungen für technologischen Fortschritt. Das heisst, dass die Ziele sich an den realen Gegebenheiten orientieren. Und zu diesen zählt nun mal eine gewisse konsumentenseitige Skepsis gegenüber der Elektromobilität in der heutigen Form. Gelingen hingegen technologische Fortschritte, welche die heutige Skepsis aus dem Weg räumen, dürfte die E-Mobilität praktisch zum Selbstläufer werden. Es ist ein bisschen so wie beim Aufkommen des Automobils oder des Smartphones. Kaum jemand ist heute noch mit Kutschengespann unterwegs, und die Tastenhandys vom Typ Nokia 6310 sind komplett aus dem Alltag verschwunden. Und das ganz ohne Zwang und Verbote – und erst noch mit mehr als nur satten Gewinnen für die entsprechenden Hersteller.

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