
Anlageüberblick Februar 2025
Achtung, Zölle!
Editorial
Stürmische See
Liebe Anlegerinnen und Anleger
Den Start ins neue Jahr hatten sich viele Marktteilnehmende anders vorgestellt. Gleich zu Jahresbeginn sorgten aufkommende Zweifel an zwei für die Aktienmarktentwicklung zentralen Glaubenssätzen für gehörige Unruhe an den Märkten: Die US-Wachstumsstory wird unter Trump weiter angefeuert und die fortschreitende Rentabilisierung der Künstlichen Intelligenz (KI) macht die hohen Bewertungen erträglicher. Gehen wir der Reihe nach.
Gegen Ende Januar schockierte das kleine chinesische KI-Startup DeepSeek die Tech-Welt mit einem KI-Modell, welches ähnliche Ergebnisse lieferte wie die etablierten Modelle der US-Anbieter – aber um ein Vielfaches günstiger in der Entwicklung war. Entsprechend machten sich an den Märkten erneut Zweifel an der Notwendigkeit der massiven Investitionswelle der US-Technologieriesen in den Ausbau der KI-Infrastruktur breit. Werden sich die gewaltigen Investitionen in Rechnerkapazität, Energieversorgung und cloudbasierte Dateninfrastruktur dereinst tatsächlich lohnen, wenn es anscheinend auch deutlich kostengünstiger geht?
Kaum hatte sich die Aufregung wieder gelegt, schockierte der seit dem 20. Januar amtierende neue US-Präsident Donald Trump die Märkte mit der Ankündigung der abrupten Einführung von hohen Importzöllen auf Produkte aus Mexiko, Kanada und China – nur um sie Stunden später teilweise wieder temporär auszusetzen. Auch das hatten sich die meisten Marktteilnehmenden anders vorgestellt. Insbesondere die Reihenfolge, in der die Administration Trump ihre wichtigsten Agendapunkte angeht, hat für Irritationen gesorgt. Erwartet wurde an der Wall Street, dass die unternehmensfreundlichen Aspekte von «Trumpenomics 2.0» wie Deregulierung und fiskalpolitische Unterstützung zuerst umgesetzt werden – und erst in einem zweiten Schritt die für die globale und auch die amerikanische Konjunkturentwicklung potenziell heikle Zollpolitik zur Umsetzung kommen würde.
Was bleibt, ist ein gehöriges Mass an Unsicherheit und zahlreiche unbeantwortete Fragen von erheblicher Tragweite für die weitere Entwicklung an den Aktienmärkten: Sind die hohen Bewertungen der Unternehmen im Dunstkreis der KI tatsächlich gerechtfertigt? Wird die hohe Konzentration der Big-Tech-Unternehmen im US-Aktienmarkt vor dem Hintergrund der Rentabilitätsfrage früher oder später zu einem imminenten Risiko für den Gesamtmarkt? In welche seiner selbsterklärten Rollen schlüpft Donald Trump in seiner zweiten Amtsperiode? Zeigt er sich als der grosse Verhandler und Dealmaker, der Zölle in erster Linie als politisches Druckmittel und Verhandlungsmasse einsetzt? Oder sehen wir gerade die ersten Streiche des «Tariff-Man», der hohe und flächendeckende Zölle als wirtschaftspolitisch sinnvolles Instrument erachtet? Müssen wir uns auf einen globalen Handelskrieg einstellen oder bleibt es bei einem moderaten Zollregime?
Wir bleiben nach wie vor optimistisch, aber auch wachsam. Sowohl was die Zollfrage wie auch die KI-Entwicklung angeht. Die Unsicherheit und damit die Volatilität an den Märkten wird in den kommenden Wochen hoch bleiben. Bei stürmischer See scheint uns die Nähe zum sicheren heimischen Hafen ratsam. Dem Übergewicht im defensiven und von hoher Qualität geprägten Schweizer Aktienmarkt bleiben wir deshalb weiterhin treu.
Herzlich

Michael Birrer
Leiter Research & Advisory
Unsere Einschätzung
Nicht nur die Zölle sind ein Problem
Von den US-Zöllen geht eine spürbare Belastungsgefahr für das Wachstum ausserhalb der USA aus. Doch statt sich nur auf Donald Trump zu fixieren, wäre das Anpacken selbstverschuldeter Probleme ratsam.
