Das CO2-Gesetz sah klare Emissionsgrenzwerte für Gebäude vor. Doch die Vorlage scheiterte am 13. Juni mit rund 52 Prozent Nein-Stimmen. Der «Plan B» ist klar: Wer baut und saniert, muss sich nach den kantonalen Energievorschriften richten. Auch die sehen eine Wende Richtung erneuerbare Energie vor.
Gebäude sind in der Schweiz für 44 Prozent des Energieverbrauchs und für 24 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich (Stand 2019). Das CO2-Gesetz sah daher neben Abgaben auf Benzin, Öl und Gas klare Grenzwerte für Gebäude vor. Nach dem Gesetz wäre noch ein CO2-Ausstoss von 20 Kilogramm pro Jahr und Quadratmeter Energiebezugsflächen zulässig gewesen (Emissionsgrenzwert). Die meisten Fachleute sind sich einig: Mit Öl- und Gasheizungen wäre dies kaum einzuhalten.
Doch die Vorlage, auf die sich National- und Ständetrat letztes Jahr geeinigt hatten, ist in der Volksabstimmung knapp gescheitert. Viele Haus- und Wohnungseigentümer sind verunsichert – was gilt jetzt? Die abgelehnte CO2-Vorlage und die bisherige Politik unterscheiden sich vor allem in zwei Punkten:
- Der im Gesetz definierte CO2-Grenzwert wäre vergleichsweise streng und würde schweizweit einheitlich gelten.
- An dessen Stelle liegt jetzt der «Lead» wieder bei den kantonalen Bau- und Energiegesetzen und der kantonalen Zuständigkeit. Kurz gesagt: Wer baut oder saniert, muss einen Energienachweis erbringen und die kantonalen Energie- und Baugesetze beachten. In der Praxis übernimmt dies meist der Architekt.
Kantonale Unterschiede beachten
«Die Federführung für die Energiegesetze liegt klar bei den Kantonen», sagt Clemens Bohnenblust, Leiter der Fachstelle Energie der Migrol. In der Praxis sei dies nicht immer einfach. «Selbst Fachleute müssen gewisse Details bei der zuständigen Energiefachstelle des Kantons in Erfahrung bringen», so seine Erfahrung. Zwar gab es seit den 1990er-Jahren eine Tendenz, die kantonalen Bestimmungen zu vereinheitlichen. Doch wie rasch und in welchem Umfang die Mustervorschriften im Energiebereich (MuKEN) umgesetzt werden, weicht von Kanton zu Kanton ab.
Die Tendenz ist aber klar: Die Kantone haben die Anforderungen und Standards mit den vereinheitlichten MuKEn in den letzten Jahren deutlich erhöht. Der Unterschied liegt vor allem darin, dass die kantonalen Gesetze unterschiedliche Varianten zulassen. Je nach Einzelfall, je nach Gebäude und finanziellen Möglichkeiten der Hauseigentümerinnen und -eigentümer sehen die Kantone eine breite Auswahl an Sanierungsvarianten vor – etwa eine zusätzliche Solaranlage oder die Sanierung der Fassade.
Keinen wesentlichen Unterschied zwischen dem jetzt geltenden System und der CO2-Vorlage gibt es beim Neubau: Die Anforderungen sind so ausgestaltet, dass im Neubau praktisch keine Heizungen mehr mit fossilen Brennstoffen eingebaut werden. Dieser Trend spiegelt sich in den Marktanteilen schon seit mehr als 10 Jahren: Bei Neubauten kommen praktisch nur noch erneuerbare Energieträger zum Einsatz, etwa Wärmepumpen mit Erdsonden.
Kantone machen vorwärts
«Die Vorschriften der Kantone zielen schon seit 30 Jahren darauf ab, die Anforderungen an die Gebäude zu erhöhen und die Energieeffizienz zu verbessern», sagt Olivier Brenner von der Konferenz kantonaler Energiedirektoren EnDK. Die letzte Ausgabe der harmonisierten Mustervorschriften sei in 14 Kantonen umgesetzt bzw. in die kantonale Gesetzgebung aufgenommen worden. Laut Brenner setzen sich mehr und mehr Systeme mit erneuerbaren Energien durch – und zwar nicht nur bei Neubauten: «Auch bei Bestandesbauten hat sich in den letzten Jahren der Trend Richtung erneuerbare Energieträger verstärkt», betont der Experte von der EnDK. Dies zeichne sich vor allem in denjenigen Kantonen ab, die sich nach den Mustervorschriften orientieren würden. In Kantonen, welche Anforderungen an den Heizungsersatz stellen, kommen zu rund 80 Prozent erneuerbare Energieträger zum Zug.
