Vor wenigen Wochen haben der US-Techriese Apple und der Elektroauto-Hersteller Tesla ihre Aktien gesplittet. Was bedeutet ein Aktiensplit fürs Depot, und warum splitten Unternehmen ihre Aktien eigentlich?
Früher oder später werden die meisten Anleger in ihrem Aktienportfolio einen Split erleben. Grundsätzlich unterscheidet man zwei Arten: Es gibt den klassischen Aktiensplit (englisch: forward split) und den sogenannten Reverse Split (reverse split). Der klassische Aktiensplit ist die üblichere Variante und lässt sich vergleichsweise häufig bei Wachstumsunternehmen beobachten. Bei dieser Variante wird die Anzahl der ausstehenden Aktien erhöht und gleichzeitig der Wert pro Aktie proportional verringert. Splits werden dabei stets in einem Verhältnis angegeben. Zum Beispiel wird ein Zwei-für-eine-Split als 2:1 dargestellt. Möglich sind auch «ungerade» Tauschverhältnisse wie 3:2 oder 5:4.
Neutraler Vorgang
Was bedeutet ein Aktiensplit nun fürs Portfolio? Angenommen, ein Anleger hält 100 Aktien des Unternehmens ABC zum aktuellen Börsenkurs von 100 Schweizer Franken. Der Gesamtwert der Aktienposition beträgt somit 10’000 CHF (100 Aktien mal 100 CHF). Hat das Unternehmen nun einen Aktiensplit von 2:1 auf den 30. Oktober 2020 angekündigt, erhält der Anteilseigner für jede Aktie, die er besitzt, eine neue dazu. Die Anzahl der Titel verdoppelt sich im Depot, gleichzeitig reduziert sich der Aktienkurs aber auf 50 CHF (100 CHF geteilt durch zwei).
Nach dem Aktiensplit hält der Anleger also 200 Aktien des Unternehmens ABC zu je 50 CHF pro Anteilschein. Der Wertbestand der Aktienposition bleibt unverändert bei 10’000 CHF (200 Aktien mal 50 CHF). Ein Aktiensplit wirkt sich also nicht auf den Gesamtwert einer Position aus, sondern auf die Anzahl handelbarer Aktien und den Aktienkurs. Bei einem Aktiensplit wird die Anzahl der Aktien erhöht und der Nennwert pro Aktie verringert. Das Aktienkapital des Unternehmens bleibt also gleich. Auch auf eine Dividende wirkt sich ein Aktiensplit neutral aus. Bei einem Verhältnis von 2:1 halbiert sich zwar die Dividende pro Aktie, sie wird aber auf die doppelte Anzahl von Aktien ausgezahlt. Am Ende erhält der Aktionär die gleiche Dividendensumme wie vor dem Split.
Betrachten wir das Beispiel auch aus Sicht eines Unternehmens. Das Unternehmen ABC hat zehn Million Aktien im Umlauf, der Aktienkurs steht bei 100 CHF und somit beträgt die Marktkapitalisierung an der Börse 1 Milliarde CHF. Angenommen, das Unternehmen vollzieht einen Aktiensplit im Verhältnis von 2:1: Es sind nun 20 Millionen Aktien handelbar, der Börsenwert des Unternehmens liegt weiterhin bei 1 Milliarde CHF, und der Aktienpreis halbiert sich auf 50 CHF. Der prozentuale Anteil jedes Aktionärs am Unternehmen bleibt unverändert.
Vor dem Split | Nach dem Split | |
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Split-Verhältnis 2:1 | ||
Anzahl Aktien | 10 Mio. | 20 Mio. |
Aktienkurs | 100 CHF | 50 CHF |
Marktkapitalisierung | 1 Mrd. CHF | 1 Mrd. CHF |
Split-Verhältnis 3:2 | ||
Anzahl Aktien | 10 Mio. | 15 Mio. |
Aktienkurs | 100 CHF | 66.66 CHF |
Marktkapitalisierung | 1 Mrd. CHF | 1 Mrd. CHF |
Breitere Anlegerschicht
Weshalb aber splitten Unternehmen ihre Aktien überhaupt? Dafür gibt es mehrere Erklärungen. Die wohl wichtigsten Beweggründe sind, dass die Aktien nach einem Split leichter handelbar und optisch günstiger sind. Dadurch wird der Titel für breitere Anlegerschichten attraktiv. Ein Aktiensplit kann gleichzeitig auch dazu beitragen, dass sich die Liquidität einer Aktie verbessert, indem sich die Geld-Brief-Spanne aufgrund der höheren Anzahl handelbarer Aktien verringert. Untersuchungen zeigen zudem, dass ein zu hoher Aktienkurs für viele Anleger eine Einstiegshürde darstellt und sie deshalb davon absehen, solche Valoren zu kaufen.