Seit rund einem Monat als 47. US-Präsident im Amt, machte sich Donald Trump an die Umsetzung seiner Wahlkampfankündigungen. Und diese umfassen auch das Hochziehen der Zollmauern. Generelle Importzölle auf Stahl und Aluminium sowie zusätzliche Zölle gegen Kolumbien, Mexiko, Kanada oder China – der US-Präsident liess buchstäblich nichts anbrennen.
Auch wenn Trump die 25%-Zölle auf mexikanische und kanadische Importe mittlerweile für einen Monat sistierte, sollte sich die restliche Welt davor hüten, altbekannte Fehler im Umgang mit ihm und seiner Administration wieder und wieder zu begehen.
Das «Prinzip Hoffnung» taugt nicht
Erstens darf – wie wir schon vor einem Monat an gleicher Stelle betonten – nicht davon ausgegangen werden, dass Trump seine Zolldrohungen nicht wahrmachen wird, weil dies für die USA zum wirtschaftlichen Bumerang werden würde. Diese Auffassung ist erstaunlich weit verbreitet, obschon sie an das sprichwörtliche Pfeifen im Wald erinnert. Zwar ist es richtig, dass ein umfassendes Zollregime auf lange Sicht das amerikanische Wirtschaftswachstum durchaus etwas abbremsen könnte. Dies wäre der Fall, wenn die Zölle über Jahre immer schrittweise angehoben würden, und so die US-Inflation nicht nur einmalig steigen würde. Aber selbst dann würden die USA wohl noch mit Wachstumsraten aufwarten, von denen gerade die Eurozone nur träumen kann.
Zumal es höchst zweifelhaft ist, ob die Strafzölle für die USA überhaupt negative Auswirkungen entfalten. Denn der oft herbeigezogene Vergleich zu den 1930er Jahren, als die im Zuge des «Smoot-Hawley Tariff Act» erhobenen US-Zölle auf 20’000 Einfuhrprodukte zu einer Beeinträchtigung von Konsum und Industrie führten, taugt bestenfalls bedingt. Damals exportierten die USA mehr als sie konsumierten und importierten, wohingegen heute die amerikanische Aussenhandelsbilanz seit Jahren negativ ausfällt. Die heimische Produktion ist nur zu einem relativ geringen Grad durch die ausländische Nachfrage ausgelastet und kann somit die Binnennachfrage entsprechend absorbieren. Zusammen mit Trumps Fiskalpolitik, der Deregulierung und der erwarteten globalen Produktionsverlagerung in die USA dürften die Zölle vorerst nicht zum Bremsklotz für die US-Wirtschaft werden, sondern deren Wachstum eher beschleunigen.

Ohnmächtige WTO
Zweitens muss Europa endlich lernen, die Wahrheiten als solche zu akzeptieren und diese nicht zu ignorieren oder schön zu reden. Und zu diesen Wahrheiten gehört nun mal, dass Donald Trump und seine Handelspolitik kein schnell vorüberziehendes Unwetter sind. Weder ist in vier Jahren die Welt rosarot noch ist der unverhohlene Protektionismus ein Problem, das erst mit Trump die heutige Brisanz annahm. So gelingt der WTO als Hüterin des Freihandels seit rund 30 Jahren keinen Fortschritt beim Abbau von Handelshemmnissen mehr. Spätestens die nach siebenjähriger Verhandlung 2008 endgültig gescheiterte Doha-Runde stürzte die WTO in eine Sinnkrise, von der sie sich bis heute nicht erholt hat. Beim nun aufgezogenen Zoll-Powerplay der USA ist sie zur bedeutungslosen Zuschauerin geworden.
Dies wird sie auch nach 2029 bleiben. Die Hoffnung, der Welthandel werde nach Trumps Amtszeit wieder in einen regelbasierten WTO-Modus zurückfinden, halten wir für nicht angezeigt. Denn die amerikanische Abwendung von den WTO- (bzw. GATT-) Regeln hat schon lange vor Trumps erster Präsidentschaft eingesetzt. Mit dem Beitritt des rasant wachsenden Chinas zur WTO im Jahre 2001 büssten die USA zunehmend an Bedeutung innerhalb der Welthandelsorganisation ein, und sie begannen das Regelwerk als gängelnd anzusehen. Dies kulminierte 2007 darin, als der damalige US-Präsident George W. Bush die Neubesetzung der Richterstellen am WTO-Berufungsgericht zu blockieren begann und diese Blockadehaltung auch von Barack Obama und den nachfolgenden Präsidenten aufrechterhalten worden ist.
