Spieglein, Spieglein an der Wand, welches Gold ist das nachhaltigste im Land? Und so antwortete der Spiegel: Klassisches Gold glänzt schön, aber nachhaltiges Gold glänzt tausendmal schöner!
So schön wie in diesem von den Gebrüdern Grimm adaptierten Märchen ist Gold in der Realität nicht. Zum Glück gibt es heute aber nachhaltigere Alternativen zum klassischen Gold.
Der Rohstoffabbau ist mit hohen Umweltbelastungen und mit Gesundheitsrisiken für die Minenarbeiter verbunden. Für die Förderung von einem Kilo Gold werden 260 Tonnen Wasser benötigt. Zusätzlich entstehen für diese Menge nicht weniger als 1270 Tonnen Abfälle und 18 Tonnen CO2-Emissionen. Mit nachhaltigem Gold können diese negativen Auswirkungen reduziert werden.
Der Goldabbau bringt andererseits auch Nutzen. Er schafft für Millionen von Menschen Arbeitsplätze. Zudem wird Gold nicht nur für Schmuck, sondern z.B. auch in der Mobilkommunikation verwendet. Gold kann auch immer wieder eingeschmolzen und einem neuen Verwendungszweck zugeführt werden. Nicht zuletzt dient es Anlegern als Inflationsschutz und zur Portfolio-Diversifikation.
Etwa 70 Prozent des weltweiten Goldes wird in Schweizer Raffinerien geschmolzen. Die vier Unternehmen sind mehrheitlich in ausländischem Besitz: Sie heissen Valcambi, Argor-Heraeus, Metalor und Pamp. Diese Raffinerien engagieren sich im Rahmen der «Swiss Bank Better Gold Initiative» für bessere Arbeitsbedingungen im Kleinbergbau. Es gibt aber periodisch negative Medienberichte im Zusammenhang mit Gold, das aus Konfliktregionen stammen könnte. Deshalb ist die Rückverfolgbarkeit bis zum Ursprung des Goldes so wichtig und ein zentrales Merkmal von nachhaltigem Gold.
Standards der Gold-Verbände: Note ungenügend
Der wichtigste Standard im internationalen Goldhandel ist der «Good Delivery Standard» der London Bullion Market Association (LBMA). Seit 2017 ist die «Responsible Gold Guidance» verpflichtender Teil dieses Standards. Er verlangt den Ausschluss von Konfliktgold, die Bekämpfung von Geldwäscherei und die Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen. Zwar werden unabhängige Audits jährlich durchgeführt. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und Goldexperten kritisieren aber das fehlende Wissen der Auditoren bezüglich Gold-Lieferketten. Deshalb kann beim LBMA-Standard nur von einem Minimal-Standard gesprochen werden.
Zudem gibt es den Standard des Responsible Jewellery Council (RJC), einer Nichtregierungsorganisation (NGO). Er fordert eine ethische, soziale und ökologisch verantwortliche Lieferkette. Es werden unabhängige Audits durchgeführt. Gemäss Goldexperten wie dem Basler Strafrechtsprofessor und Buchautor Mark Pieth basiert dieser Standard aber auf einer Selbsterklärung der Lieferanten. Er ist deshalb wenig vertrauenswürdig. Der dritte Standard, der «World Gold Council Conflict-Free Gold Standard», verlangt den Nachweis eines legalen Ursprungs des Goldes. Konkret darf es kein Konfliktgold sein und keine Menschenrechtsverletzungen geben. Mark Pieth und andere Experten kritisieren wiederum das System der Selbstevaluation und die beschränkte Transparenz.
Nachhaltiges Gold: kleines, aber wachsendes Angebot
Es gibt drei Hauptquellen für Gold: grosse industrielle Minen, kleine Minen und Recycling-Gold. Das Goldangebot betrug im Jahr 2019 rund 4800 Tonnen. Davon entfallen rund ein Viertel auf Recyclinggold und drei Viertel auf neu gefördertes Gold. Nachhaltig deklariertes Gold macht nur 0,04 Prozent der jährlichen Fördermenge aus: Bei «Green Gold» sind es geschätzte 500 Kilo, bei «Fairtrade» 700 Kilo und bei «Fairmined» 500 Kilo bzw. 60 Kilo für Fairmined Eco.
Der Entscheid einer Kundin oder eines Kunden, einen Fonds oder Barren mit nachhaltigem Gold zu kaufen, wirkt sich positiv auf Umwelt und Gesellschaft aus. Es setzt den Minen einen Anreiz, mehr nachhaltiges Gold zu fördern.
Die wichtigsten nachhaltigen Gütesiegel, die über die Minimalstandards hinausgehen sind «Green Gold», «Fairtrade Gold», «Fairmined Gold» und «Fairmined Eco Gold».
