Gelungener Jahresauftakt

An den Börsen ist der Start ins neue Jahr geglückt. Die Aktienkurse steigen wieder, und die Zinsen sind zwischenzeitlich deutlich unter die Höchststände des vergangenen Jahres gefallen. Ist das der Startschuss für eine nachhaltige Erholung an den Aktienmärkten?

Mit dem neuen Jahr ist die Zuversicht ist an die Märkte zurückgekehrt: Getrieben von der Hoffnung auf eine rasche Entspannung bei der Inflation und eine baldige geldpolitische Kehrtwende der Notenbanken, haben die Notierungen an den Aktienmärkten seit Jahresbeginn deutlich zugelegt. Dass sich nebenbei auch die Konjunkturerwartungen aufgehellt haben – die Energiekrise hat ihren Schrecken angesichts des äusserst milden Winters inzwischen zurecht verloren und die Wiedereröffnung der chinesischen Wirtschaft verläuft deutlich reibungsloser, als befürchtet – trägt zur guten Stimmung der Anleger*innen bei. Der Optimismus ist zu grossen Teilen begründet und nachvollziehbar. Die noch immer vorhandenen Wachstums- und Inflationsrisiken sollte man dennoch nicht ausser Acht lassen.

US-Wachstumseinbruch steht vor der Tür

Nachdem die US-Wirtschaft im Schlussquartal des vergangenen Jahres noch um annualisierte 2,9 Prozent gewachsen ist, steht nun eine deutliche Abkühlung des Wachstums bevor. Grund dafür sind die hohen Zinsen, die Konsumenten wie Unternehmen belasten. Diese Abkühlung der Wirtschaft ist von der US-Zentralbank Fed durchaus gewollt (und via aggressive Straffung der Geldpolitik provoziert) – nur so ist die noch immer massiv zu hohe Inflation nachhaltig zu bändigen.

Im Zuge der Konjunkturabkühlung werden insbesondere die für das US-Wachstum zentralen Konsumausgaben der amerikanischen Haushalte verstärkt unter Druck geraten. Derzeit sieht es zwar danach aus, dass die US-Wirtschaft eine Rezession knapp wird vermeiden können, der Wachstumseinbruch dürfte dennoch zu den kräftigsten der jüngeren Geschichte zählen.

Inflationsrisiken noch nicht gebannt

Die gute Nachricht zuerst: Die Inflation hat den Höhepunkt wohl hinter sich. Allerdings lässt sich diese Aussage in erster Linie für die Headline-Inflation machen. Die Entspannung bei der viel beachteten Gesamtrate ist zu grossen Teilen den gesunkenen Energiepreisen zu verdanken. Der einsetzende Basiseffekt wird auch in den kommenden Monaten zur Senkung der Gesamtinflation beitragen.

Etwas anders sieht die Situation bei der für den weiteren Verlauf der geldpolitischen Marschrichtung entscheidenderen Kerninflation aus. Sie notiert in der Eurozone noch immer auf dem höchsten je gemessenen Stand und ist auch in den USA nur schwach rückläufig. Bei der Berechnung der Kernrate werden besonders schwankungsanfällige Komponenten wie insbesondere die Energiepreise nicht mitberücksichtigt. Sie gilt als deutlich adäquaterer Gradmesser als die Gesamtrate für die langfristigen Inflationstendenzen in einer Volkswirtschaft.

Ein wichtiger Treiber der Kerninflation in den USA war im vergangenen Jahr die Lohn-Preis-Spirale, im Zuge derer sich Löhne und Preise gegenseitig hochschaukelten. Das Brechen dieser Dynamik ist ein zentrales Erfordernis, um die Kerninflation nachhaltig auf ein akzeptables Niveau zurückzuführen. Entsprechend steht die Entwicklung des Arbeitsmarkts im Zentrum des Interesses der amerikanischen Notenbank: Ohne Abkühlung des heissgelaufenen US-Arbeitsmarkts dürfte sich die US-Kerninflation nicht innert nützlicher Frist auf ein akzeptables Niveau zurückführen lassen.  

Der amerikanische Arbeitsmarkt ist nach wie vor überhitzt und zeigt sich noch immer beinahe resistent gegenüber den Abkühlungsversuchen des Fed. Allein im Januar wurden über eine halbe Million neuer Jobs ausserhalb des Agrarsektors geschaffen – mehr als doppelt so viele wie erwartet. Die Arbeitslosenrate ist auf 3,4 Prozent und damit auf den tiefsten Stand seit über 50 Jahren gesunken. Noch immer kommen auf einen Jobsuchenden rund zwei offene Stellen. 

Die Stärke des US-Arbeitsmarkts erhöht das Risiko, dass die Kerninflation sich nicht so rasch wie erhofft zurückbildet. Tatsächlich deuten die jüngst höher als erwartet ausgefallenen Inflationsdaten aus den USA darauf hin, dass sich die Teuerung hartnäckiger halten könnte, als es an den Märkten antizipiert wird. Sollten sich diese Hinweise in den kommenden Wochen verdichten – oder sich gar ein erneutes Aufbäumen der Kerninflation abzeichnen –, erhöhte sich damit das Risiko einer unerwarteten Verlängerung des geldpolitischen Straffungszyklus des Fed. An den vom Narrativ einer reibungslosen Disinflation angetriebenen Aktienmärkte würde das für Ernüchterung sorgen – und nicht zuletzt auch das US-Rezessionsrisiko erhöhen.

Hohe Ansprüche an die Margenentwicklung in den USA

Ob Rezession oder nicht, das US-Wachstum und mit ihm der Privatkonsum werden in den kommenden Monaten deutlich unter Druck geraten. Vor diesem Hintergrund scheinen uns die aktuellen Erwartungen an die Entwicklung der Unternehmensergebnisse in den USA trotz jüngster Abwärtsrevisionen der Analystenprognosen noch immer zu optimistisch. Insbesondere die Erwartung deutlich steigender Gewinnmargen scheint uns ob dem trüben Konjunkturausblick ambitiös. Während es im vergangenen Jahr vielen Unternehmen aufgrund der brummenden Wirtschaft noch verhältnismässig gut gelang, die inflationsbedingt steigenden Kosten via Preiserhöhungen an die Konsumenten weiterzugeben, dürfte das im ersten Halbjahr im Umfeld der Wachstumsabkühlung immer schwieriger zu bewerkstelligen sein. Sinkende Gewinnmargen werden wiederum das Gewinnwachstum der US-Unternehmen weiter unter Druck setzen.

Wir gehen deshalb davon aus, dass die hohen Erwartungen der Anleger*innen an die Gewinnmargen wie auch das Gewinnwachstum in den kommenden Monaten weiter nach unten angepasst werden müssen, was kurzfristig das Korrekturrisiko an den inzwischen wieder deutlich teurer bewerteten Aktienmärkten erhöht.

Entspannung bei der Inflation hilft im Jahresverlauf

Während wir in der kurzen Frist die Gefahr einer Rückkehr der Volatilität an die Finanzmärkte für relativ ausgeprägt halten, erwarten wir eine deutliche Aufhellung des Marktumfelds im zweiten Halbjahr. Die bis dahin fortgeschrittene Entspannung bei der Inflation sowie das Durschreiten der konjunkturellen Talsohle in den USA sollten dann einen nachhaltigen Aufschwung an den Aktienmärkten ebenso unterstützen wie die positiven Wachstumsimpulse aus dem Reich der Mitte.

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