Das Resultat: Die WTO-Berufungsinstanz ist seit mittlerweile sechs Jahren nicht arbeitsfähig, weil die Mindestanzahl Richter nicht mehr erreicht wird. Zölle, Gegenzölle – Importabgaben verletzen schon lange rund um den Globus WTO-Regeln. Bloss fehlt die Möglichkeit, den Regelbruch überhaupt feststellen zu lassen, geschweige denn zu sanktionieren. Die schon seit langer Zeit unter Zahnschwund leidende WTO ist vollends zum zahnlosen Tiger geworden.
Ohne Trump wird nicht alles besser
Das heisst, dass das internationale Handelsumfeld auch nach Donald Trump ein raues Pflaster bleiben wird. Der Ton mag dann wieder konzilianter sein, der Pausenplatz-Charakter mit dem unschönen Recht-des-Stärkeren-Prinzip wird aber wohl Tatsache bleiben.
Umso mehr müsste Europa aus der Unmündigkeit aufwachen und die wirtschaftsstrukturellen, haushälterischen und sicherheitspolitischen Hausaufgaben erledigen. Es ist nicht zielführend, für eine ferne Zukunft immer neue Luftschlösser hinsichtlich Energiewende, Migration und Verschuldung zu bauen, wenn man nicht einmal auf dem Schulhof bestehen kann.
Wir sind skeptisch, dass sich Europa bald selbstkritisch diesen Realitäten stellen wird. Viel bequemer ist es, einem zweifelsohne fragwürdigen US-Präsidenten und seiner Politik die Schuld in die Schuhe zu schieben. Von nicht erreichten Klimazielen über Energieversorgungsprobleme bis nicht mehr konkurrenzfähige Branchen – es ist einfacher, vor dem Weissen Haus als vor der eigenen Haustür zu kehren. Bloss: Eine Wende zum Besseren gelingt so nicht. Schon gar nicht, wenn die USA europäische Produkte mit Importzöllen belegen. Wir erwarten für Europa daher vorerst ein Andauern des konjunkturellen Kriechgangs bei spürbar erhöhten Abwärtsrisiken.
Es bleibt ungemütlich
Von dieser trüben Wirtschaftssituation wird auch die Schweiz in Mitleidenschaft gezogen. Das zeigt sich insbesondere in der Industrie, wo sich die Lage mehr und mehr verdüstert. Mit der anhaltenden Krise in Deutschland schwindet die Nachfrage von unserem nördlichen Nachbarn wie Schnee in der Sonne. Kein Wunder kletterte die Anzahl von Kurzarbeit betroffener Betriebe aus der Maschinenbau-, Elektro- und Metallindustrie auf den höchsten Stand seit zehn Jahren.
Entsprechend sind aus dem Verarbeitenden Gewerbe und dem Aussenhandel für die Schweizer Wirtschaft weiterhin keine belebenden Impulse zu erwarten. Das Wachstum bleibt weiter deutlich unter Potenzial und wird im Falle von US-Zöllen mit noch stärkerem Gegenwind zu kämpfen haben. Und es wäre überraschend, wenn die Schweiz von Strafzöllen verschont bliebe. Schliesslich weist sie gegenüber den USA einen deutlichen Exportüberschuss aus, was in Trumps Worten klarer Ausdruck eines «unfairen» Handelsverhältnisses ist.

Santosh Brivio
Senior Economist
Zentralbanken
Vorsichtigere Fed
In den USA kam die Lockerung der Geldpolitik nach dem Amtseintritt von Donald Trump zum Erliegen, während die EZB zum Handeln gezwungen bleibt. Der Ausblick bleibt aufgrund der Inflationsrisiken vorsichtig und der Zinsvorteil des US-Dollars nimmt zu.
