Die Europäische Zentralbank gibt Gas

Es ist an diesem 17. Oktober 2024 wieder passiert: Die Europäische Zentralbank lieferte, was die Markterwartungen bereits weitgehend vorwegnahmen. Angesichts des Rückgangs der Inflation und der schwachen Konjunktur senkte sie ihre Leitzinsen zum zweiten Mal in Folge um 25 Basispunkte und setzte den Quartalsrhythmus bei den Zinssenkungen aus. Mit dieser Beschleunigung der Lockerung der Geldpolitik verlagert sich der Fokus von der Inflation auf die Konjunktur.

Im September lieferten die Wirtschaftsdaten wichtige Signale für die Europäische Zentralbank (EZB). Der Rückgang der Inflation setzte sich fort und die Inflationsrate lag zum ersten Mal seit April 2021 unter dem EZB-Ziel. Diese erfreuliche Nachricht muss unter Berücksichtigung folgender Aspekte eingeordnet werden:

  • Erstens dürfte es sich um einen vorübergehenden Tiefpunkt handeln, da er von auslaufenden Basiseffekten bei den Energiepreisen beeinflusst wird.
  • Zweitens gibt der Preisauftrieb bei den Dienstleistungen kaum nach: Die Teuerungsrate dieser Konsumkategorie verharrt weiterhin bei 4 Prozent. Das überdurchschnittliche Lohnwachstum und die hohen Lohnforderungen für die nächsten Tarifrunden erschweren die Entspannung des Preisauftriebs.
  • Darüber hinaus deuten die aktuellen Daten und Umfragen auf einer Verlangsamung der konjunkturellen Erholung des Euroraums hin. Vor allem die grössten Volkswirtschaften der Eurozone tun sich mit der Erholung schwer und haben zudem mit einer angespanntern politischen Lage zu kämpfen.

Die EZB gibt den Quartalsrhythmus auf

Diesen Nachmittag vom 17. Oktober 2024 stand die EZB unter Zugzwang. Wiederholt hatten sich sowohl die EZB-Präsidentin Christine Lagarde als auch andere EZB-Ratsmitglieder in den vergangen Wochen für eine Zinssenkung ausgesprochen. So löste die EZB das Versprechen ein und beschloss, ihre Leitzins um 0,25 Prozentpunkte zu senken: Der Einlagesatz liegt nun bei 3,25 Prozent, der Hauptrefinanzierungssatz bei 3,40 Prozent und der Spitzenrefinanzierungssatz bei 3,65 Prozent.

Die aktuelle Zinssenkung steht im Widerspruch zum bisherigen vorsichtigen Vorgehen der EZB. Mit der Beschleunigung der geldpolitischen Lockerung vermittelt die EZB die Botschaft, dass die Inflation trotz der Hartnäckigkeit der Dienstleistungspreise kein wesentliches Risiko mehr darstellt. Angesichts der geringeren Konsumneigung der Konsumenten und Konsumentinnen befürchtet sie nicht, dass eine raschere Lockerung der Geldpolitik die Inflation wieder anheizen könnte. Vielmehr erkennt die EZB die konjunkturelle Schwäche und versucht, die Wirtschaft durch niedrigere Finanzierungskosten anzukurbeln. Wir rechnen mit einer zuerst schnelleren und dann im Verlauf des nächsten Jahres langsameren Gangart, um das Zinsniveau innerhalb der nächsten 12 Monate auf ein neutrales Niveau zu bringen. 

Die Folgen für die SNB

Jede Zinssenkung der EZB verringert die Zinsdifferenz zur Schweizerischen Nationalbank (SNB) und erhöht den Druck auf das Wechselkurspaar EUR/CHF. Da der heutige Zinsentscheid weitgehend eingepreist war, erwarten wir keine grossen Bewegungen am Devisenmarkt. Die SNB möchte den Aufwertungsdruck auf den Franken mit weiteren Leitzinssenkungen entgegenwirken. Eine Annäherung an die Nullgrenze scheint kein Tabu zu sein.

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