Die USA bleiben einäugiger König

Die US-Wirtschaft zeigt sich in bemerkenswert solider Verfassung. Zwar frischt der Gegenwind auf – Sorgen vor einer baldigen Rezession halten wir aber weiterhin für nicht angezeigt. Dies spiegelt sich auch in unserem Zinsausblick.

Zu den Nein-Sagern gehören wir definitiv nicht. Zumindest nicht, wenn wir den Blick auf die USA werfen. Im Gegenteil: Wir bekennen uns gleich vier Mal zu einem deutlichen «Ja».

Ja, sie ist robust: Die amerikanische Wirtschaft zeigt sich trotz der überschiessenden Inflation und des höchsten Leitzinsniveaus seit 22 Jahren in einer ordentlich soliden Verfassung. Dies illustrieren etwa die vergleichsweise starken Wachstumszahlen. Auf annualisierter Basis wuchs die US-Wirtschaft im zweiten Quartal um 2,4 Prozent und nahm damit gegenüber dem ersten Jahresviertel zusätzlich Fahrt auf. Ebenso spiegelt sich die Robustheit der amerikanischen Wirtschaft in der anhaltenden Stärke des Arbeitsmarkts, welche zuletzt am Donnerstag durch die jüngsten Arbeitsmarktdaten bestätigt wurde. So fielen die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung erneut rückläufig aus (siehe Grafik).

Ja, sie wird: Die US-Konjunktur wird an einer Rezession vorbeischrammen. Gerade aufgrund des weiterhin brummenden Arbeitsmarktes dürfte die private Konsumnachfrage – und damit der zentrale Wachstumspfeiler der amerikanischen Konjunktur – nicht vor einem eigentlichen Einbruch stehen. Auch wenn die Stimulus- und Coronanachholeffekte auslaufen und die amerikanischen Unternehmen den Gegenwind durch das Zinsniveau und die angespannte Weltwirtschaftslage zusehends stärker zu spüren bekommen, bleiben damit die Voraussetzungen für zumindest leicht positive Wachstumsraten intakt. Wir sehen uns daher in unserer Einschätzung bestätigt, dass der US-Wirtschaft ein «Soft Landing» gelingen wird.

Ja, sie macht weiter: Die US-Notenbank (Fed) ist noch nicht am Ende ihres Zinserhöhungszyklus angelangt. Der widerspenstig-robuste Arbeitsmarkt sowie die noch immer deutlich überschiessende Gesamtinflationsrate und nicht zuletzt die hartnäckig-klebrige Kernteuerung belässt die Fed unter anhaltend hohem Handlungsdruck. Dass sich die Notenbank dessen bewusst ist, zeigte sich auch in dem am Mittwoch veröffentlichten Sitzungsprotokoll zum Juli-Zinsentscheid. Demnach hält es eine Mehrheit der Offenmarktausschuss-Mitglieder für möglicherweise erforderlich, zur weiteren Inflationsbekämpfung die geldpolitischen Zügel noch stärker zu straffen. Wir halten daher unsere Prognose aufrecht, wonach die Fed bis zum Jahresende den Leitzins um weitere 25 Basispunkte anheben wird.

Ja, Totgesagte leben länger: Stark invertierte Zinskurve, Inflationsschübe, ausufernde Verschuldung, drastischer Zinsanstieg, kriselnder Greenback oder unüberwindbar scheinende politische Gräben – es gab und gibt viele Gründe, die gegen eine starke US-Konjunktur sprechen. Den Abgesang auf die weltgrösste Volkswirtschaft haben wir jedoch stets für verfrüht gehalten. Das heisst aber nicht, dass wir die Perspektiven für die amerikanische Wirtschaft als rosig beurteilen. Im weiteren Jahresverlauf wird es für die USA ungemütlicher werden, und die Konjunktur dürfte zeitweilig annähernd stagnierend verlaufen. Angesichts der strauchelnden Wirtschaft Chinas und der stark eingetrübten Aussichten für Europa scheint uns aber das Konjunkturbild für die USA nicht das düsterste zu sein. Insofern schliessen wir mit einem weiteren «Ja»: Ja, es stimmt doch: Unter den Blinden ist zuweilen der Einäugige König.

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