Die Fed legt eine lange Pause ein
Wie erwartet nahm die Fed bei der Sitzung im Januar keine Zinssenkung vor und signalisierte für das laufende Jahr einen vorsichtigeren Kurs. Fed-Präsident Jerome Powell lässt sich nicht vom 47. Präsidenten Donald Trump unter Druck setzen, der sich tiefere Zinsen wünscht. Die inflationstreibende Wirkung der Trump-Politik und die sehr robust laufende US-Konjunktur stimmt die Fed daher vorsichtig. Wir gehen deshalb davon aus, dass sie zunächst einmal die Auswirkungen der ersten paar Monate der neuen US-Regierung abwarten und frühstens im Sommer eine weitere Zinssenkung vornehmen wird. Da die US-Konjunktur dieses erhöhte Leitzinsniveau verkraftet und der Inflationsdruck erhöht bleibt, rechnen wir bis weit in das Jahr 2026 hinein nur mit einem sehr beschränkten Senkungspotenzial.
EZB: keine Pause in Sicht
Demgegenüber setzte die EZB den Zinssenkungskurs im Januar fort. Die Notenbank zeigt sich zuversichtlich, dass sich die Teuerung im laufenden Jahr um das EZB-Ziel stabilisieren wird: Der jüngste Anstieg der Inflationsrate ist dem Basiseffekt bei den Energiepreisen geschuldet, und ein neu entwickelter, vorausschauender Indikator für die Lohnentwicklung deutet auf eine Abschwächung der Lohnzuwächse hin. Auch für die nächste Sitzung am 6. März rechnen wir mit einer Zinssenkung um 25 Basispunkte. Aufgrund der schwachen Konjunktur und der Verschuldungslage wichtiger Mitgliedsstaaten kann Frankfurt aber vorerst kaum von einer weiteren Lockerung absehen. Wir erwarten daher eine Tempodrosselung im Jahresverlauf und gehen bis Ende 2025 von insgesamt drei Lockerungsschritten um jeweils 25 Basispunkte aus. Nur bei tiefgreifenden Handelsstreitigkeiten könnte die EZB gezwungen sein, die Rückkehr zu einer expansiveren Geldpolitik zu überdenken.
Die SNB schaut zu
Zurzeit bleibt die SNB Zuschauerin und bereitet den nächsten Zug für Ende März vor. Die SNB kehrte zu ihrer gewohnten Kommunikationsstrategie zurück, indem sie ihre Absichten nicht bekannt gab. Fakt ist, dass der SNB der starke Franken und die tiefe Inflationsrate ein Dorn im Auge sind und eine Zinssenkung daher sehr wahrscheinlich ist. Wir erwarten in unserem Basisszenario eine Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte, schliessen aber eine Senkung um 50 Basispunkte nicht aus. Sollten die Währungshüter zum zweiten Mal in Folge einen Jumbo-Schritt vollziehen, läge der Leitzins bereits im Frühjahr bei null Prozent. Eine Rückkehr der Negativzinsen erachten wir nach wie vor als unwahrscheinlich.


Valentino Guggia
Economist
Kapitalmarkt
US-Zinsen senden Besorgnissignale
Seit Jahresanfang ist ein Anstieg der Kapitalmarktzinsen zu beobachten. Dieser Entwicklung konnten sich die Renditen der Schweizer Anleihen nicht entziehen, sie verbleiben auf tiefem Niveau.
USA: «Higher for longer» immer aktuell
Die Zinsen der zehnjährigen Staatsanleihen (Treasuries) stiegen im letzten Quartal rasch um fast einen ganzen Prozentpunkt an, bevor sie in den letzten Wochen etwas nachgaben. Mit aktuell rund 4,5 Prozent liegen die Renditen der Treasuries damit so hoch wie zuletzt im Frühling vor einem Jahr, als der US-Leitzins auf einem historisch hohen Niveau von 5,25 bis 5,50 Prozent lag. So hat sich die Entwicklung am Kapitalmarkt von derjenigen des Leitzinses entkoppelt. Nun preist der Markt einen deutlich vorsichtigeren – und realistischeren – Kurs der Fed ein und warnt gleichzeitig vor der Unsicherheit im Zusammenhang mit der Verschuldung, die mit Trumps Politik verbunden ist. Denn immer mehr Investoren fragen sich, ob sich auch die dominierende Volkswirtschaft ungestraft in diesem Ausmass verschulden kann. Auch die inflationstreibende Handelspolitik von Trump erhöht den Preisauftrieb und lässt das Inflationsziel der Fed von 2 Prozent in weite Ferne rücken. Deshalb rechnen wir mit einem anhaltenden «Higher for longer».