«Green Gold»
«Green Gold» ist rückverfolgbares Gold. Es wird von der Mine bis zur Aufbewahrung der Goldbarren vom «traditionellen» Gold getrennt und seine Herkunft ist jederzeit nachweisbar. Es stammt aus Grossminen von industrialisierten Ländern wie den USA oder Australien. Dort sind die gesetzlichen Umwelt- und Sozialstandards am höchsten.
Zusätzlich zur Einhaltung des Minimalstandards geht «Green Gold» weiter:
- mit der Beachtung von Umwelt und Menschenrechten
- indem nur primäres Gold ausgewählter Minen verwendet wird (d.h. kein Recyclinggold)
- mit der Überwachung der Einhaltung der Prozesse und Richtlinien durch unabhängigen Institute
«Green Gold» hat drei grosse Vorteile: ziemlich gute Verfügbarkeit, Investierbarkeit via Fonds und nur einen marginalen Aufpreis zu konventionellem Gold.
Ein gewisser Nachteil ist, dass nur grosse Minen berücksichtigt werden.
«Fairtrade Gold»
«Fairtrade Gold» ist ein Gütesiegel für Gold aus Kleinminen, das in der Schweiz in Unterlizenz durch die Max-Havelaar-Stiftung vergeben wird. Die Fairtrade-Prämie für die Mineure beträgt rund 2000 Dollar pro Kilo. Es werden hohe Standards bezüglich Gesundheit, Sicherheit und Umwelt eingehalten. Verboten sind die bei Kleinminen sonst oft vorkommende Kinder- und Zwangsarbeit. Fairtrade setzt Chemikalien zwar ein, aber nur verantwortungsvoll. Alle internationalen Normen und Standards werden nicht nur erfüllt, sondern übertroffen.
Fairtrade hat drei grosse Vorteile: hoher Bekanntheitsgrad und Glaubwürdigkeit des Gütesiegels, nachweisbare Unterstützung der Minenarbeiter und wachsende Verfügbarkeit.
Als Hauptnachteil erweist sich die Prämie, also der Preisaufschlag von rund 4 Prozent gegenüber konventionellem Gold. Während dieser zusätzliche Aufpreis bei Kleinbarren kaum ins Gewicht fällt, dürfte er für rein performanceorientierte Anleger ein Hindernis sein.
«Fairmined Gold» / «Fairmined Eco Gold»
«Fairmined Gold» ist ein Gütesiegel der «Alliance for Responsible Mining Foundation (ARM). Die in Kolumbien ansässige NGO zertifiziert Gold von verantwortungsvollen Kleinbergbaufirmen. Es gibt zwei Sorten: «Fairmined Gold» setzt Chemikalien zwar ein, aber nur verantwortungsvoll. «Fairmined Eco Gold» verzichtet vollständig auf den Einsatz giftiger Chemikalien.
Das Ziel ist, einen positiven Wandel im handwerklichen Kleinbergbau herbeizuführen sowie die soziale Entwicklung und den Umweltschutz zu fördern. Mineure erhalten eine Prämie für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen. Alle internationalen Normen und Standards werden nicht nur erfüllt, sondern übertroffen.
«Fairmined Gold» hat eine Prämie von ca. 8 Prozent (Eco-Variante ca. 11 Prozent). «Fairmined Eco Gold» dürfte heute das nachhaltigste verfügbare Gold sein.
Die drei Hauptvorteile sind die hohe Glaubwürdigkeit des Gütesiegels, der weitgehende Verzicht auf giftige Chemie und die nachweisbar verbesserten Lebensbedingungen der Mineure. Hauptnachteil ist die noch sehr geringe Verfügbarkeit von nur rund 60 Kilo der Eco-Variante pro Jahr.
Je nachhaltiger und verantwortungsvoller Gold produziert wird, desto höher das Nachhaltigkeitsniveau und der Preis.
Nachhaltigkeitsprämie versus Nachhaltigkeitsniveau (qualitative Einschätzung)
Wie investieren?
Es gibt eine kleine Auswahl an Gold-Fonds, die mit nachhaltigem Gold unterlegt sind. Die sogenannten Gold-ETF (Exchange Trade Funds) sind jedoch alle noch in konventionellem Gold investiert. Die Migros Bank kann bei der Auswahl eines passenden Fonds unterstützen.
Physische Kleinbarren im Gewicht von 1 bis 20 Gramm sind bei einigen Banken als «Fairtrade Gold» verfügbar. Auch erste staatliche Goldmünzen, beispielsweise in Frankreich, wurden aus verantwortlich abgebautem Gold hergestellt.
Dagegen ist die Menge an «Fairtrade Silber» noch zu klein und wird von der Schmuckindustrie aufgekauft. Wer demnächst plant, ein Schmuckstück oder eine Uhr zu erwerben, der verlangt Fairtrade Gold bzw. Silber. Denn letztlich sind es die Kundinnen und Kunden, die mit ihrem Kaufverhalten entscheiden, ob in Zukunft noch mehr nachhhaltiges Gold gefördert wird.