Dazu gehören vor allem Wärmepumpen (entweder mit Erdsonde oder Luft-Wasser-Wärmepumpen). In drei weiteren Kantonen sind die Gesetzesrevisionen abgeschlossen – in Zürich und Tessin läuft noch die Referendumsfrist. In sechs Kantonen befinden sich die Gesetzesrevisionen in der parlamentarischen Diskussion (z.B. Bern, Genf, Zug). Dabei zeigt sich: Manche Kantone wie etwa Basel-Stadt oder Zürich legen die Hürden ähnlich hoch wie beim eidgenössischen Grenzwert. In Basel-Stadt zeigt diese Politik offenbar Wirkung, tendieren doch die Öl- und Gasheizungen bei Neubau und Heizungsersatz gegen Null. Nicht zu vergessen ist, dass die Schweiz ohnehin bereits ein CO2-Gesetz hat und auch CO2-Abgaben eingeführt worden sind. Aktuell liegt die Abgabe bei 96 Franken pro Tonne CO2-Ausstoss. Das jetzt geltende Gesetz lässt eine Erhöhung auf 120 Franken zu, sofern gewisse Zwischenziele bei den CO2-Emissionsreduktionen nicht erreicht werden.
Hauseigentümer sollten längerfristig planen
Was heisst dies jetzt für Immobilieneigentümerinnen und -eigentümer? Wer neu baut, eine grössere Sanierung vornimmt und/oder die Heizung ersetzt, muss die kantonalen Vorschriften beachten. Wichtig ist es, sich periodisch mit dem Zustand des Gebäudes auseinanderzusetzen und den «Lebenszyklus» der Installationen und Bauteile zu kennen.
Gerade für Eigentümerinnen und Eigentümer von älteren Gebäude stellen sich oft komplexe Fragen. Zum Beispiel: Mit welchen Kosten ist zu rechnen? Lohnt es sich überhaupt, ein noch eher schlecht gedämmtes Wohnhaus auf erneuerbare Energie umzurüsten? Die Kantone und der Bund haben in den letzten Jahren das Angebot an Informationen und Beratungen ausgebaut. Informationen dazu bieten zum Beispiel folgende Websiten:
Wer das Haus bereits energetisch saniert und/oder auf ein erneuerbares Heizsystem umgerüstet hat, hat für die Zukunft vorgesorgt. Meist gilt auch die Regel: Wenn ein schon bestehendes Gebäude mindestens die Energieklasse D erreicht (nach dem Standard GEAK, d.h. Energieausweis der Kantone), kann das Haus auch mit der bisherigen Heizungsart weiter betrieben werden. Auch hier gilt es, die kantonalen Bestimmungen zu beachten. Die meisten Kantone verlangen im Zug einer Heizungsauswechslung, dass ein Anteil von 10 Prozent des Bedarfs durch erneuerbare Energie abgedeckt oder eingespart wird. Je nach Kanton werden teils auch 20 Prozent gefordert.
Das Gebäudeprogramm bleibt
Das Gebäudeprogramm, das zum Teil durch die CO2-Abgaben finanziert wird, läuft wie bisher weiter. Für Hauseigentümerinnen und -eigentümer bieten sich somit zahlreiche Möglichkeiten, sich beraten zu lassen und auch finanzielle Beiträge der öffentlichen Hand beanspruchen zu können. Da energetische Sanierungen in der Regel auch eine Wertvermehrung darstellen, lohnt sich ebenfalls das Gespräch mit der Bank. In vielen Fällen lassen sich grössere Investitionen durch eine Aufstockung von Hypotheken finanzieren.
«Das CO2-Gesetz hätte den Zweck verfolgt, die Klimaziele im Gebäudebereich über Emissionsgrenzwerte zu erreichen. Der Unterschied liegt jetzt darin, dass das Gleiche über die kantonalen Energiegesetze erfolgt», so das Fazit von Olivier Brenner. Der Effekt sei aber der gleiche – nämlich die Dekarbonisierung der Heizungen voranzubringen und den Trend in Richtung Heizungen mit erneuerbarer Energie zu fordern und zu fördern.
Stand der kantonalen Gesetze
Nach der Ablehnung des eidgenössischen CO2-Gesetzes liegt die Federführung für Energieeinsparungen im Gebäudebereich bei den Kantonen. Das heisst: Wer baut oder saniert, muss die jeweiligen kantonalen Energie- und Baugesetze beachten.