EZB-Instrument dämpft Risikoprämien
In der Eurozone bleiben die Risikoaufschläge aufgrund der mangelnden Haushaltsdisziplin einiger Staaten hingegen verhalten. Grund für die überschaubaren Bewegungen ist eine implizite Garantie der EZB, die über das Transmission Protection Instrument (TPI) uneingeschränkt Staatsanleihen kaufen kann, um zu hohe Renditeanstiege zu verhindern. Daher rechnen wir mit einer Seitwärtsbewegung in den nächsten Monaten, da sich die politischen und konjunkturellen Risiken nicht innert kurzer Zeit auflösen werden.
Schweiz: «Lower for longer»
Im Gegensatz zur Eurozone und zu den USA bleibt die Lage auf dem hiesigen Kapitalmarkt ruhig dank solider Staatsfinanzen und einem begrenzten Überraschungspotenzial der SNB. Im Zuge der globalen Bewegung stiegen die Kapitalmarktzinsen in den vergangenen Wochen leicht an, blieben aber insgesamt auf einem so tiefen Niveau, das real betrachtet kaum mehr eine positive Rendite abfällt. Solange insbesondere die Unsicherheiten in Europa andauern, werden die hiesigen Staatsanleihen als sicherer Zufluchtsort gesucht und die Renditen der zehnjährigen Eidgenossen unter Druck bleiben.


Valentino Guggia
Economist
Aktien
Wie geht es weiter mit der KI?
Die Veröffentlichungen der neuen KI-Modelle der chinesischen Unternehmen DeepSeek und Alibaba haben die Märkte in Aufruhr versetzt. Anlegerinnen und Anleger bemühen sich nun, die Auswirkungen einzuschätzen.
Die chinesischen Modelle scheinen eine ähnliche Leistung zu erbringen wie die führenden Sprachmodelle aus den USA, wurden jedoch laut den Aussagen der entsprechenden Unternehmen zu einem Bruchteil der Kosten entwickelt. Diese erstaunliche Leistung ist auf eine Kombination aus Architekturoptimierungen wie einem Mixture-of-Experts-Design und benutzerdefinierten Kommunikationsschemata zwischen Chips zurückzuführen. Dieser technologische Fortschritt zeigt, dass bei der KI-Entwicklung eine deutlich höhere Kosteneffizienz möglich ist und schürt Erwartung hinsichtlich des weiteren Fortschritts in diese Richtung.
Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass dies zu einer unmittelbaren Verlangsamung der KI-Investitionen führen wird, da der Wettlauf um künstliche allgemeine Intelligenz (AGI) in vollem Gange ist. Meta hat kürzlich eine 50-prozentige Erhöhung der Investitionen in KI-Projekte bis 2025 angekündigt, und das auf dem Weltwirtschaftsforum vorgestellte «Project Stargate» von OpenAI, Oracle und Softbank soll Investitionen von bis zu 500 Milliarden US-Dollar in die Entwicklung der KI lenken.
Daneben deutet die Episode um DeepSeek auch darauf hin, dass chinesische KI-Ingenieure einen Weg gefunden haben, die von den USA etablierten Exportverbote für fortschrittliche Halbleitertechnologie zu umgehen. DeepSeek gibt an, für das Training Nvidia H800-Chips verwendet zu haben, eine speziell für den chinesischen Markt gefertigte leistungsschwächere Version des Top-Modells H100. Es ist jedoch unklar, ob es sich dabei nicht doch um H100-Chips handelt, die vor den Beschränkungen gekauft wurden, oder ob das Unternehmen weitere High-End-Chips von Rechenzentren in Südostasien geleast hat. Eine weitere Verschärfung der Exportbeschränkungen durch die USA erscheint vor diesem Hintergrund wahrscheinlich.
