Für eine erfolgreiche Energiewende müssen die Energiespeicherkapazitäten massiv ausgebaut werden. Batterien spielen dabei eine Schlüsselrolle. Wasserstoff übernimmt die Rolle des Jokers.
Eine der grössten Herausforderungen der Energiewende ist die volatile Produktion erneuerbarer Energie. Die Stromerzeugung aus Quellen wie Wind- und Solarenergie ist witterungsbedingt sowie jahres- und tageszeitlich bedingt Schwankungen unterworfen. Weil nicht immer genügend saubere Energie produziert werden kann, um den täglichen bzw. saisonalen Bedarf zu decken, kommt der Zwischenspeicherung von Energie, meist in Form von Elektrizität, im Energiesystem der Zukunft eine entscheidende Rolle zu.
Batterien profitieren vom E-Mobility Boom
Die rasch voranschreitende Elektrifizierung des Privatverkehrs wird dieses Wachstum in den kommenden Jahren befeuern. Im Mittelpunkt steht der batteriebetriebene Elektromotor, der aufgrund seiner Effizienz und Kostenvorteile die Entwicklung dominieren dürfte. Die Internationale Energie Agentur (IEA) erwartet in ihrem Basisszenario, dass bis 2030 weltweit mindestens 140 Millionen Elektrofahrzeuge im Einsatz sein dürften. Im optimistischen Szenario sind es 245 Millionen. Im Jahr 2019 verkehrten erst 7 Millionen E-Autos auf den Strassen.
Anzahl global zugelassener batterieelektrischer Fahrzeuge
Die Batterie steht im Zentrum der Entwicklung in der E-Mobilität. Die technologischen Fortschritte der vergangenen Jahre in Verbindung mit staatlichen Förderprogrammen haben dem batterieelektrischen Antrieb zum Durchbruch verholfen. Insbesondere hat die deutliche Verbesserung der Energiedichte zu höheren Reichweiten geführt – ein zentrales Kriterium im Individualverkehr. Die Ausweitung der Produktion hat die Herstellungskosten so weit gesenkt, dass E-Autos den Preisvergleich mit Diesel- und Benzinfahrzeugen heute nicht mehr zu scheuen brauchen. Mit dem Siegeszug der E-Mobilität wird die Nachfrage nach Batterien rasant zunehmen.
Nachfrage nach E-Autobatterien
Lithium-Ionen-Batterie dominiert den Markt
Lange Zeit wurde die Entwicklung der Lithium-Ionen-Zelle von der Konsumelektronik geprägt: Von den CD-Playern in den Neunzigern bis zu Notebooks und Handys der digitalen Neuzeit, alle bezogen die nötige Energie von Lithium-Ionen-Batterien. Seit gut zehn Jahren hat die E-Mobilität die Rolle des Innovationstreibers übernommen und die Lithium-Ionen-Batterie für den Einsatz als mobilen Energiespeicher optimiert.
Im Transportbereich dominiert die Lithium-Ionen-Batterie. Ihre vergleichsweise hohe Energiedichte sorgt für relativ geringe Ausmasse; in Verbindung mit der langen Lebensdauer ist sie damit für den Einsatz als mobiler Energiespeicher in E-Autos prädestiniert. Schon in wenigen Jahren dürfte die Lithium-Ionen-Batterie die Blei-Säure-Batterie, die klassische «Autobatterie», als häufigster Stromspeicher im mobilen Bereich ablösen.
Die Lithium-Ionen-Batterie hat weiterhin viel Entwicklungspotenzial. Der Blick auf die seit Jahren zunehmenden Patentanträge zeigt, dass sie die Forschung im Batteriebereich dominiert. Zwar gibt es Konkurrenz, diese steckt aber vielfach noch in den Kinderschuhen. Durchaus disruptives Potenzial hat die Festkörperbatterie. Im Gegensatz zur heutigen Lithium-Ionen-Batterie kommen bei ihr alle verwendeten Chemikalien in fester Form vor. Ihre wichtigsten Vorteile sind die potenziell deutlich höhere Energiedichte und die stark reduzierte Entflammbarkeit, was die Brandgefahr mindert und das Recycling stark vereinfacht. Zudem braucht ihre Herstellung weniger Rohstoffe und sie verfügt über eine längere Lebensdauer. Erste kommerzielle Anwendungen sind jedoch frühestens 2025 zu erwarten.
Auch als stationärer Energiespeicher vermehrt gefragt
Positive Übertragungseffekte, sogenannte Spillover-Effekte, sorgen für eine stark zunehmende Nachfrage nach Lithium-Ionen-Batterien als stationäre Stromspeicher, beispielsweise in Datenzentren, im Mobilfunk oder als Teil der Stromnetzoptimierung. Der stationäre Speicherbedarf wird mit der Umstellung auf eine nachhaltige Energieversorgung weiter zunehmen. Gemäss IEA reichen die derzeitigen stationären Energiespeicher gerade einmal aus, um 7 Sekunden des globalen Strombedarfs abzudecken. Deutlich zu wenig, um eine stabile Versorgung mit erneuerbarer Energie zu gewährleisten.
