Bitcoin ist das Finanzwort des Jahres 2017

Eine Jury aus renommierten Finanzexperten hat das Schweizer Finanzwort des Jahres 2017 gekürt. Es heisst Bitcoin. Die Wahl aus mehr als 250 Einsendungen erfolgte unter Federführung der Migros Bank und des Finanzportals finews.ch. Der nachfolgende Artikel fasst die Argumente der Jury-Mitglieder zusammen.

Kein anderes Phänomen in der Finanzbranche hat 2017 für mehr Aufsehen gesorgt als die Kryptowährung Bitcoin. Geradezu explosionsartig und verbunden mit riesigen Schwankungen hat sich deren Wert im Verlauf der vergangenen zwölf Monate vervielfacht, und ein Ende dieser unglaublichen Hausse ist nicht in Sicht.

Das sorgt für Verwunderung, wirft etliche Fragen auf und führt zu vielen Debatten in Finanzkreisen. Vor diesem Hintergrund hat eine fünfköpfige Jury bestehend aus den Finanzexperten Oswald Grübel, Sita Mazumder, Michael Theurillat, Claude Baumann und Thomas Pentsy den Begriff «Bitcoin» zum Finanzwort des Jahres 2017 gekürt.

Soviel vorweg: Der Bitcoin revolutioniert dank der ihm zugrunde liegenden disruptiven Technologie traditionelle Geschäftsmethoden und -praktiken und verändert so ganze Prozesse. Die Blockchain-Technologie, über die der Bitcoin gehandelt wird, ermöglicht beispielsweise die Unterstützung von «intelligenten Verträgen» (smart contracts). Ein wesentlicher Vorteil besteht aber vor allem darin, dass das Bitcoin-Netzwerk dezentralisiert aufgebaut ist und damit keiner Kontroll- oder Regulierungsstelle unterliegt, eine Weltwährung.

Insofern ist der Bitcoin die erste und einzige globale Internetwährung mit Glaubwürdigkeit, was zu einem grossen Teil den Preisanstieg erklärt. Doch es gibt weitere Gründe für die bisherige Entwicklung: Früher mochten der Dollar oder der Franken monetäre Glaubwürdigkeit garantiert haben, doch heute ist das nur noch begrenzt der Fall.

Durch die limitierte Menge erscheint der Bitcoin als begehrenswerte Alternative zum «Papier-Geld» der Zentralbanken.

Vor dem Hintergrund der weltweiten Geldentwertung durch Null- und Negativzinsen und der damit verbundenen Kreditausweitung und der Abschaffung des Bankgeheimnisses, fürchten Millionen von Klein-Anlegern (insbesondere in Ländern mit einer hohen Geldentwertung) um ihr Erspartes und hoffen daher, im Bitcoin eine neue Sicherheit zu finden. Durch die limitierte Menge erscheint der Bitcoin als begehrenswerte Alternative zum «Papier-Geld» der Zentralbanken. Dies ist ein entscheidender Grund dafür, dass sich die Finanzwelt mit dem Bitcoin schwer tut, und dass manche Staaten den Bitcoin verbieten wollen. Doch ein Verbot dürfte die Nachfrage vermutlich nur noch weiter in die Höhe treiben – zumal es sich nicht umsetzen lässt.

Der Bitcoin ist, wie jede andere begehrte Währung, auch zu einem Hafen für Aktivitäten geworden, die von Cyberkriminalität und Kapitalflucht aus Ländern mit strikten Kapitalverkehrskontrollen oder aus politisch instabilen Staaten reichen. Als einzige echte Weltwährung ist der Bitcoin davon mehr betroffen als nationale Währungen.

Fragwürdig ist der enorme Stromverbrauch von Bitcoin.

Fragwürdig ist zudem der enorme Stromverbrauch für die Funktionsweise des Bitcoin. Nach neusten Schätzungen könnte die Strommenge, die für eine einzelne Bitcoin-Transaktion verbraucht wird, 9,82 US-Haushalte für einen Tag mit Strom versorgen. Anderen Experten zufolge entspricht der Stromkonsum für das weltweite Bitcoin-Mining mittlerweile 24,52 Terawattstunden pro Jahr. Das ist ungefähr mit dem jährlichen Energiebedarf von Nigeria gleichzusetzen, einem Land mit mehr als 185 Millionen Einwohnern.