Die US-Mega-Caps waren aufgrund ihrer riesigen Cashreserven in der Lage, früh und im grossen Stil in die Entwicklung von KI zu investieren und so die Konkurrenz fernzuhalten und ihren Wettbewerbsvorteil auszubauen. Im Zuge dieser Entwicklung ist eine erhebliche Marktkonzentration entstanden, und die Bewertungen sind auf teils historische Höchststände geklettert. Die Entwicklung rund um DeepSeek ruft nun in Erinnerung, dass selbst Unternehmensriesen wie die Magnificent 7 möglicherweise doch nicht ganz vor Wettbewerbskräften gefeit sind.
Insgesamt dürfte sich der US-Tech-Sektor in Zukunft vermehrt mit technologischem Wettbewerb konfrontiert sehen. Zudem dürfte er bei den zunehmenden Handelsspannungen zwischen den USA und China teils etwas zwischen die Fronten geraten. Das verändert den positiven Investment Case nur unwesentlich, spricht aber durchaus dafür, das Aktienportfolio gut zu diversifizieren.

Andrej Franz
Anlagespezialist
Alternative Anlagen
Gold glänzt
Die Marktkapitalisierung von Gold hat seit 2022 um fast 8 Billionen Dollar zugenommen. 2024 verzeichnete das Edelmetall eine der stärksten Performances seit über 40 Jahren. Hat Gold weiteres Potenzial?
Marktteilnehmende sowie Analystinnen und Analysten reagierten überwiegend mit Verwunderung. Grund dafür ist die konventionelle Meinung in der Investment Branche, dass der Goldpreis sich tendenziell gegenläufig zu den 10-jährigen US-Realzinsen entwickeln sollte. Man geht davon aus, dass es bei steigenden Realzinsen weniger attraktiv wird, Gold zu halten, da es im Gegensatz zu verzinslichen Anlagen keine Erträge abwirft. Die 10-jährigen Realzinsen in den USA bewegten sich in den letzten zweieinhalb Jahren auf dem höchsten Niveau seit über 15 Jahren. Dementsprechend war die Verwunderung gross, dass der Goldpreis sich entkoppelt hat und für seine Verhältnisse eine derart dynamische Performance hingelegt hat.
Entsprechend ihrer Überzeugung waren westliche institutionelle Investoren in den letzten Jahren überwiegend auf der Verkäuferseite zu finden. Als Barometer für die Goldnachfrage der institutionellen Investoren werden die Veränderungen des in physisch gedeckten Gold ETFs gehaltenen Goldes betrachtet. In den vergangenen vier Jahren haben physisch gedeckte Gold ETFs jeweils Nettoabflüsse in der Höhe von kumuliert 25% der gesamten ETF-Holdings verzeichnet.
Der grosse Nachfrageschub kam von den Zentralbanken. Während Zentralbanken in den 20 Jahren vor der Finanzkrise 2008/09 durchgehend als Nettoverkäufer im Markt aufgetreten sind, änderte sich das mit den aufkommenden Sorgen um das globale Finanzsystem zunehmend. Insgesamt haben die Goldreserven der Zentralbanken in den letzten 15 Jahren um rund 7000-8000 Tonnen zugenommen. Über 3000 Tonnen davon akkumulierten die Zentralbanken zwischen 2022 und 2024.
Wesentlicher Grund für den starken Nachfrageanstieg war die Entscheidung westlicher Regierungen, Vermögenswerte der russischen Zentralbank, die im Westen gelagert sind, einzufrieren. Auch die Möglichkeit der Konfiszierung ist bis heute nicht endgültig vom Tisch. Auch die Weigerung der britischen Regierung, Venezuelas Goldreserven, welche in London gelagert wurden, an das Land auszuhändigen, hatte für Aufsehen gesorgt.
Um sich gegen die Folgen eines möglichen Einsatzes der globalen Finanzmarktarchitektur als «politische Waffe» durch westliche Regierungen abzusichern, haben zahlreiche Zentralbanken nicht-westlicher Länder ihre Goldreserven deutlich aufgestockt, darunter die Zentralbanken von China, Indien, der Türkei oder Saudi-Arabien. Aber auch traditionell eher pro-westliche Länder wie Polen, Singapur oder Mexiko finden sich unter den Käufern. Zudem hat der Trend eingesetzt im Ausland lagernde Goldreserven nach Hause zu holen.
