«Buy to let»: Rendite mit Risiko

Rund jede fünfte Eigentumswohnung geht heute an Privatpersonen, die sie als Anlageobjekt erwerben und an Dritte vermieten. Die Gefahren dieser attraktiv scheinenden Investitionsweise werden dabei häufig ausgeblendet.

Früher kaufte man sich eine Eigentumswohnung und zog selbst ein. In einzelnen Fällen erfolgte der Kauf im Hinblick auf den Lebensabend. Bis es soweit war, wurde die Wohnung vermietet. Alles in allem: eine überschaubare Situation für Vermarkter und Bewirtschafter von Stockwerkeigentum (STWE). Doch diese Zeiten sind vorbei: Das aktuelle Niedrigzinsumfeld und der Mangel an Alternativen haben neue Akteure auf den Immobilienmarkt gebracht. Die Migros Bank schätzt, dass heute zwischen 15 und 20 Prozent der STWE-Neubauwohnungen an Käufer gehen, die gar nie selbst einziehen wollen. Ihr Ziel ist ein anderes: Sie investieren, um ihr Geld gewinnbringend anzulegen.

«Buy to let» nennt sich dieses Modell, das landesweit im Trend ist. Und es scheint tatsächlich attraktiv: Bei einem Kaufpreis von beispielsweise 1 Million Franken und realistischen Mieteinnahmen von 30’000 Franken pro Jahr errechnet sich eine Bruttorendite von 3 Prozent. Das wesentlich mehr als bei anderen Anlagekategorien – ausser Aktien, die aber ein grösseres Schwankungsrisiko mit sich bringen. Als Zuckerguss kommt die erwartete Wertsteigerung hinzu. Und so erstaunt es nicht, dass sich immer mehr Privatpersonen als Mini-Immobilieninvestoren versuchen. Gleichzeitig werden sie zum Feierabendvermieter, in den allermeisten Fällen ohne entsprechende Fachkenntnisse.

Renditen werden schöngerechnet

Wie der Alltag zeigt, malen sich viele der Buy-to-let-Investoren im Kaufzeitpunkt ihre Rendite viel zu rosig aus und berücksichtigen oft nur ihre Kapitalkosten und vielleicht noch die Transaktionskosten. Dagegen gehen Instandstellungskosten nach Mieterwechseln ebenso vergessen wie Reparaturen, Einlagen in den Erneuerungsfonds, Gebäudeversicherung und die Verwaltungskosten für das STWE. Je nach Ausformulierung der Nebenkosten im Mietvertrag kann dem Mieter allenfalls nur ein Teil der Nebenkosten überwälzt werden – der Rest bleibt am Eigentümer hängen. Überrascht war auch jener Privatinvestor, der aufgrund der Mietzinseinnahmen plötzlich in eine höhere Steuerprogression geriet und seine Zielrendite verhagelt sah.

Hinzu kommt, dass solche Privatinvestoren auch ein Marktrisiko eingehen. Sie bringen ihre preislich meist im oberen Segment liegende Neubauwohnung heute auf einen Mietmarkt mit einer gesamtschweizerischen Leerstandsziffer von 1,66 Prozent. Die Vorstellungen bezüglich des zu erzielenden Mietpreises sind deshalb oft überzogen – insbesondere für Wohnungen, die nicht an Toplagen sind. Nach einem Leerstand kann es zudem Monate dauern, bis wieder ein Mieter gefunden ist. Entscheidet man sich vor diesem Hintergrund für eine Wohnung an attraktiver Lage, ist der Kaufpreis heute so hoch, dass nur schon die Bruttorendite kümmerlich ausfällt. Viele der neuen Privatinvestoren kaufen sich zudem nur eine einzige Wohnung und handeln sich ein Klumpenrisiko ein.

Vermarkter und Bewirtschafter sind ebenfalls betroffen

Doch was gehen diese Probleme und Risiken der privaten Investoren die Vermarkter und Bewirtschafter von STWE an? Die Antwort lautet: sehr viel. Seriöse Vermarkter können kaum Interesse daran haben, instabile und von Anfang an problembehaftete STWE-Gemeinschaften zusammenzustellen. Dies ist jedoch der Fall, wenn Privatinvestoren rasch wieder verkaufen oder zur Renditesicherung auf kurzfristige Vermietungsmodelle wie Airbnb setzen (siehe Box).

Noch stärker betroffen als Vermarkter sind STWE-Bewirtschafter, weil für die Mietparteien in einer STWE-Gemeinschaft auch das Mietrecht gilt. Dieses kann ihnen unter Umständen mehr Rechte zusprechen, als sie die anderen Stockwerkeigentümer haben. Hinzu kommt das nicht zu unterschätzende Konfliktpotenzial zwischen Eigentümern und Mietern im selben Gebäude. Was viele Kleininvestoren vergessen: Tauchen mit ihren Mietern Probleme auf, sind sie für den STWE-Bewirtschafter und die anderen Eigentümer der Ansprechpartner – und nicht etwa der Mieter.

Ein klassisches Beispiel für das Konfliktpotenzial der neuen Konstellation mit Buy-to-let-Investoren und ihren Mietern ist die Kommunikation innerhalb einer STWE-Gemeinschaft. Der Informationsfluss geht vom Bewirtschafter zu den Eigentümern – zum Beispiel, wenn es um die anstehende Garagenreinigung geht, für die alle Fahrzeuge aus der Garage gefahren werden müssen. Vergisst der Privatinvestor, dies an seine Mieter weiterzuleiten, kann das Reinigungsunternehmen seinen Job nicht oder nur unter erschwerten Umständen ausführen – allseitiger Ärger und Mehrkosten inklusive.

Die anhaltende Niedrigzinssituation lässt vermuten, dass das Buy-to-let-Modell noch länger attraktiv bleibt. Vermarkter und Bewirtschafter tun gut daran, sich auf diese Situation einzustellen und sowohl in der Beratung von Kaufinteressenten als auch im Bewirtschaftungsalltag neue Lösungsansätze zu entwickeln.

(Dieser Beitrag erschien in der Ausgabe November 2019 der Publikation Immobilia von SVIT Schweiz.)

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