In intelligenten Häusern ist vieles möglich, was bis vor kurzem nach Science Fiction klang: Heizung, Beleuchtung und Storen lassen sich clever steuern. Bei Abwesenheit übernimmt die Gebäudeautomation die Kontrolle, reguliert Storen und schaltet unnötige Stromverbraucher aus. Wie das Smart Home auch beim Energiesparen hilft, zeigt ein Projekt in Obwalden.
Stellen wir uns einmal vor: Wenn wir das Haus betreten, sind Heizung, Lüftung und Beleuchtung schon optimal eingestellt. Alles läuft automatisch oder ist auch von auswärts steuerbar. Es braucht nicht mehr als ein Smartphone. Dann ertönt aus Lautsprechern der Lieblingsradiosender, auf einem Display erkenne ich auf einen Blick, wie viel Energie ich benötige und ob die Photovoltaikanlage gerade reichlich günstigen Strom liefert. Oder andersherum, wenn ich das Haus verlasse: Nun übernimmt die Gebäudeautomation die Kontrolle, passt die Beleuchtung an bzw. schaltet alle nicht benötigten Geräte vollständig aus. Sie steuert das Innenraumklima oder fährt die Sonnenstoren ein, wenn der Windmesser auffrischenden Wind meldet.
Technologie ist vorhanden
Das ist längst nicht mehr Science Fiction. Das Smart Home erkennt sofort offene Fenster oder Türen und kann dies mit einberechnen. Das erweist sich als ökologisch sehr vorteilhaft und kann eine Menge Heizkosten einsparen. Dasselbe gilt für die Stromkosten – denn im Smart Home geht die Beleuchtung automatisch aus, sobald die Bewegungsmelder niemanden mehr im Raum erfassen. Das intelligente Zuhause ist auch in der Lage, Messdaten zur Temperatur und zur Innenraumluft, Abwesenheit der Bewohner*innen, Wettervorhersagen, Verfügbarkeit von Energie, Strompreis etc. miteinzubeziehen. Ab einer gewissen Grösse der Anlagen ist noch vieles mehr möglich: etwa die laufende Betriebsoptimierung der Gebäudetechnik, Auswertungen zum Energieverbrauch oder die Fernwartung ganzer Anlagen.
Viele Neubauten sind bereits standardmässig als Smart Home konzipiert. Die nötigen Technologien und Vernetzungen sind vorhanden: Die Geräte sind untereinander vernetzt und weisen digitale Schnittstellen auf. Sensoren am Gebäude erfassen unter anderem Temperatur, Wind und Sonnenstand. Dann braucht es noch eine zentrale Steuerung, welche die Daten verarbeitet und die Wünsche der Bewohner*innen entgegennimmt.
Fallbeispiel gewinnt Sondersolarpreis
Die neu gebauten Mehrfamilienhäuser Sunnäplätzli in Giswil (OW) sind von Anfang an als Smart Home konzipiert worden. Das beispielhafte Projekt ist mit dem Sondersolarpreis für Mehrfamilienhäuser der Migros Bank ausgezeichnet worden (siehe Box unten). Die Neubauten fügen sich in ihrer Holzbauweise und mit ihrem Massstab optimal ins Quartier ein. Bei den verwendeten Baumaterialien und der Heizenergie legte die Bauherrschaft in Giswil grossen Wert auf Nachhaltigkeit. Der Massivholz- und Holzrahmenbau entstand zu grossen Teilen aus Material der eigenen Waldungen.
Die Gebäude umfassen 15 Neubauwohnungen mit einem hohen Ausbaustandard und sehr gut nutzbaren Grundrissen. Sie sind mit einer ausgezeichneten Dämmung ausgestattet, auf dem Dach befindet sich eine grosse Photovoltaikanlage (PV-Anlage), die eigenen Solarstrom erzeugt. Der Strom aus 100 Prozent erneuerbarer Energie wird entweder direkt in den Gebäuden gebraucht oder bei einem Überschuss ins öffentliche Netz eingespeist. Weiter ist das Projekt an einen Wärmeverbund einer lokalen Holzschnitzelheizung angeschlossen. «Baulich und technisch entspricht dies mindestens dem Schweizer Minergielabel», sagt Daniel Amstand von der Korporation Giswil, die die Bauherrschaft innehat.
Entscheidend ist bei so viel Technik, dass sie sich intuitiv und clever steuern lässt. Laut Daniel Amstad hat sich die Anwendung in der Praxis bewährt: «Es funktioniert in allen Wohnungen bestens, die Mieter*innen haben die Möglichkeit, das Raumklima für jedes einzelne Zimmer individuell anzupassen.» Weil das Gebäude übers ganze Jahr betrachtet mehr Strom erzeugt, als es benötigt, wird ein hoher Anteil Eigenverbrauch angestrebt. «Ein Licht signalisiert den Bewohner*innen in jeder Wohnung, ob gerade genügend günstiger PV-Strom verfügbar ist oder nicht», sagt Daniel Amstad.
Verlassen die Mieter*innen die Wohnung, gehen die Lammellen- und Sonnenstoren in den Automatikmodus. Droht die Wohnung durch die Sonneneinstrahlung zu überhitzen, schliessen sich die Storen von selbst. Auch in einem heissen Sommer werden damit die Vorzüge der Gebäudeautomation offensichtlich: Ein aussenliegender Sonnenschutz, der voll automatisch gesteuert wird, trägt entscheidend zur Kühlung bei. Wenn Sturm und Gewitter angesagt sind, wird die Steuerung die Sonnenstoren einfahren.
Langfristig planen und denken
In den Mehrfamilienhäusern in Giswil ist das Computerprogramm Loxone installiert. Die Mieter*innen können selber bestimmen, wie weit die Automation gehen soll und ob sie das Programm via App steuern möchten. Die Bauherrschaft hat sich für diese Lösung entschieden, weil sie sehr gut etabliert ist. Damit besteht Gewähr, dass Hard- und Software auch Jahre später zuverlässig gewartet und angepasst werden können.
Die Bauherrschaft, die Koporation Giswil, schmiedet schon jetzt Pläne für einen weiteren Ausbau: «Denkbar wäre etwa eine spätere Nachrüstung mit Batteriespeichern», sagt Daniel Amstad. Mit einer lokalen Speicherung der Sonnenenergie könnte der Anteil Eigenverbrauch noch weiter erhöht werden. Die Idee der Energieautarkie erstreckt sich auch auf den Bereich der rasch wachsenden E-Mobilität. So können beim Projekt in Giswil ohne grossen Aufwand Ladestationen für E-Fahrzeuge nachgerüstet werden. Und in naher Zukunft wäre es auch möglich, die Mehrfamilienhäuser mit der leistungsstarken PV-Anlage mit einer öffentlichen «Strom-Tankstelle» zu ergänzen. Fazit: Dank der neusten Technik in Sachen Solarenergie und kluger Vernetzung wird das Haus von Morgen schon heute Realität.