Angesichts der zunehmenden Spannungen zwischen den USA, China und anderen Ländern dürfte sich an dieser Situation auf absehbare Zeit nichts ändern. Für den Goldpreis bedeutet das eine anhaltend starke Stütze – trotz nach wie vor verhältnismässig hoher Realzinsen.

Andrej Franz
Anlagespezialist
Unsere Positionierung
Die Unsicherheit nimmt zu
Die Konjunkturaussichten in den USA bleiben positiv, aber das unberechenbare Ausmass des Handelskriegs könnte die Lage verändern. In anderen Wirtschaftsräumen präsentiert sich das Umfeld anhaltend herausfordernd. Eine gewisse Vorsicht ist ratsam.

Aktien
leicht übergewichtet
Das Konjunkturumfeld sowie die erwarteten Deregulierungsmassnahmen und Steuererleichterungen der Administration Trump lassen amerikanische Aktien vorerst weiterhin gut unterstützt erscheinen. Vor allem bei den Titeln, die von der Welle der Künstlichen Intelligenz getrieben werden, muss das in den Kursen eingepreiste Gewinnwachstum realisiert werden.
Europäische Aktien bleiben günstiger bewertet. Das Konjunkturumfeld ist im Gegenzug aber wesentlich rauer als in den USA. Die Unsicherheit bezüglich neuer und schmerzhafter US-Strafzölle verschärft den Gegenwind, der durch den wirtschaftlichen Kriechgang verursacht wird. Vor diesem Hintergrund erachten wir das Umfeld als (noch) nicht gegeben, um von einem nennenswert positiven Überraschungspotenzial auszugehen. Aus diesen Überlegungen bewerten wir amerikanische gegenüber europäischen Aktien weiterhin als attraktiver.
Obligationen
leicht untergewichtet
Das erneute Schweizer Tiefzinsumfeld dauert vorerst an. Entsprechend schwierig gestaltet sich die Suche nach Renditen im Investment-Grade-Segment. Die Quote wird weiter abgebaut. Im Ausland hat sich die Entwicklung der Kapitalmarktzinsen zum Teil von jener der Leitzinsen entkoppelt, womit Fremdwährungsanlagen weiterhin interessant sein können.
Alternative Anlage
leicht übergewichtet
Eine Kehrtwende bei den steigenden Wohnimmobilienpreisen in der Schweiz zeichnet sich nicht ab. Das gesunkene Zinsniveau schlägt zudem mehr auf die Finanzierungsseite als auf die Mieten durch. Damit bleibt auch das Umfeld für Renditeliegenschaften grundsätzlich freundlich. Dies rechtfertigt die Beibehaltung der leichten Übergewichtung bei den Schweizer Immobilienanlagen. Gegenüber ausländischen Immobilien lassen wir hingegen weiterhin Vorsicht walten, auch wenn wir aufgrund des veränderten Zinsumfeldes die entsprechende Allokation ganz leicht über die neutrale Quote anheben.
Die aus der Reduktion der CHF-Anleihequote resultierenden Mittel setzen wir im neu geschaffenen Bereich Private Equity ein.

Valentino Guggia
Economist
Fokusthema
Enttäuschung Nestlé
Seit drei Jahren verliert die Nestlé-Aktie kontinuierlich an Wert. Im letzten Jahr waren es sogar über 20%. Was sind die Gründe für diese schlechte Performance?
Nestlé ist neben Roche und Novartis ein beliebter Titel in Schweizer Depots. In den letzten Jahren konnte Nestlé mehrfach die eigenen Erwartungen und diejenigen des Marktes nicht erfüllen. Für Investoren stellt sich nun die Frage, ob Nestlé dieses Jahr der Turnaround gelingen wird.
Preiserhöhungen
Steigende Rohstoff- und Energiepreise haben Nestlé in den letzten Jahren besonders vor Schwierigkeiten gestellt. Als Anbieter von Premiumprodukten litt Nestlé unter den steigenden Kosten und den damit verbundenen sinkenden Gewinnmargen. Zum einen verlagerte sich die Nachfrage von Premiumlebensmitteln hin zu günstigeren Discountangeboten, zum anderen konnte Nestlé die Preiserhöhungen nicht in vollem Umfang an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergeben.
