Kann Trump das Fed zu einer Kursänderung drängen?

Die Leitzinserhöhungen der US-Notenbank (Fed) sind Donald Trump ein Dorn im Auge. Er hat das Fed dafür mehrfach scharf kritisiert. Der Präsident hat jedoch keinen direkten Einfluss auf die geldpolitischen Entscheide der Zentralbank. Ihm bliebe nur die indirekte Einflussnahme über die Auswahl der Notenbankgouverneure, die er dem Senat jeweils zur Wahl vorschlagen muss. Bislang hat Trump jedoch stets neutrale Kandidaten nominiert.

US-Präsident Donald Trump hat das Fed in den vergangenen Monaten vehement kritisiert. Seiner Ansicht nach ist die Geldpolitik zu restriktiv und gefährdet den wirtschaftlichen Aufschwung. Die US-Notenbank hat sich als einzige der grossen Notenbanken bereits von der Nullzinspolitik verabschiedet und den Leitzins seit Ende 2015 acht Mal erhöht.

Das Fed wird sich aber von Trump wohl kaum beeinflussen lassen. Es hat sich in der Ausgestaltung der Geldpolitik an ein verfassungsrechtliches Doppelmandat zu halten: Preisstabilität und Vollbeschäftigung. Die Geldpolitik ist in erster Linie darauf ausgerichtet, diese zwei Ziele zu erreichen. Um das Mandat zu erfüllen, verfolgt das Fed eine langfristig ausgerichtete Strategie, in der politisch oder wahltaktisch motivierte Wünsche der Regierung keine Rolle spielen sollten.

Trumps Kritik erstaunt nicht, denn er ist an einem möglichst starken Wirtschaftswachstum interessiert. Eine lockere Geldpolitik würde der US-Wirtschaft kurzfristig nochmals Aufwind verleihen und den konjunkturellen Aufschwung künstlich verlängern.

Das Fed ist zwar nicht vor politischer Einflussnahme durch die Regierung geschützt, denn der US-Präsident nominiert die Kandidaten für den Fed-Gouverneursrat. Aufgrund zahlreicher Vakanzen im Gouverneursrat kann Trump in der aktuellen Regierungsperiode insgesamt sechs der sieben Gouverneure und damit die Hälfte des zwölfköpfigen Offenmarktausschusses neu besetzen. Dies ist eine ausserordentliche Gelegenheit, um politische Einflussnahme auszuüben. Bei seinen bisherigen Nominierungen hat sich der US-Präsident allerdings stets für zentrumsorientierte Kandidaten ausgesprochen, d.h. diese standen weder für eine besonders restriktive («hawkish») noch für eine besonders expansive («dovish») Geldpolitik. (Jerome Powell, Randal Quarles und Richard Clarida haben ihr Amt in der laufenden Regierungsperiode angenommen, 3 Gouverneursratssitze sind zurzeit vakant, siehe Grafik 1).  In einem Senat mit knappen Mehrheitsverhältnissen haben extreme Kandidaten ohnehin schlechte Chancen.

Grafik Nr. 1: Zusammensetzung des zwölfköpfigen Offenmarktausschusses per 13.11.2018

Zusammensetzung des zwölfköpfigen Offenmarktausschusses per 15.11.2018
Quelle: Migros Bank

Der Offenmarktausschuss trifft die geldpolitischen Entscheidungen der US-Notenbank. Dieses Fachgremium setzt sich zusammen aus einem siebenköpfigen Gouverneursrat, dem Vertreter der Distriktnotenbank New York, der einen permanenten Sitz einnimmt, und vier der elf Vorsitzenden der restlichen Distriktnotenbanken, welche sich jährlich im Amt abwechseln (siehe Grafik 2; lesen Sie hierzu auch: Personalnot beim Fed). Gouverneure werden vom US-Präsidenten nominiert und anschliessend vom Senat bestätigt. Die Distriktnotenbanken hingegen wählen ihre Vertreter direkt. Anschliessend müssen sie durch den Gouverneursrat bestätigt werden.

Grafik Nr. 2: Wer fällt die geldpolitischen Entscheide?

Quelle: Migros Bank

Gemäss dem «Hawk-Dove-Spektrometer» der Nachrichtenagentur Reuters (einer gelungenen Visualisierung der geldpolitischen Haltung der Offenmarktausschussmitglieder) ist die gegenwärtige Zusammensetzung des Fachgremiums tendenziell restriktiv gestimmt. Vereinfacht gesagt: Die Entscheidungsträger im Fed halten im aktuellen Wirtschaftsumfeld eine weitere Straffung der Geldpolitik für notwendig.
Trumps Kritik dürfte höchstens medial für Wirbel sorgen. Die Migros Bank rechnet damit, dass die US-Notenbank bis Mitte 2019 drei weitere Leitzinserhöhungen vornehmen wird. Danach wird sie wohl von weiteren Zinsschritten absehen: Dann dürfte nämlich gemäss unseren Erwartungen die US-Wirtschaft allmählich an Dynamik einbüssen.

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