Darüber hinaus erschwert eine hochpreisige Aktie auch die Diversifizierung. Der legendäre US-Grossinvestor Warren Buffett beispielsweise hat die A-Aktien seiner Holdinggesellschaft Berkshire Hathaway (BRK-A) nie gesplittet. Inzwischen kostet eine A-Aktie rund 324’560 US-Dollar. Für die meisten Privatanleger sind diese Titel daher unerschwinglich. Auch in der Schweiz gibt es solch hochpreisige Valoren, beispielsweise die Namensaktien des Schokoladenkonzerns Lindt & Sprüngli, die gegenwärtig zu rund 85’400 CHF gehandelt werden. Angenommen, ein Kleinanleger besässe eine A-Aktie von Berkshire oder einen Titel von Lindt & Sprüngli, so könnte er dieses Klumpenrisiko nicht verringern, ohne die gesamte Position zu verkaufen.
Andere Unternehmen wie Apple, Microsoft und Nike dagegen haben ihre Aktien in der Vergangenheit mehrfach gesplittet. Apple beispielsweise zuletzt diesen August (Verhältnis 4:1) und zuvor im Jahr 2014 (Verhältnis von 7:1). Im Allgemeinen reagieren Investoren auf Aktiensplits positiv. Splits signalisieren, dass das Unternehmen Investoren anziehen will, indem es den Preis der Aktie erschwinglicher macht und die Anzahl der verfügbaren Aktien erhöht. Im Grunde genommen hat ein Aktiensplit aber keine Auswirkungen auf den fundamentalen Wert einer Aktie.
Ein Aktiensplit ist letztlich eher eine «kosmetische» Aktion, die die Psychologie der Anleger anspricht. So meinen beispielsweise viele Investoren, dass der Preis einer Aktie (trotz gleicher Bewertung) bei 1000 CHF teurer ist als bei 100 CHF. Viele fühlen sich auch wohler, wenn sie 100 Aktien zu 100 CHF pro Titel halten als 1 Aktie zu 10’000 CHF pro Valor. Andere wiederum denken, es sei wahrscheinlicher, dass sich ein Aktienkurs von 100 auf 200 CHF verdoppelt als von 1000 auf 2000 CHF. Nach einem erheblichen Kursanstieg führen daher viele Unternehmen irgendwann einen Aktiensplit durch, um den Aktienkurs auf ein populäreres Handelsniveau zu senken.
Umgekehrt ist oft schlecht
Nicht alle Aktien sind allerdings stets im Höhenflug – auch an der Börse gibt es Keller- und Sorgenkinder. Kommen wir also zum umgekehrten Fall, zu den Reverse Splits. Sie sind in der Regel ein Zeichen dafür, dass sich ein Unternehmen in Schwierigkeiten befindet. Reverse Splits kommen eher selten vor, normalerweise aber dann, wenn der Aktienkurs eines Unternehmens zu niedrig ist oder wenn das Unternehmen den Aktienkurs künstlich in die Höhe treiben will, um an einer Börse notiert zu bleiben.
Bei einem Reverse Split werden Aktien nicht geteilt, sondern zusammengelegt. Angenommen, ein Anleger besitzt 10’000 Aktien zu einem Preis von 1 CHF je Titel. Führt das Unternehmen nun eine Reverse Split im Verhältnis von 1:10 durch, dann hält der Anleger anschliessend 1’000 Aktien zu einem Kurs von 10 CHF pro Valor. Der Gesamtwert der Aktienposition ändert sich also auch hier nicht, aber der Anleger besitzt nun weniger Aktien zu einem jeweils höheren Kurs. Aus Unternehmenssicht sind nun ebenfalls weniger Titel im Umlauf, aber zu einem höheren Kurs. Die Marktkapitalisierung bleibt unverändert.
Vor dem Split | Nach dem Split | |
---|---|---|
Reverse Split 1:10 | ||
Anzahl Aktien | 100 Mio | 10 Mio |
Aktienkurs | 1 CHF | 10 CHF |
Marktkapitalisierung | 100 Mio. CHF | 100 Mio. CHF |
Der Hauptgrund für eine Aktienzusammenlegung ist, dass Börsen unter anderem Mindestkursanforderungen für Aktien festlegen. Wenn der Aktienkurs eines Unternehmens während einer bestimmten Zeit auf dieser Mindestschwelle notiert oder gar darunter, ist es für ein Unternehmen oft am einfachsten, die Anzahl der ausstehenden Aktien zu reduzieren, sodass der Preis der einzelnen Aktien automatisch steigt, um mit der Börse konform zu gehen.
Natürlich können die Aktien durch diesen Vorgang Auftrieb erhalten, aber vielfach ist der Kursaufschwung nicht von Dauer. Meist waren es fundamentale Unternehmensprobleme, die den Kurs so tief fallen liessen. Ändert sich an den Unternehmensaussichten nichts, werden Anleger auch nach einem Reverse Split die Titel weiterhin meiden. Die meisten – wenn auch nicht alle – Reverse Splits sind bei kleinkapitalisierten Unternehmen zu beobachten, die nicht in der Lage waren, stetig rentabel zu wirtschaften und dauerhaft Mehrwert für ihre Aktionäre zu schaffen.