Verändertes Konsumverhalten
Fertigprodukte sind ein wichtiger Bestandteil von Nestlés Produktportfolio, entsprechen aber nicht mehr dem Zeitgeist. Die Konsumentinnen und Konsumenten wünschen sich gesündere und frische Lebensmittel. Meistens sind es auch die Fertigprodukte, die in Supermärkten mit Preisnachlässen verkauft werden. Dieses verstaubte Produktportfolio hat dazu geführt, dass Nestlé in einigen Kernmärkten Marktanteile verloren hat.
Krisengeplagtes Wassergeschäft
Das Wassergeschäft von Nestlé steht immer wieder in der Kritik, sowohl aus ökologischer als auch aus regulatorischer Sicht. So musste der Konzern einräumen, in einigen Ländern verbotene Aufbereitungsmethoden für Mineralwasser eingesetzt zu haben, was zu einem Imageschaden führte.
Ausblick
Trotz der aktuellen Herausforderungen sind wir zuversichtlich, dass Nestlé den Turnaround schaffen wird. Mit geplanten Investitionen in Werbung und Kosteneinsparungen will Nestlé wieder stärker wachsen als das für 2024 prognostizierte organische Wachstum von 2 Prozent. Nestlé hat erkannt, dass es die Konsumentinnen und Konsumenten vermehrt auf dem Weg zu einer gesunden Ernährung begleiten und sein Produktportfolio entsprechend anpassen muss. So plant Nestlé, den Umsatz mit nahrhafteren und gesünderen Produkten zu steigern. Zudem wird Nestlé ab diesem Jahr sein Wassergeschäft als eigenständigen globalen Geschäftsbereich führen. Mit einer fokussierten Strategie und Partnerschaften möchte Nestlé das Wachstumspotenzial von Premium-Getränken realisieren.
Als defensiver Titel mit einer attraktiven Dividende hat Nestlé seit dem volatilen Jahresbeginn mit der Amtseinführung von Trump und nach den DeepSeek-Turbulenzen an Wert gewonnen, wenn auch weniger als der SMI. Ein weiterer nicht zu unterschätzender Faktor ist, dass Nestlé den amerikanischen Markt mit Ausnahme der Nespresso-Kapseln aus der lokalen Produktion bedient, was Nestlé weitgehend vor US-Zöllen schützen dürfte.

Andrea Bally
Anlagespezialistin
Unsere Prognosen
Im Banne der Zölle

Konjunktur
Der sich verschärfende Handelskrieg ist auf Dauer schädlich für alle. Kurzfristig belastet er die USA aufgrund ihrer wirtschaftlichen Dominanz und der negativen Handelsbilanz aber kaum. Für andere Wirtschaftsräume fällt die potenzielle Bremswirkung der Zölle deutlich stärker aus, namentlich für das konjunkturell bereits angeschlagene Europa.
Inflation
Die Inflationsrisiken sind insbesondere aufgrund der angekündigten US-Strafzölle nach oben gerichtet: Im Ausland rückt die 2-Prozent-Zielmarke in die Ferne. Hierzulande verharrt der Preisauftrieb innerhalb des SNB-Zielbandes von 0 bis 2 Prozent.
Zinsen
Zuletzt revidierten die Finanzmärkte ihre Zinssenkungserwartungen. In den USA steht der Zinssenkungszyklus vorerst still, während die EZB im Jahresverlauf zu einer Pause ansetzen wird, sobald sie das neutrale Niveau erreicht hat. Die SNB wiederum senkt innerhalb des ersten Halbjahres den Leitzins auf 0 Prozent. Negative Zinsen erwarten wir vorerst nicht.
Die Renditen der Treasuries verharren ob der Unsicherheiten über die Trump-Politik vorerst oberhalb der 4%-Marke. Erhöht bleiben die Kapitalmarktzinsen auch in Europa, das Vertrauen auf die EZB verhindert aber ein drastisches Ansteigen. Die Schweizer Eidgenossen-Renditen bleiben unter Druck.
Währungen
Der Euro bleibt aus strukturellen Gründen unter Druck. Dagegen kommt auch die Geldpolitik nur sehr begrenzt an. Der Dollar bleibt aufgrund der Wirtschaftskraft und des Zinsvorteils der USA gut unterstützt.

Santosh Brivio
Senior Economist
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