Heute dominieren Wasserpumpspeicherwerke den stationären Energiespeichermarkt mit einem globalen Anteil von über 90 Prozent. Sie sind allerdings aufgrund ihres grossen Platzbedarfs und der geografischen Anfordernisse nur bedingt für die Flexibilisierung des modernen Stromnetzes geeignet. Daneben existieren zahlreiche alternative Technologien wie Druckluftspeicher und Schwungräder, die sich zur stationären Stromspeicherung in einzelnen Teilbereichen anbieten.
Vor allem die stark gesunkenen Kosten sowie die verhältnismässig hohe Energiedichte machen die Lithium-Ionen-Batterien auch für den stationären Einsatz interessant.
Kosten für Lithium-Ionen-Battery Packs
«Second Life»
Ein gutes Beispiel für die Spillover-Effekte ist das «Second-Life» der Lithium-Ionen-Batterie. Dabei werden Batterien, die aufgrund von alterungsbedingtem Kapazitätsverlust für den Einsatz in E-Autos nicht mehr attraktiv sind, als stationäre Energiespeicher weiterverwendet. Im «zweiten Leben» fungieren sie so als Stromspeicher in Daten- und Telekomzentren oder in Privathäusern mit Solaranlage. Haben sie das Ende ihres Lebenszyklus erreicht, können Lithium-Ionen-Batterien weitgehend rezykliert werden. Die entsprechende Industrie befindet sich allerdings noch in ihrer Anfangsphase.
Wasserstoff als Joker der Energiewende
Trotz ihrer Fortschritte vermag die Lithium-Ionen-Batterietechnologie alleine die Herausforderungen der Energiewende in der Mobilität nicht zu lösen. Hier kommt der Wasserstoff ins Spiel. Der grösste Vorteil von Wasserstoff ist seine Flexibilität. Das potenzielle Anwendungsfeld von Wasserstoff als Energiespeicher ist äusserst breit und reicht von der direkten Verwendung als Rohstoff in der Industrie über den Einsatz als mobiler oder stationärer Stromspeicher in Verbindung mit der Brennstoffzelle bis zu wasserstoffbasierten CO2-neutralen synthetischen Brennstoffen (Power-to-X). Dem häufigsten chemischen Element des Universums kommt deshalb gleichsam die Rolle des Jokers in der Energiewende zu.
Wasserstoff dürfte weniger als direkter Konkurrent zu alternativen Speichermedien wie Batterien fungieren, sondern als komplementäre Technologie, die dort zum Einsatz kommt, wo alternative Energiespeicher aufgrund spezifischer Nachteile wenig sinnvoll sind.
In erster Linie ist das neben der Dekarbonisierung der Schwerindustrie die Elektrifizierung des Schwerverkehrs. Batteriebasierte Antriebe stossen hier aufgrund ihrer geringeren Energiedichte und des entsprechend grösseren Ausmasses und Gewichts an ihre Grenzen: Der Brennstoffzellenantrieb ist deutlich kompakter und leichter. Das ermöglicht höhere Zuladungen und grössere Reichweiten – ein entscheidender Vorteil im Schwerverkehr und im öffentlichen Personentransport. Entsprechend weit fortgeschritten ist die Entwicklung von brennstoffzellenbetriebenen Lastwagen und Bussen.
Power-to-X als Ersatz für fossile Brennstoffe
In der Luft- und Schifffahrt bieten sich synthetische Kraftstoffe auf Wasserstoffbasis als Alternative zu fossilen Brennstoffen an. Die Technologie wird als Power-to-Liquid bezeichnet. Dabei wird aus CO2-neutralem grünem Wasserstoff synthetischer Kraftstoff hergestellt, der herkömmliche Verbrennungsmotoren antreiben kann. Der Vorteil liegt auf der Hand: Die bestehende Infrastruktur kann weiterverwendet werden, was die Kosten der Dekarbonisierung massiv senkt.
Wird grüner Wasserstoff hingegen zu CO2-neutralen Gasen wie synthetischem Erdgas und Methan weiterverarbeitet, spricht man von Power-to-Gas. Diese Technologie bietet grosses Potenzial im Bereich der langfristigen Energiespeicherung. Auch hier kann die bestehende Infrastruktur weitgehend weiterbenützt werden. Energie kann so in bestehenden Gastanks nahezu verlustfrei für lange Zeit gespeichert und im Gasnetz über weite Strecken transportiert werden.
Hohe Kosten
Die Produktion von grünem Wasserstoff ist aufgrund der bislang relativ bescheidenen Nachfrage und der entsprechend geringen Skaleneffekte teuer. Um diesen entscheidenden Nachteil wettzumachen, ist eine verstärkte Förderung durch die Regulierung nötig. Sie könnte die Nachfrage anschieben und den Aufbau einer umfangreichen Wasserstoffindustrie unterstützen. Sinkende Preise und eine grössere Konkurrenzfähigkeit von Wasserstoff gegenüber alternativen Energiespeichern wären die Folge. Ein derart in Gang gesetzter positiver Kreislauf könnte Wasserstoff als Energiespeicher zum breiten Durchbruch verhelfen.
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