Der rapide Kursanstieg ist auch bemerkenswert, weil Kryptowährungen in den vergangenen Wochen einige ungünstige Nachrichten verdauen mussten. So haben die chinesischen Behörden die sogenannten Initial Coin Offerings (ICO) verboten, mittels derer neue Kryptowährungen geschaffen werden. ICO sind sozusagen neuartige «digitale Börsengänge», die einem Initial Public Offering (IPO) ähneln, also einer Aktienemission eines Unternehmens. Statt Unternehmensanteile in Form von Aktien werden aber eine Art digitale Anteilsscheine, Coins, emittiert. Nach Chinas Bremsmanöver knickten etliche Kryptowährungen ein, allerdings nur vorübergehend.

Zudem gab es jüngst zwei in der Bitcoin-Community umstrittene Abspaltungen von Bitcoin. Nach einem sogenannten Hard Fork in der Bitcoin-Blockchain entstand im August zunächst Bitcoin Cash, im Oktober spaltete sich dann Bitcoin Gold ab, weniger erfolgreich aber als der Vorgänger. Weitere Splits sind in Planung. Denn die Bitcoin-Gemeinschaft sieht sich unter anderem wiederholt mit der Frage konfrontiert, wie das Bitcoin-Netzwerk skaliert werden kann. Die Blockchain hat Nachteile, wenn es darum geht, Transaktionen in grosser Anzahl rasch durchzuführen.

Gewiss, die Blockchain verbunden mit Bitcoin haben das Potenzial, die Finanzwelt zu revolutionieren. Das Aufkommen des Internets in den 1990er-Jahren war ebenfalls ein Paradigmenwechsel. Viele «zündende» Geschäftsideen der damaligen Dotcoms setzten sich allerdings erst viel später am Markt durch. Unter diesen Prämissen hat 2017 unzweifelhaft die Stunde des Bitcoin geschlagen – wie es weitergeht, ist jedoch offen. Zu erwarten ist, dass die weitere Entwicklung der Bitcoin vorerst so wechselvoll und schwankungsanfällig sein wird, wie sie es bisher war.

Der Bitcoin im Höhenrausch (Kurs in US-Dollar; Stand: 07.12.2017)
Quelle: Bloomberg

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6 Kommentare zu Bitcoin ist das Finanzwort des Jahres 2017

  1. Man kann auch etwas totreden bevor es begraben ist. Gewinnen und Verlieren liegen nun mal nahe beieinander. Warum nicht riskieren, wenn man sich nicht selbst überschätzt.

  2. Clevere Jungs / Girls welche die Entwicklung von Bitcoins usw. entwickeln.
    Im Finanzsektor wird sich absehbar viel verändern ! Wie wird sich die gewaltige Neugeldlawine der EZB wieder regulieren ? Kann diese ohne gewaltige Finanz-Lawine unser Geld retten ? Also mit den «Neuen» haben die Anleger doch noch eine Chance etwas ins trockene zu placieren . Risiko muss von jedem selbst beurteilt werden.

  3. …zu ihrer obigen Bloombergkurve. In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden auch, innert wenigen Jahren, 1 Reichsmark zu Milliarden ! Nach dem Krieg, in den 50er jahren, innert 1 Nacht, jeglicher Betrag, ob 1’000 oder 100’000de zu DM 40.– und das pro Kopf ! Und seit dem Jahr 2000 (beim Kurswechsel vn DM zu Euro) wurden dem Bürger, (von den Regierungen und Anderen) wiederum ca die Hälfte weggefressen ! Im Übrigen erinnert mich das Ganze irgendwie an ein Schneeballsystem !!

    1. Es erinnert nicht nur an ein Schneeballsystem, ES IST EIN SCHNEEBALLSYSTEM, welches genau so lange funktioniert, als jeder Dumme noch Dümmere findet, die bereit sind, für heisse Luft noch mehr zu bezahlen. Hinter den Bitcoins steckt absolut kein realer Wert (hinter den realen Währungen stehen mehr oder weniger starke Volkswirtschaften, d.h. sie sind Anteile auf das BSP) sondern nur Drahtzieher, die den Kurs nach Belieben mit Massenkäufen / – verkäufen manipulieren können und alles noch mit Artikeln wie oben weiter anheizen. Bei der Tulpenzwiebelspekulation hatten wenigstens diejenigen, die mit der grossen Kelle Geld versenkten, nach dem Crash noch ein paar Tulpen im Garten, die einen Millionenwert hatten und trotzdem verblühten. Wer zuletzt auf den Bitcoins sitzen bleibt, hat dann nicht mal mehr dies!

  4. …..nur die Glaubwürdigkeit wie Sicherheit von Bitcoin und den damit möglichen Transaktionen ist bei mir bis jetzt nicht angekommen………

  5. (Auch Bitcoin-) Geld geht sicher nie verloren, es ist einfach bei einem andern…!
    Ich kaufe lieber ECHTE TULPEN aus Amsterdam.
    Frohe Weihnachtsgrüsse!
    Roberto de Muzo

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